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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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noch die Wahl zwischen einem schnellen und einem entsetzlichen Tod. Ich möchte von dir wissen, wie deine Kontaktleute heißen, wo sie sich aufhalten, wieviel sie dir dafür bezahlt haben und in welcher Währung.«
    Molosso schüttelte den Kopf. Das Grauen stand in seinem furchtbaren Gesicht, aber auch der Vorsatz, nicht weich zu werden.
    »Ich gebe dir eine halbe Stunde Zeit zum Nachdenken«, sagte der OSS-Agent.
    »Ich verzichte«, erwiderte der Gefangene. »Nun will ich dir was sagen: Ob mein Ende schnell ist oder grausam, es wird dich in jedem Fall ins Verderben reißen, Americano. Was ich getan habe, geschah im Auftrag der Ehrenwerten Gesellschaft, und zwar der Lupini-Familie.«
    Panizza verfolgte, daß sich Mauro bekreuzigte, als der Name des Mafia-Klans fiel.
    »Du bist Ausländer, du kennst dich nicht so aus, aber frag einen Italiener, vor allem einen aus dem Süden, wofür der Name Lupini steht: das einflussreichste Syndikat, ob du es nun Mafia oder Cosa nostra nennst. Unsere Leute werden dich auf der ganzen Welt jagen. Du wirst nirgendwo zur Ruhe kommen, bis du erledigt bist, und das in jedem Fall ohne Erbarmen. Ich warne dich, Americano!«
    Pluto und Enzo wollten den Gefesselten zum Schweigen bringen, aber Panizza gab ihnen ein Zeichen, Molosso weitersprechen zu lassen.
    »Du hast keine Ahnung, auf was du dich einlässt. Wir haben unsere Leute in den höchsten Regierungsämtern, sogar in deiner beschissenen Armee. Sicher wissen sie jetzt schon, daß ihr uns hereingelegt habt. Und sie werden euch finden und euch vorführen, was die Hölle ist. Mindestens dreißig meiner Leute suchen mich bereits jetzt – und sie wissen, wie man das macht.«
    »Ich wiederhole«, unterbrach ihn der Amerikaner und sah auf seine Armbanduhr, »eine halbe Stunde. Dann wirst du Original-Mafia-Methoden erleben, auf die du dich so gut verstehst: Wir werden dir zuerst das linke und dann das rechte Ohr abschneiden oder, wenn du es wünscht, auch in umgekehrter Reihenfolge vorgehen. Sollte das nicht genügen, nehmen wir dieselbe Prozedur mit deinen Fußzehen vor, eine nach der anderen, bis du redest oder krepierst. Ich kann dir versichern, daß Mauro als Coltellino ein Meister seines Fachs ist. Leider kannst du deinen Lastwagenfahrer nicht mehr danach fragen. Er war der erste deiner Leute, der daran glauben mußte, so wie du der letzte sein wirst. Schreien kannst du, soviel du willst. Kein Mensch hört dich hier. Und wenn uns dein Gebrüll auf die Nerven geht, stecken wir dir einen dreckigen Knebel ins Maul.« Panizza stieß Molosso leicht mit dem Fuß an. »Wie gesagt, eine halbe Stunde – und keine Minute länger.«
    In seinem Metier konnte man sich Emotionen wie Hass oder Liebe nicht leisten, aber Panizza hatte zuviel mitgemacht, um sich nicht einmal gehenzulassen; aber er war zum Äußersten entschlossen und schickte alle Männer bis auf Pluto, Manfredo, Fausto und Mauro weg, um ihnen die Scheußlichkeiten der Folter nicht vorführen zu müssen.
    Er ließ Mauro als Bewacher bei Molosso und ging mit den anderen in den Nebenraum. Nicht, daß er dem ›Coltellino‹ nicht traute, aber Cassidy, der Bastler, hatte sicherheitshalber ein Mikrofon versteckt und dadurch eine Direktübertragung arrangiert.
    »Du bist doch ein Paisa«, sagte Molosso, das Dialektwort für Sizilianer benutzend. »Willst du für diese stronzi sterben, mit denen du nichts zu tun hast?«
    »Ich hab' mit ihnen zu tun«, erwiderte Mauro. »Es sind meine Genossen.«
    »Aber du weißt als Sizilianer, was die Ehrenwerte Gesellschaft ist und was sie kann …«
    Der Junge schwieg verbissen.
    »Wenn du willst, wirst du ein reicher Mann. Niemand wird erfahren, daß du einen unserer Leute erstochen hast. Ich biete dir zehntausend englische Pfund und die Mitarbeit in unserem Syndikat. Du hast dann ein Leben lang ausgesorgt.«
    »No, no – mille volte no!« wehrte sich Mauro gegen die Offerte.
    »Du brauchst nichts weiter zu tun, als nach dem Calabrese zu fragen und ihm mitzuteilen, wohin mich diese Porcini verschleppt haben. Wenn du es sofort tust, bekommst du zwanzigtausend Pfund. Ich bin Sotto-Capo. Du weißt, ein Mafioso hält Wort.« Die Bulldogge beobachtete den Jungen aus halbgeschlossenen Augen; der Mafia-Unterführer hatte ein Gespür für Menschen und erfasste, daß Mauro mehr gegen die Angst als gegen die Geldgier ankämpfte.
    Die ›Onorata Società‹ ist auf der Insel eine uralte Einrichtung und nur möglich, weil sie auch von dem Teil der Bevölkerung

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