Pirat des Herzens
Brust weiter, betont provozierend. »Aha - wir lassen nicht gern andere mit unseren Puppen spielen, wie?«
»Sie ist meine Gefangene«, entgegnete Liam schroff. »Und ich hatte die Absicht, Lösegeld für sie zu kassieren. Deshalb haben wir englischen Boden betreten. Sie ist Katherine FitzGerald, die Tochter des Grafen von Desmond. Ich schlage vor, Ihr behandelt sie mit dem Respekt, der ihr gebührt.«
Debrays wurde unsicher.
Katherine befeuchtete die Lippen. Ihr war klar, daß Debrays ihr Gewalt angetan und großen Spaß dabei gehabt hätte. Sie erkannte außerdem, daß Liam sie verteidigte. »Ich bin die Tochter von Gerald und Joan FitzGerald«, brachte sie hervor. »Und ich verlange, daß Ihr sofort Eure Hände von mir nehmt.«
Der Burgvogt ließ von ihr ab und blickte in ihr schönes, bleiches Gesicht. »Randolph, bring sie in die Halle und sorg dafür, daß man ihr eine Kammer herrichtet.« Dann wandte er sich an Liam. »Ihr, O’Neill, werdet mit dem Kerker vorliebnehmen, bis ich weitere Befehle vom Großadmiral habe.«
Ein junger Soldat trat neben Katherine und musterte sie neugierig. Sie beachtete ihn nicht. Liam und Macgregor wurden von rauhen Händen gepackt. Katherine biß sich auf die Lippen, um nicht zu schreien. Auf Liams Umhang hatte sich im Rücken ein großer Blutfleck ausgebreitet. Vielleicht würde er an der Schußwunde sterben und nicht mit dem Strick um den Hals.
»Lady FitzGerald?«
Katherine streifte den jungen Soldaten mit einem Blick. Dann fuhr sie zum Burgvogt herum. »Sir Walter!« rief sie, »Ihr könnt diesen Mann nicht in den Kerker sperren, bevor seine Wunde ärztlich versorgt wurde.«
Debrays blickte sie erstaunt an. »Wie besorgt Ihr um sein Wohlergehen seid, Mylady. Vielleicht seid Ihr nicht nur seine Gefangene? Vielleicht seid Ihr überhaupt nicht seine Gefangene?«
Katherine sah plötzlich das Bild von Liams kraftvollem, erregtem Körper vor sich, wie er auf ihr lag. Sie erinnerte sich an den Sturm des Begehrens, der in diesem Augenblick in ihr tobte. Errötend antwortete sie: »Ich wurde auf hoher See entführt, Sir. Kapitän O’Neill hat erst vor wenigen Stunden seine Lösegeldforderungen gestellt«, log sie.
»Und die hübsche Gefangene hat ein Auge auf den gutaussehenden Kapitän zur See geworfen, nehme ich an«, schnarrte Debrays.
»Nein!«
»Dann kümmert Euch nicht um sein Wohlergehen, Lady FitzGerald.« Debrays nickte dem jungen Soldaten zu. »Bringt sie in die Halle, Randolph.«
»Jawohl, Sir.« Randolph nahm ihren Ellenbogen, und Katherine folgte ihm über den Hof in die Halle. Sie redete sich ein, erleichtert zu sein.
Endlich war sie den Piraten los. Doch das Bild seines blutdurchtränkten Umhangs ging ihr nicht aus dem Sinn. Sie sah Liam vor sich in einem dunklen, feuchten Verlies, dem Tode geweiht.
Katherine wurde in einer Kammer über der Halle untergebracht. Eine Magd bereitete ihr ein Bad und brachte Essen. Katherine hatte wenig Appetit. Die Ereignisse ihres Abenteuers, angefangen mit ihrer Gefangennahme auf hoher See, gingen ihr nicht aus dem Sinn. Ihr Vater, der sie Liam O’Neill als Ehefrau angeboten hatte. Der verwundete Pirat, bei dem die Gefahr bestand, daß die Verletzung sich entzündete und er am Wundfieber starb.
Sie verbrachte eine unruhige Nacht, träumte von ihrem Vater, nicht dem armseligen Gefangenen in St. Leger House, sondern dem Grafen von Desmond auf Schloß Askaeton. Im Traum trug Gerald prachtvolle Kleider. Ihre Mutter war noch am Leben. Auch Hugh war da, ein sommersprossiger Junge, der versuchte, sie zu küssen. Sie turtelten, lachend und scherzend miteinander. Plötzlich tauchte Liam auf und trennte sie wutentbrannt. Katherine war nun eine erwachsene Frau, und Hugh war verschwunden. Als Liam sie umarmte, zerflossen seine Arme in Blut. Sie schrie. Liam war weg, und von ihren Händen tropfte Blut.
Katherine erwachte und fühlte sich völlig erschlagen. Sie schickte die Magd nach einem Frühstück, kniete neben dem Bett nieder und sprach hastig ein Morgengebet, ehe die Magd zurückkehrte. Papisten wurden in England zwar nicht mehr öffentlich verfolgt, doch es empfahl sich, die neue, reformierte Religion auszuüben.
Danach ging Katherine unruhig in ihrer Kammer auf und ab und mußte immer wieder besorgt an Liam denken.
Kurz vor Mittag betrat der junge Soldat Randolph die Kammer. »Bitte nehmt Euren Umhang und folgt mir, Mylady.«
Katherine stieg hinter dem Soldaten die schmale Steintreppe nach unten. Ihr Herz schlug schnell
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