Pirat des Herzens
verwundete und tötete weitere Soldaten. Macgregor hatte einen Angreifer mit einem Schuß getroffen und seine Pistole weggesteckt. Nun schwang auch er den Degen mit Geschick und Kraft, nicht anders als sein Kapitän. Katherine hielt die Zügel krampfhaft fest und sah in panischem Schrecken zu, wie Liam und Macgregor sich gegen eine Übermacht an Soldaten verteidigten.
Auf der Erde lagen bereits mehrere Soldaten hingestreckt. Die beiden Seefahrer schienen den Sieg über den Soldatentrupp davonzutragen.
Und dann sah Katherine die Verstärkung - Musketiere. Ihr Herz machte vor Entsetzen einen Satz. Die mit Flinten bewaffneten Soldaten kamen mit wehenden roten Umhängen die Straße herangaloppiert. Katherine wollte schreien, um Liam zu warnen - zu spät.
Eine Kugel pfiff ihm um die Ohren, dann die nächste. Liam focht gegen seine zwei letzten Gegner. Katherine hätte nie gedacht, daß ein Sterblicher seine Feinde, einen nach dem anderen, mit solcher Kraft niedermähen könnte. Die dritte Kugel bohrte sich in Liams Schulter, riß ein Loch in den Umhang. Liam knurrte, focht gegen den letzten Angreifer.
Katherine sah, wie das Loch im Umhang sich rot färbte. Der Einschuß war in Höhe des linken Schulterblatts. Wäre Liam rechts getroffen worden, hätte es das Ende für ihn bedeutet.
Doch sein rechter Arm hieb kraftvoll weiter und streckte den letzten Mann nieder. Und plötzlich war alles vorbei, wenige Minuten nachdem der Überfall begonnen hatte. Die Musketiere hatten die drei Reiter eingekreist. Ein Dutzend tödlicher Flintenläufe war auf sie gerichtet.
Liam senkte sein Rapier. Macgregor ebenfalls. Beide Männer keuchten schwer, der Schweiß lief ihnen in Strömen übers Gesicht. Hände und Arme waren blutbespritzt. Katherine starrte auf den Blutfleck auf Liams Rücken. Ihr Magen drohte, sich umzudrehen: Sie schlotterte am ganzen Körper.
Ein Mann löste sich aus dem Trupp, ritt nach vorne zu Liam. Seine rote Uniformjacke war mit Goldborten und Bändern geschmückt. Seine schwarze, federgeschmückte Mütze saß ihm keck auf dem Kopf. Er hielt den Degen beinahe spielerisch in der behandschuhten Hand. In seinen schwarzen, funkelnden Augen und seinem finsteren Gesicht lag allerdings wenig Spielerisches.
»Ich bin Sir Walter Debrays, der Kastellan von Tilbury« verkündete er, »legt den Degen ab, Captain O’Neill. Ihr seid mein Gefangener.«
Liam hielt dem Blick des Burgvogts einige Sekunden stand, bevor er seine Waffe fallen ließ.
Die Gefangenen ritten über die herabgelassene Zugbrücke unter den Fallgittern hindurch in den zweiten Innenhof. Dort befahl man ihnen abzusteigen. Katherine gehorchte wortlos, sie hatte Angst. Obwohl sie nicht viel für O’Neill übrig hatte, wußte sie, daß er dem Tode geweiht war. Kein Pirat blieb am Leben.
Katherine stand zwischen Liam und Macgregor. Sie spürte, daß der Pirat große Schmerzen litt. Debrays trat heran und zog Katherine nach vorn, riß ihr die Kapuze nach hinten. »Wer seid Ihr?« fragte er schneidend.
Katherine antwortete nicht. Natürlich hätte sie zu erkennen geben müssen, daß sie die Gefangene des Piraten war.
Dann wäre sie rasch frei gewesen. Doch dann würde sie den vielen Verbrechen, die ihm zur Last gelegt wurden, auch noch das Verbrechen der Entführung hinzufügen. Sie zögerte. Er verdiente eine Bestrafung, aber den Tod verdiente er nicht.
Schließlich hatte er ihr keine Gewalt angetan. Er hatte sie gefangengenommen, aber weder er noch seine Männer hatten ihr oder Juliet ein Leid zugefügt.
»Sie antwortet nicht.« Debrays wandte sich lächelnd an Liam. »Dein Liebchen ist schön, O’Neill.«
Liams Gesichtsausdruck blieb die ganze Zeit über kühl, irgendwie gelangweilt. Den Arm seiner verletzten Schulter hielt er angewinkelt. »Sie ist nicht mein Liebchen, sie ist meine Gefangene.«
Debrays lachte höhnisch. »Wäre sie deine Gefangene, O’Neill, würde sie dich nicht so besorgt ansehen! Eine dümmere Ausrede hätte dir wohl nicht einfallen können, wie?«
Liams Kaumuskel bewegten sich. Dann richtete er seine grauen Augen auf Katherine, und sie glaubte eine Warnung in seinem Blick zu erkennen.
Debrays riß sie an seine Seite. Er schob ihren Umhang beiseite und griff nach ihrer Brust. Katherine schrie auf, konnte sich ihm aber nicht entwinden.
Liam machte einen Satz nach vorn. Gleichzeitig richteten sich fünf Degenspitzen auf seine Brust, zerrissen ihm das Hemd. Er blieb stehen.
Debrays hob eine Braue und streichelte Katherines
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