Pinguinwetter: Roman (German Edition)
immer noch …
Andererseits hatte Sarah-Nadine vorhin noch einmal angerufen, auch wenn Marc das offensichtlich nicht interessierte. Er hatte den ganzen Tag nicht einmal auf sein Handy gesehen – und normalerweise tat er das ständig.
Ob die Doppelnamen-Sauberfrau sich vertragen wollte? Alle Möbel austauschte und Gemüse und Müsli auf den Kompost warf?
Aber nach dieser einmaligen Nacht und dem heutigen Tag würde er doch nie und nimmer wieder zurück zu ihr gehen wollen … Immerhin hatte er mich gerade eben noch als göttliches Geschöpf betitelt! Na ja, vielleicht sollte ich nicht außer Acht lassen, dass er sich gerade in mir befand, als er das sagte, aber trotzdem! Göttlich! Das ist doch mal ein Adjektiv, das mich adäquat beschreibt! Da kann ich ihm seinen Patzer, sich vor Eric so aufgeblasen zu haben, gerade eben noch verzeihen. Ich könnte Eric später anrufen, ihm erklären, dass … Ja, was denn eigentlich? Dass Marc und ich uns immer dann treffen, wenn ich gerade Trost brauche, er mein Egoaufbauer Nummer eins ist und ich nicht auf ihn verzichten kann? Oder will? Wenigstens bisher …
Außerdem wusste Eric immer noch nicht, dass ich in Wirklichkeit die arbeitslose Niete und nicht die hippe, alleinerziehende Charly von nebenan war.
Ich war inkonsequent, gerade ziemlich unförmig, ständig betrunken, unsicher, völlig orientierungslos und hoffnungslos überfordert. Kein Mann, der eine kleine Tochter alleine großziehen musste, brauchte so eine Frau.
Marc war da anders. Er nahm mich so, wie ich war. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ihn störte keiner meiner Fehler und Schwächen, bei ihm musste ich keine Verantwortung übernehmen, er kam auch so gut klar.
Wenn ich jetzt abwog, war es doch für alle Beteiligten am besten, wenn ich es bei gelegentlichen Treffen mit Marc beließ und mich erst mal um mein Leben kümmerte, bevor ich noch andere mit meiner Unfähigkeit, glücklich zu sein, belastete.
Jemand wie Eric würde schon nach kurzer Zeit merken, wie überfordert ich mit allem war, und mich sicher wieder verlassen. Wozu dann das alles? Marc war perfekt für mich. Er kam, wenn ich Trost brauchte, und ging, bevor es ernst wurde.
Der eine bekam im Leben die obere Brötchenhälfte, der andere die untere. Und ich eben das Fluffige in der Mitte.
Es hilft nichts, Charlotte Sander. Du bist und bleibst halt der klassische Typ: notorisch unglücklich.
Es machte keinen Sinn, Eric anzurufen. Es war einfach besser so. Ich würde ihn über kurz oder lang sowieso nur enttäuschen, und das Bild, das er von mir hatte, war aufgebaut auf einem Lügengerüst, das ich selbst konstruiert hatte. Oder zumindest nicht verhindert hatte. Und was auf einer Illusion aufgebaut war, konnte nicht funktionieren.
Marc war da, und er würde es auch erst einmal bleiben. Auch wenn es nur für den Rest des Tages war.
16. Kapitel
Nachdem Marc gegangen war, bestand meine erste Aktivität darin, mich in Puschen und Elefantenbabyhose in den Flur zu schleichen (nachdem ich durch atemloses Horchen an der Wohnungstür sichergestellt hatte, dass sich niemand im Flur befand), um bei Mona zu klingeln. Es brannte mir zu sehr auf der Seele, was zwischen uns passiert war, und auch ihr Treffen mit Eric ging mir nicht aus dem Kopf. Ich wollte wissen, was sie ihm gesagt hatte.
Aber Mona öffnete die Tür nicht, und es kamen keinerlei Geräusche aus ihrer Wohnung.
Ob sie beim Schaffner war? Ob er ihr immer noch was vormachte und sie bereits am Filzkissen für die Eheringe arbeitete?
Nach zwei Tagen, in denen ich in alte Muster zurückgefallen war und in völliger Verwahrlosung vor mich hin vegetiert hatte, klingelte es an meiner Tür. Ich schreckte regelrecht auf, denn ich war das Geräusch gar nicht mehr gewöhnt. Als ich öffnete, stand eine tränenüberströmte Mona vor mir.
»Charliiii-i-hi-hi!«, war das Einzige, das sie unter Schluchzen herausbringen konnte.
»Du brauchst nichts zu sagen«, erwiderte ich ruhig, nahm sie in den Arm und schob sie ins Wohnzimmer.
»Setz dich erst mal.«
»Das Arschloch. Du hattest recht. Er ist verheiratet!«, fing sie nach ein paar kleineren Heulkrämpfen an. »Ich hatte ihm vorgeschlagen, übers Wochenende wegzufahren. Und das bedeutet doch noch gar nichts! Aber ihm war das gleich zu viel. Er meinte, so kurzfristig könne er nicht weg und er habe noch was in Köln zu erledigen. Ich war sauer, und wir haben uns gestritten. Als er weg war, wollte ich mich entschuldigen. Es war schon spätabends, und um
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