Pink Hotel
bist,
war uns klar…«, Vanessa verstummte und runzelte die Stirn. »Miranda hat wohl
Scheiße gebaut.«
»Ich hätte nie jemanden geschickt, der allein den [307] Koffer abholen
sollte«, sagte ich. »Nicht nach dem ganzen Mist vor einem Monat.«
»Miranda hat den tiefen Teller nicht erfunden«, sagte Tony.
»Wann hat der Typ ihn geholt?«, fragte ich. Bestimmt war David ins
Hostel gekommen, um zu überprüfen, ob ich gelogen hatte, was den Koffer betraf,
und natürlich hatte er herausgefunden, dass ich ihn behalten hatte. Ich fragte
mich, ob das passiert war, bevor er die Fotos von mir entwickelt und die Ähnlichkeit
zwischen mir und Lily entdeckt hatte, oder danach.
»Vor zehn Tagen«, sagte Vanessa.
»Ganz sicher?«, fragte ich, und Vanessa nickte.
Vor zehn Tagen war ich mit ihm hinauf zum Griffith Observatory
gegangen. Die Fotos waren da noch nicht entwickelt, und er hatte auch nicht den
Eindruck gemacht, als wäre er wütend auf mich. Aber vielleicht wusste er schon
damals, dass ich wegen des Koffers log, kannte nur den Grund noch nicht.
»Wie sah der Typ aus?«, fragte ich.
»Sie sagte nur, er sei charmant gewesen«, antwortete Vanessa
achselzuckend.
»Charmant«, wiederholte ich.
»Mehr hat sie nicht gesagt«, Vanessa zuckte noch einmal die Achseln.
»Tut mir leid.«
In dieser Nacht, zurück in Little Armenia, träumte ich von der
Wüste. Während ich weg war, hatte Dalita das Klappsofa wieder in Davids Apartment
gebracht, zusammen mit anderen Annehmlichkeiten wie Handtüchern, Bettwäsche und
Toilettenpapier, damit ich dort [308] schlafen und ein Weilchen nachdenken konnte.
Der Hausmeister tat, als merke er nichts. Doch außer den Almosen der
Armenierinnen war das Zimmer leer, sah man von den Plastiktüten ab, die David
mir dagelassen hatte. Natürlich brauchte ich ewig, um endlich Schlaf zu finden.
Ich lag auf dem unebenen IKEA -Sofa und fühlte
mich, als sei ich gar nicht da. Und als ich schließlich unter dem grauen
Bereich des Halbschlafs hindurchsackte, fiel ich in einen unruhigen Schlaf, aus
dem ich immer wieder atemlos hochschreckte. Ein- oder zweimal versuchte ich,
mich in Davids Toilette zu übergeben, die Finger um die Keramikschüssel
gekrampft. Ich stieß mir die Knie an den Fliesen und am Toilettenrand. Außer
Zigarettenrauch und Brennnesseltee hatte ich ohnehin nicht viel zu mir
genommen, deshalb kam auch nichts. Dann träumte ich vom Laguna Highway. Der
Himmel schoss an meinem Gesicht vorbei, als wäre die Luft etwas Festes, als
schöbe ich mich durch durchsichtige Schichten von Wackelpudding und fiele nach
vorn auf etwas zu, das ein Tunnel hätte sein können, aber tatsächlich eine
Wüstenstraße war. Ich konnte nicht aufhören zu fallen, aber auch nicht
aufwachen.
[309] 39
Ich komme jetzt nach Hause«, sagte ich am nächsten
Nachmittag tonlos am Telefon zu Dad.
»Klingt gut«, antwortete er. Im Hintergrund lief Musik. Dad war
offenbar in der Küche, denn es schepperte ab und zu; aus dem Wohnzimmer drang
Gelächter. »Jemand versucht schon die ganze Zeit, dich telefonisch zu
erreichen.«
»Kannst du ihm nicht einfach sagen, du hättest keine Ahnung, wo ich
bin?«, sagte ich. »Das ist alles nicht mehr wichtig.«
»Es ist nicht dieser Richard. Der hat nur das eine Mal angerufen.
Ein anderer Mann ruft ständig an, Aaron Sotto oder Spoto oder so ähnlich. Warte
kurz, ich hab die Nummer.«
»Ich kenne den Mann nicht«, sagte ich. Es rumorte am anderen Ende,
als Dad nachsah, wo er den Zettel mit der Telefonnummer hingelegt haben könnte.
»Ich finde sie nicht«, sagte er schließlich.
»Egal.«
»Warum schwingst du deinen Hintern nicht nach Hause, dann kannst du
selber mit diesen Leuten reden. Ich bin nicht deine beschissene Sekretärin«,
sagte er, gefolgt von einem lauten Krachen, dann lachten nebenan [310] wieder
Leute. »Keine Ahnung, was ich mit der Nummer gemacht hab«, murmelte er, und ich
beließ es dabei. Ich fragte mich, ob Aaron der Typ mit dem Nasenpiercing war.
»Was machst du denn, Dad?«, fragte ich, weil ich ihn wegen der Musik
und dem Krach kaum verstehen konnte.
»Ich mache… Scheiße«, wieder schepperte irgendwas. »Autsch. Ich
mache Margaritas. Deine Stiefmutter hat einfach irgendwelche Leute eingeladen.
Aber ich bin der Depp, der sich um die Scheißdrinks kümmern muss.«
»Du machst was ?«
»Du weißt schon, diese geeisten Cocktails. Ich hatte auch keine
Ahnung, was das ist. Man nimmt Eis, Tequila und was nicht alles. Daphne hat
mich vor
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