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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Sie den Mann?« fragt er dann.
    Fehlanzeige bei den ersten beiden, aber bereits der dritte Befragte nickt bestätigend.
    »Natürlich«, sagt er, »das ist der Baron Wintersheim, vor langer Zeit eine graue Eminenz der Reichsbank.«
    »Was wissen Sie von ihm?« fragt der Fahnder.
    »Nicht viel. Er hielt sich immer sehr zurück. Aber er war einflußreich und …«
    »Und?«
    »Nicht ungefährlich.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Vom Hörensagen«, antwortet der Wirtschaftsführer im Häftlingskittel. »In den letzten Jahren soll der Baron vorwiegend im Ausland tätig gewesen sein.«
    Auf dem Rückflug nach München könnte sich Captain Gambler anerkennend auf die Schultern klopfen, so er Zeit dafür hätte. Zwei weitere Zeugen haben den Konsul mit Sicherheit identifiziert: Baron Ralph von Wintersheim, fünfundfünfzig Jahre alt, Sohn eines deutschen Vaters und einer schwedischen Mutter, Honorarkonsul von Paraguay mit diplomatischem Status, Herrenreiter in allen Sätteln, doch wegen seiner Beziehungen zu überallhin mehr gefürchtet als beliebt.
    Der Wind rüttelt heftig an der schweren Maschine der US-Force, als sie auf die Startbahn zurollt. Der Flug wird stürmisch verlaufen. Ein Sergeant, der die Steward-Dienste wahrnimmt und zugleich Bordmechaniker ist, überreicht Steel und seinem Begleiter Plesco, dem Italien-Spezialisten, einen Stoß Kotztüten.
    »Für alle Fälle, Gentlemen«, sagt er grinsend.
    »Bringen Sie mir lieber einen Whisky«, erwidert der Sonderbeauftragte.
    »Sorry, Sir, Trinken im Dienst ist gegen die Vorschrift.«
    »Go to hell!« schimpft Washingtons Sonderbeauftragter und entnimmt seinem Bordcase eine Flasche Jack Daniels. Er schraubt den Verschluß auf und schiebt den Bourbon seinem Reisebegleiter zu: »Prophylaxe, Mike.«
    Aber Plesco winkt ab. Die Maschine jagt mit Vollgas über die Piste, hebt ab. Obwohl außer der vierköpfigen Besatzung nur zwei Passagiere an Bord sind, kommt sie nur mit Mühe hoch und muß sich mit Motorengebrüll durch die Waschküche pflügen und auf Kurs gehen. Erst in fünfzehnhundert Meter Höhe wird es etwas lichter, doch immer wieder drücken Sturmböen die DC 6 nach unten.
    »Well, Bob«, sagt Steels Berater. »Give me the bottle, please.«
    Der Italien-Spezialist ist ein mittelgroßer Vierziger mit entsprechendem Äußeren und einer angenehmen Stimme. Der Enkel italienischer US-Einwanderer ist in seinem Äußeren und seiner Sprache bereits so amerikanisiert, daß man ihm den Dago nicht anmerkt, so er es nicht will. Steel gefiel er auf Anhieb, vor allem schätzt er an Plesco, daß er keine Fragen stellt, sondern erst zur Sache kommt, wenn man ihn danach befragt. Außerdem haben Erfolgreiche bei ihm immer einen Bonus.
    »Wie finden Sie denn unseren neu gewählten Präsidenten, Mike?«
    »Nichts gegen Old-Harry«, erwidert sein Begleiter. »Ich hab' schon auf der Veranda seines Hauses in Kansas City mit ihm und seinen Freunden gepokert. Nette Babbitts, eine richtige Spießerrunde. Wenn einer einen Witz erzählte, den er für schmutzig hielt, drehte er sich dreimal um, und den Whisky tranken sie so verstohlen, als enthielten ihre Gläser Absinth. Am Ende aber«, berichtet Plesco lachend, »hatte ich ganz hübsch verloren.«
    »Aber im April dieses Jahres waren Sie der große Sieger«, entgegnet Steel, »bei den Wahlen in Italien.«
    Unmittelbar nach dem kommunistischen Staatsstreich von Prag war vom Weißen Haus befürchtet worden, auf der Apenninhalbinsel könnte sich auf legale Weise wiederholen, was soeben in der Tschechoslowakei gewaltsam herbeigeführt worden war: Machtergreifung durch die Kommunisten. Um das zu verhindern, war der Italien-Experte Plesco nach Rom entsandt worden.
    »Zugunsten der Red Bastards hatte Stalin eine gezinkte Karte aus dem Ärmel gezaubert«, berichtet Plesco. »Er forderte die Siegermächte auf, Italien die afrikanischen Kolonien zurückzugeben. Ich hatte eine andere Propagandaidee, um vor allem die Frauen zu mobilisieren: Fast jedem der Millionen von Liebesgabenpaketen, die Italo-Amerikaner in die alte Heimat schickten, lag künftig ein handgeschriebener Brief bei, daß weitere Unterstützung leider unmöglich sei, falls Italien ein Land hinter dem Eisernen Vorhang werde. Die Wirkung war entsprechend. Dazu die üblichen Manipulationen: Spaltung der kommunistisch beherrschten Einheits-Gewerkschaft, der CGIL, Dollars für die demokratischen Parteien; und erstmals war es auch gelungen, die Kirche voll in den Wahlkampf einzuspannen. Am

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