Pinguinwetter: Roman (German Edition)
hört man ganz gerne mal nicht auf die besserwisserische Freundin. Und blendet Unangenehmes aus. Vielleicht weil man eben Angst hat, dass die wunderbare Seifenblase, in der man gerade schwebt, zerplatzt.«
Ich wunderte mich über die weisen Worte, die ich da gerade von mir gegeben hatte. Wieso konnte ich so tolle Ratschläge geben, wenn ich noch nicht mal in der Lage war, mein eigenes Leben auf die Reihe zu kriegen? Ich sollte vielleicht ernsthaft erwägen, ein Zweitstudium anzufangen. Ich könnte glatt Therapeutin werden.
Jetzt sah Mona mich ernst an. Sie hatte sogar aufgehört, das Brunftgeräusch zu machen. Ein leises, kaum hörbares Wimmern überkam sie jetzt nur noch ungefähr alle dreißig Sekunden. Das war immerhin ein Fortschritt.
»Redest du da gerade nicht vielleicht auch ein bisschen von dir, Charly?«
Mona hatte recht.
»Vielleicht von uns beiden?«, schlug ich diplomatisch vor.
»Aber es stimmt.« Sie nickte bestätigend. Ihre Wimperntusche hing mittlerweile auf halb acht, und auch sonst sah sie sehr reumütig aus. »Manchmal lebt es sich in der Seifenblase ganz gut.« Während sie die Nase hochzog, fügte sie noch hinzu: »Auch wenn’s in deiner ganz schön müffelt.«
Lachend fiel ich meiner Freundin in die Arme.
»Verzeihst du mir?«, flüsterte Mona in mein Ohr.
»Klar tu ich das!«
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Wenn ich schon kurz davor war, wegen des ganzen Schlamassels in meinem Leben zu kollabieren, dann wenigstens mit einer Freundin an der Hand, die mich verstand.
»Aber jetzt ist Schluss mit dem Geheule!« Mona ballte ihre Hand zur Faust und machte ein halb siegesgewisses, halb verheultes Gesicht.
»Was willst du jetzt machen?« Ich schaute Mona fragend an.
»Trinken.«
Gegen eine gute Freundin an der einen und einen extragroßen Cocktail in der anderen Hand ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Beides hilft. Zumindest für den Moment.
*
Trümmerhannes war mal wieder sichtlich erfreut über unseren Besuch, denn seit Monas und meinem Streit war unsere Besucherfrequenz in der Hausbar merklich gesunken.
»Das Geschäft geht vor, Mädels«, kommentierte er seine Freude über unser Erscheinen wie immer nüchtern (wenn auch nicht in Bezug auf seine Promillezahl). »Aber natürlich freue ich mich auch, dass ihr euch wieder vertragen habt. Was darf’s sein?«
Wir entschieden uns erst mal für Weißwein. Es war schließlich noch früh am Abend.
Obwohl wir uns wieder vertragen hatten, fiel es mir schwer, Mona nach Eric zu fragen. Ich tat es trotzdem.
»Sag mal, Mona, du und Eric … Ihr habt euch getroffen? Was ist da gewesen?«
»Nichts, er war nur da, um dich zu sehen. Und ich bin ihm im Treppenhaus begegnet. Du warst nicht da, und da hab ich ihn auf einen Kaffee reingebeten. Er hat mir erzählt, dass er sich in dich verguckt hat und dass er sich wegen der Småland-Sache schuldig fühlt. Ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass Finn gar nicht dein Kind ist. Also hab ich ihm nur zugehört. Aber er war doch sicher noch mal bei dir, oder? Zumindest hatte er das vor. Ich hab ihm nämlich gesagt, dass du ihn auch magst.«
»Du hast ihm gesagt, dass ich auch in ihn verliebt bin?!«
Ich sah sie entgeistert an. Danke, Mona! Einmischen war schon immer scheiße, egal in welche Richtung.
»Ja, aber das stimmt doch … Oder etwa nicht?«
»Ja, also, nein! Und überhaupt! Das ist doch noch lange kein Grund, ihm das auf die Nase zu binden! Und übrigens: Ja, er war da. Und zwar vorgestern. Und ich war nicht alleine.«
»Was soll das denn jetzt heißen?« Mona schien jetzt vollends verwirrt.
»Er war da? Und ihr habt nichts geklärt?«
»Mona! Marc war da, als ich Eric die Tür aufgemacht habe. Und sein Auftritt war alles andere als schüchtern. Eric hat auf dem Absatz wieder kehrtgemacht. Verständlicherweise. Allerdings halte ich es sowieso für das Beste. Ich würde Erics Ansprüchen in meiner momentanen Situation gar nicht gerecht werden. Dazu kommt, dass ich ihn die ganze Zeit angelogen habe. Ich kann mich im Moment selbst nicht leiden. Wenn ich ihm erzähle, dass das ganze hippe Mutti-Getue nur gespielt war, will er doch eh nichts mehr von mir wissen. Also ist es besser, dass er glaubt, Marc und ich seien zusammen.«
Mona sah mich fassungslos an. »Marc?!? Der Marc, der vor Kurzem noch erklärt hat, dass er jetzt was Festes hat? Der dich mal eben so abserviert hat, komplett ohne Vorwarnung? Dein bescheuerter Übergangs-Marc? Für den lässt du doch nicht einen Kerl wie Eric stehen?
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