Pirat des Herzens
dich also, ihn zu heiraten?« fragte Hawke streng.
Sie biß sich auf die Lippen. »Ich habe jedenfalls zwei Ehemänner. Was soll ich denn tun?« rief sie.
John nahm wieder ihren Arm. Und als er sprach, war sein Tonfall beschwichtigend und freundlich. »Weiß jemand von dieser Eheschließung?»
Sie schüttelte den Kopf.
»Sprich mit niemand darüber.«
»Warum nicht?« Angst schnürte ihr die Kehle zu.
»Weil wir gesetzlich verheiratet sind, Katherine. Und der Pirat kommt an den Galgen. Ich habe nicht die Absicht, dich zu verstoßen. Ich bin ein Ehrenmann.«
Katherine blickte verdattert zu ihm auf.
»Versteh mich bitte nicht falsch«, fuhr er grimmig fort. »Mir gefällt die Sache keineswegs. Aber wenn der verfluchte Pirat tot ist, werden wir irgendwann die scheußliche Geschichte vergessen. Ohne diese Überzeugung würde ich dich vermutlich verstoßen.«
Katherine liefen die Tränen über die Wangen, sie schüttelte den Kopf.
»Warum weinst du?« fragte er verärgert. »Um ihn? Liebst du ihn?«
Sie entzog ihm ihren Arm, rang die Hände. »Er ist der Vater meines Kindes. Ich will nicht, daß er am Galgen endet. «
»Er wird hängen«, sagte Hawke bitter. »Die Königin darf keine Nachsicht üben. Es ist das Beste für alle Beteiligten. Denk an die Zukunft deines Kindes.«
Ihr Kind. Das Kind eines verräterischen Piraten, das alle Welt als Bastard verachten, schlimmer noch, als Liam O’Neills Sohn brandmarken würde.
Plötzlich verstand Katherine, was es für Liam bedeutet hatte, als Shane O’Neills Sohn aufzuwachsen, daß er diesen Makel nie loswerden konnte. Und sie erinnerte sich an ihren letzten bösen Streit, in dem sie ihm gesagt hatte, daß sie ihn nie lieben könnte, weil er der Sohn von Shane O’Neill war.
Katherine fühlte sich elend. Wie konnte sie nur so kalt, so grausam gewesen sein?
Würde ihr Kind unter den Verbrechen seines Vaters leiden, wie Liam gelitten hatte?
Katherine wischte sich die Tränen vom Gesicht und blickte zu John auf. »Bist du gewillt, mein Kind großzuziehen?« fragte sie mit bebender Stimme. »Willst du ihm ein guter Vater sein?« Ihr Herz drohte zu zerspringen. Liam. Es tut mir so leid. Aber ich muß unser Kind beschützen!
»Ich werde deinem Kind nicht nur ein guter Vater sein, Katherine, ich werde ihm meinen Namen geben«, versprach Hawke mit fester Stimme. »Auch wenn es ein Junge ist.«
Katherines Brust entrang sich ein qualvolles Schluchzen.
»Und du wirst mir eigene Söhne schenken«, fuhr John fort.
Katherine nickte, vermochte ihrem Tränenfluß keinen Einhalt zu gebieten. Sie mußte alles tun, um ihr Kind zu beschützen. Ihr blieb keine andere Wahl. Selbst wenn ein Wunder geschah und Liam dem Kerker entkam, könnte sie nie wieder zu ihm zurückkehren - obgleich ihr nun klar geworden war, daß sie ihn immer noch unendlich liebte.
Sie mußte sich der Wirklichkeit stellen. Sie glaubte nicht mehr daran, daß Liam begnadigt werden würde. Kein Gefangener war je aus dem Tower entkommen. Nur ein Wunder konnte ihn noch retten.
Katherine aber hatte aufgehört, an Wunder zu glauben. Sie mußte alles tun, was in ihrer Macht stand, um Liam zu retten. Alles. Es war ihr Abschiedsgeschenk an ihn.
Katherine beschloß, auf ihrem Zimmer zu bleiben und nicht zum Abendessen in die große Halle zu gehen. Sie brauchte Zeit, um nachzudenken, und außerdem wollte sie den neugierigen, lüsternen Blicken der Höflinge nicht begegnen. Die Reise nach Cornwall war in Übereinstimmung mit John wegen ihrer totalen Erschöpfung um einige Tage verschoben worden. Katherine blieb ein kleiner zeitlicher Spielraum, um einen mächtigen Verbündeten zu finden.
Vor ihrer Abreise mußte sie Liam noch einmal sehen, ohne zu wissen, wie sie das anstellen sollte.
An John wagte sie sich nicht zu wenden.
Ein dunkles, schönes Männergesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Sein Lächeln war verführerisch und gefährlich, sein Blick verwegen und begehrlich. Robert Dudley, Graf von Leicester. Einer der mächtigsten Männer bei Hofe. Er konnte ihr helfen. Und Katherine wußte, welchen Preis sie für seine Hilfe bezahlen mußte. Doch sie war bereit zu bezahlen, wenn sie Liam noch einmal sehen durfte.
Sie wagte nicht, Leicester direkt anzusprechen. Die Worte der Königin, sie aufs Schafott zu schicken, wenn sie es wagen sollte, mit ihm ins Bett zu gehen, hallten ihr in den Ohren. Es gab nur einen Menschen, dem Katherine vertraute. Sie hatte Anne Hastings benachrichtigt und um ihren Besuch
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