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Pink Christmas (German Edition)

Pink Christmas (German Edition)

Titel: Pink Christmas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin C. Skylark
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straffe Haut, die stattliche Figur. Er muss mindestens zehn Jahre jünger als er selbst sein. Die Warze ist noch da! Wo sollte sie auch sein?
    „Ich bin erleichtert”, gibt Maschmann erfreut von sich und schmunzelt hinterher.
    Nebulös, denkt Stange. Erleichtert?
    „Ich bin gleichfalls allein. Zwar ist der Blick nach draußen berauschend, aber Sie wissen doch selbst, Gewohnheit, das ist der Stachel des Todes. Gift, das tötet. Kommen Sie!”
    „Ah, jetzt selbst Philosoph!”, gibt Stange lachend von sich und tritt ein.
    „Störe ich nicht?”, fragt er dennoch gehemmt.
    „Im Gegenteil. Bei einem Gläschen Wein und zu zweit ist das Leben doppelt schön. Glauben Sie mir. Ich kenne das!”
    Als ob Stange solche Situationen unbekannt sind.
    Was das wohl heißen soll, er kenne das? Und was will er damit sagen: ist das Leben doppelt schön? Jetzt huscht sogar ein Lächeln über dessen Gesicht, eins, das bei Stange anschlägt. Manchmal sind Menschen froh, wenn nur jemand anwesend ist, ohne besondere Zuneigung zu empfinden. Einfach, die Zeit nicht allein verbringen. Jedenfalls ist das besser, als vorm Fernseher zu hocken. Was posaunte Adrian immer heraus? Eine zahnlose Küchenfrau im Hause mache mehr Programm als ein müder Fernsehsender.
    „Wie wär’s zuerst mit einer Besichtigung?”, fragt Maschmann seinen Gast, als dieser auf seinen Satz nicht eingeht.
    Stange staunt. Antiquitäten en masse . Wie in seinem Elternhaus. Eine englische Atkins Uhr, Bristol, 1870 schätzungsweise. Jetzt: Der Gong. Tief der Ton, er hallt sogar, herrlich.
    „Rosenholz!”, sagt Maschmann.
    „Rosenholz!” Stange lässt das Wort auf seiner Zunge wie Butter zergehen.
    „Woher wissen Sie?”
    „Ich bin ein Narr alter Möbel.”
    Sie durchschreiten den Raum, Maschmann erklärt ihm jedes einzelne Stück, gibt ihm Zeit, um die Hamburgensien zu betrachten und weiß Geschichten hierüber zu erzählen. Die Stiche sind wertvoll, das spürt Stange, handkoloriert, aber darauf kommt’s nicht an.
    Neben dem Fernseher ein Weihnachtsbaum.
    „Ist der zum Fest?”, fragt Stange fassungslos.
    Oh Gott, was für ein Stilbruch! Kunststoffnadeln an Plastikzweigen, der Stamm ähnelt einem Besenstiel. Provokativ reibt er die Nadeln zwischen Daumen und Zeigefinger.
    „Kein Chlorophyll?”
    „Sie mögen den Baum nicht, wie? Ist aus Seide, der Stiel aus Textil! Kein Plastik!”
    Stange rümpft die Nase.
    „Und wenn schon …!”
    Maschmann blickt seinen Gast verwirrt an.
    „Entschuldigung, ich meine, äh … eine echte kleine Tanne zaubert … nicht wahr, die ist dem Jesuskind …”
    „Ein Christbaum aus der Gärtnerei verlangt nach Kerzen. Die sind verboten, mein Lieber!”
    Welche Ironie? Stange ärgert sich. Er antwortet ganz schnell, um die Peinlichkeit aus der Welt zu schaffen.
    „Das wusste ich nicht? …”
    „Diesen darf ich behalten, die Hausverwaltung hat’s gestattet, zwar ohne Lichter, aber doch grün!”
    Als Maschmann die Tür zum Schlafzimmer mit dem Fuß aufstößt, bleibt Stange die Luft weg. Das hatte er nicht erwartet: ein französisches Bett. Neu bezogen. Neid steigt in ihm auf. Er muss an seine letzten Jahre denken, an das Wasserbett. Er hätte es lieber Freudenbett getauft, jedenfalls wurde es beiden Funktionen gerecht, Schlafen und Sex. Seine Augen beginnen zu leuchten wie der Vollmond in sternklarer Nacht. Ohne nachzudenken sprudeln seine Gedanken aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Verträumt blickt er ins Leere.
    Maschmann beobachtet seinen Gast. Er sieht, dass dieser wehmütig mit den Händen über den Bettbezug streicht.
    „Wunderbare Wäschequalität!”, gibt er von sich, meine Schwester …“ Stange stutzt. Vergessen ist sein Rückblick in die letzten Jahre. War das Verlegenheit seines Gastgebers? Könnte man bloß dessen Gedanken lesen, denkt er.
    Wie auch immer. Maschmann ist ein Casanova, ein Verführer. Wer noch so aussieht, und dann das Bett. Hatte er nicht vorhin mit der Sebald schadenfrohe Blicke gewechselt? Er muss über Tricks verfügen. Wie sollten sonst Weiber ins Haus kommen? Aber wenn es die Sebald ist? Hat sie die Bettdecke aufgezogen?
    Fragen müsste man dürfen. Stange aber ist zu höflich.
    Er sieht, wie Maschmann vor der Schmalseite des Bettes wie ein Verkäufer steht, der sein Möbelstück anpreisen will. Angespannte Haltung, volle Konzentration auf seinen Interessenten. Jetzt wird er gleich über die Vorzüge reden. Tut er aber nicht. Braucht er auch nicht, schießt es Stange durchs Hirn.

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