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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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beibehalten wurde); tausend Lire entsprachen ungefähr einem Dollar.
    »Gratuito?« stritt sich eine Rothaarige vor dem Zelt mit einem kleinwüchsigen Italiener mit offensichtlich großem Verlangen und tippte sich an die Stirn.
    »Pagheró domani.« Der Freier behauptete, daß er morgen zahlen werde.
    »Prendi le mani, porcospino!« schrie die Rothaarige erbost.
    Mehr noch als die Aufforderung, es sich selbst mit den Händen zu machen, versetzte das Schimpfwort ›Schweinigel‹ den Abgewiesenen in Zorn. Er ging auf sie los, bereit, auf sie einzuschlagen. Als er den abgehackten Riesen mit dem finsteren Gesicht, in dem die Augenbrauen unter der niederen Stirn fast zusammengewachsen waren, in der Nähe sah, trat er eilig den Rückzug an.
    »Ciao, Calabrese!« rief Willy dem Beschützer zu, der nur lässig nickte.
    »Schau dir diesen Mann genau an!« raunte Brian dem Einzuweisenden zu. »Er ist brandgefährlich. Die Italiener nennen ihn nur ›il Calabrese‹, den Calabrier. Er soll aber Sizilianer und von einer Mafia-Familie beauftragt sein, den Hurenladen hier unter Kontrolle zu bringen. Wer diese Weiber auf Vordermann bringt, beherrscht die ganz Pineta.«
    »Und die anderen Italiener lassen das zu?«
    »Alle haben Angst vor Calabrese – und vor seinen Hintermännern.«
    Sie hatten den größten Teil der Liebesplantage durchschritten. Die Erdhütten und Zelte standen jetzt weiter auseinander und wirkten etwas gepflegter.
    »Die sind nicht alle vom horizontalen Gewerbe«, instruierte der Copilot den Neuling. »Die eine oder andere lebt fest mit einem Mann zusammen, der dir das Messer an die Kehle setzt, wenn du dich an ihr vergreifst.«
    Pollettos Blick, der bisher angezeigt hatte, wie kalt ihn die Versuchungen dieses Sex-Basars ließen, wurde auf einmal interessiert. Tatsächlich fiel die gepflegte hochgewachsene Blondine mit dem blasierten Gesichtsausdruck aus dem Rahmen der Laster-Kollektion.
    »Gehört die auch zum Angebot?« fragte der OSS-Agent.
    »Auf keinen Fall«, entgegnete Brian. »Das ist Gina. Die einen sagen, sie sei die Tochter eines ganz hohen Faschisten, andere halten sie für eine Adelige, die sich mit ihrer feinen Familie zerstritten hat. Sie lebt mit drei Begleitern in der Hütte zusammen, aber es sieht nicht so aus, als würde sie einen an sich heranlassen, Charly.«
    »Was tut sie dann hier?« fragte der Neuzugang.
    »Das weiß kein Mensch mit Sicherheit«, erwiderte Brian. »Hier gibt's mindestens ein halbes Dutzend Abenteurerinnen, die einfach etwas erleben wollen. In der nächsten Laster-Oase kannst du eine echte Marchesa aus Florenz kennenlernen. Sie erzählt jedem, daß sie ihrem Mann davongelaufen ist, um sich nicht zu Tode zu langweilen.« Der Copilot stellte fest, daß Charly noch immer die Blondine mit der herrlichen Figur und dem hochmütigen Gesicht fixierte. »Dein Geschmack ist nicht schlecht.« Brian lachte trocken. »Aber bei Gina tragen wir alle den Arsch zu tief unten«, erklärte er.
    Poletto suchte ihren Blick.
    Die Italienerin sah durch ihn hindurch, als wäre er aus Glas.
    »Nun reiß dich schon los!« forderte ihn sein Landsmann auf.
    Die drei gingen wieder zum Tunnel zurück und suchten ihr Quartier auf.
     
    Bruno Panizza hatte sich in der Wohnung seiner Schwester wütend dem vordersten der drei Agenten der faschistischen Sonderpolizei in den Weg gestellt. »Vai via, birbone!« brüllte er ihn an. »Ma subito!«
    Der Gorilla und der kleine Kopatsch verstanden kein Wort, aber aus dem Ton hörten sie heraus, daß er so etwas gesagt haben mußte wie: »Hau ab, du Schuft, aber plötzlich!«
    Kochs Kreatur erkannte die Schlüssigkeit im Gesicht des Jungen in der gesprenkelten Tarnuniform, er sah die Härte in seinen Augen und spürte instinktiv, daß der Zwanzigjährige bis zum Äußersten gehen würde. Langsam wich er vor ihm zurück.
    Bruno trieb ihn bis zur Wand, baute sich drohend vor ihm auf.
    »Ho un mandato di cattura«, stotterte der Sendbote der zur Zeit verhaßtesten Institution in Rom und wedelte mit einem Haftbefehl.
    »Du willst einen Arzt festnehmen, der einen unserer Verwundeten betreut?« versetzte Bruno. Er sah, daß sich sein US-Vetter Jack an die Tür geschoben hatte, damit keiner der drei entkommen konnte, und riß dem Italiener das Formular aus der Hand, warf es zu Boden. Dann schnappten seine Hände vor, umklammerten den Hals des Sonderpolizisten; er rüttelte den Mann heftig hin und her und schleuderte ihn dann gegen die Mauer. Sein Hinterkopf schlug mit

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