Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
führenden Faschisten in eine Falle der Partisanen gelockt hatte; sie haben ihn umgebracht. Es hat einen Skandal gegeben und ohne Helfer« – sie deutete auf ihre drei Begleiter –, »hätte ich ihn nicht überlebt. Sie werden verstehen, daß ich schleunigst von hier weg möchte. Ich achte zwar auch hier auf mein Aussehen«, erklärte Gina, »aber Sie dürfen mir glauben, ich bin zäh und robust.«
    »Bene«, entgegnete Poletto. »Mich haben Sie überzeugt.« Er drehte sich zu seinen Ausbruchsbegleitern um. »Damenbesuch«, sagte er. »Und noch drei starke Männer als Zugabe …«
    Sie nickten. Je größer die Gruppe war, desto besser konnten sie sich zur Wehr setzen. Der Calabrese war vor allem erpicht auf Männer, die Waffen besaßen, aber eher würden sie ihn in Stücke reißen, als sie ihm zu überlassen.
    Der Zehnertrupp kam nur langsam voran, arbeitete sich durch Gestrüpp, Dickicht und Waldstücke. Es dunkelte bereits, jetzt wurde es für die Expedition noch anstrengender. Sie mußten von Fall zu Fall eine kleine Rast einlegen, zogen dann aber immer gleich wieder weiter, um die Nacht zu nutzen.
    »Erschöpft, Gina?« fragte der trainierte Poletto die Frau an seiner Seite. Die Strapazen erlaubten jetzt eine gewisse Vertraulichkeit. Die Italienerin sah zwar nicht mehr aus wie das Titelbild eines Modejournals, aber sie war eine Frau, und zwar eine sehr schöne – und da tritt ein richtiger Mann meistens in Adams Dienste, auch noch zur falschen Zeit und am unrechten Ort.
    »Sollten Sie Ihre geheimen Vorstellungen nicht auf später verschieben?« fragte Gina lächelnd.
    »Welche?« konterte Poletto.
    »Ziemlich eindeutige – so wie Sie mich ansehen.«
    »Wie sehe ich Sie denn an?« fragte der Amerikaner.
    »Wie alle Männer …«
    »Nicht gerade ein Kompliment«, versetzte Poletto.
    »Aber eine Üblichkeit«, spottete die Mittzwanzigerin.
    »Frauen sind nun einmal Männersache«, sagte er großspurig.
    »Falsch«, entgegnete die Italienerin. »Männer sind Frauensache.«
    »Well«, erwiderte Poletto ergeben. »Bitte bedienen Sie sich.«
    »Dazu fehlt es aber wirklich an allen Voraussetzungen«, entgegnete sie. »Nichts gegen einen Ausflug in die Romantik, und ein Vulkan, der nicht tot sein will, muß von Fall zu Fall ausbrechen«, sagte sie mit einem spöttischen Lachen, das in der Finsternis mehr zu spüren als zu sehen war. »Bewundernswert, Gina«, erwiderte der Amerikaner hastig.
    »Aber entschuldigen Sie, mein Lieber, ich brauche dazu Lust und Laune, Musik, einen guten Schluck Wein, ein breites Bett und vor allem ein Badezimmer.« Sie lachte über Charlys dümmlichen Gesichtsausdruck. »Kein Notbehelf, Caro – in der Liebe schon gar nicht. Ich hasse alles Gewöhnliche«, sagte die Frau, die unbeschmutzt aus der Sündenplantage kam. »Wenn aber das Ambiente stimmt, dann habe ich nichts gegen eine ordentliche Kissenschlacht, und die könnte man dann vielleicht sogar vulgär gestalten.«
    Gina ließ ihr kehliges Lachen hören. Sie verstand es, Männer anzumachen und sie dann stehenzulassen.
    Poletto stand auf und reichte der Italienerin die Hand, um sie hochzuziehen. Dann scheuchte er die anderen auf, die nicht so trainiert waren wie er. Ein paar Mal schon hatte er die Spießgesellen des Calabrese in der Nähe gesehen, aber er wollte es nicht auf einen Zusammenstoß mit ihnen ankommen lassen, so gern er diesen Galgenstrick erledigt hätte.
    Die Frist war abgelaufen. Jack Panizza betrat, gefolgt von Pluto und Manfredo, den Raum, in dem der gefesselte Molosso verwahrt wurde. Fausto sicherte die Auto-Ausschlächterei von außen. Der Gefangene und einzige Überlebende des Massakers lag reglos am Boden; er hatte es aufgegeben, auf seinen ›Paisa‹ einzureden.
    Sie zerrten ihn hoch und setzten ihn auf einen Stuhl. In seinem Gesicht spannten sich die Wangenmuskeln. Die verschwollenen Augen weiteten sich, als der Amerikaner sich über ihn beugte. »Hast du dich entschlossen, Molosso?« fragte er.
    »Va fanculo«, zischte das Muskelpaket (es war der berühmt-berüchtigte Ausspruch des Götz von Berlichingen auf italienisch) und spuckte dabei so schnell und gezielt aus, daß der Vernehmende dem Speichel gerade noch ausweichen konnte.
    »Capisco«, erwiderte Panizza. »Bringen wir es hinter uns.«
    Mauro, der sizilianische Coltellino, war von dem Mafia-Häuptling eingeschüchtert und verwirrt worden, aber der Junge würde tun, was die anderen ihm befahlen, auch wenn er dabei heimlich alle Heiligen um Vergebung

Weitere Kostenlose Bücher