Pirat des Herzens
gewalttätig.
Der Gefechtslärm kam näher, schwere Männerstiefel polterten die Treppe herauf.
John wirbelte fluchend herum. Er war nur halb bekleidet und unbewaffnet. Er riß die Tür auf.
Katherine stand wie versteinert.
Liam O’Neill stürmte in das Gemach.
Seine Degenklinge war blutverschmiert. Sein Blick flog zu Katherine. Eine Sekunde später bohrte sich die Stahlspitze in Johns Kehle. John wich zur Wand zurück. Katherine schlug die Hände vor den Mund. Liam bedachte sie mit einem wilden Lächeln.
»Anscheinend komm ich noch zur rechten Zeit«, preßte er zähnefletschend hervor.
Katherine rang nach Luft.
»Dafür bringe ich Euch um«, schrie Hawke.
»Wie denn?« lachte Liam. »Eure Gefolgsleute sind ein Haufen Hampelmänner. Sie sind bereits außer Gefecht gesetzt und gefesselt. Euren Degen habe ich eigenhändig zerbrochen. Wenn Ihr allerdings sterben wollt, nur zu! Ich schicke Euch mit Freuden zur Hölle.«
John knurrte und versuchte, sich der Degenspitze zu entziehen. Ein blutiges Rinnsal sickerte in seinen Hemdkragen.
»Nein!« schrie Katherine und wollte sich zwischen die Rivalen werfen.
»Nimm sie, Mac«, befahl Liam ungerührt.
Katherine wurde sich jetzt erst der Gegenwart des Schotten bewußt, der sie mit Bärenpranken packte.
Weitere Männer stürmten herein. Liam gab knappe Befehle. Man riß John die Arme brutal nach hinten und fesselte sie mit Eisenringen. Liam steckte den Degen in die Scheide und warf John unsanft aufs Bett. Einer der Eindringlinge legte ihm weitere Eisenringe um einen Fußknöchel und kettete ihn an den Bettpfosten.
Hawke keuchte schwer. »Damit kommt Ihr nicht durch.«
Der Überfall schien Liam sichtliches Vergnügen zu bereiten. Doch nun schwand sein Lächeln, seine Augen schossen Blitze. »Heute nehme ich ihr die Unschuld, wie ich es schon vor einem Monat in Whitehall hätte tun müssen.«
Hawke bäumte sich gegen die Eisenfesseln auf. »Euer Todesurteil ist besiegelt. Ich verfolge Euch und bringe Euch um. Ihr seid ein toter Mann.«
»Sie gehört mir. Sie hat immer mir gehört.« Liam wandte sich ab.
Katherine versuchte blindlings zu fliehen. Ein sinnloser und törichter Versuch, da O’Neills Männer die Tür blockierten. Katherine versuchte sich schreiend zwischen den bärenstarken Kerlen durchzudrängen, die wie eine lebende Mauer dastanden.
Liam packte Katherine von hinten an den Haaren. Sie schrie vor Schmerz und stand reglos, keuchend wie ein wildes Pferd, jede Faser angespannt. Liam wickelte ihr Haar langsam um seine Faust. Als sein Gesicht ihrem ganz nah war, lächelte er kalt.
Katherine begriff seine Absicht. Sie verharrte reglos, starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
Plötzlich ließ er ihr Haar los, warf sie über die Schulter und verließ mit langen Schritten den Raum. Katherine strampelte mit Händen und Füßen. Er schlug ihr mit der flachen Hand auf den Hintern. Sie hörte auf, sich zu wehren. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie hob den Kopf und begegnete John Hawkes zornigem Blick ein letztes Mal. Sie sah, daß er nicht nur wütend auf Liam war, er war auch halb wahnsinnig vor Sorge um sie.
Liam rannte polternd die Treppe hinunter und aus dem Haus, Katherine wurde grob auf seiner Schulter auf und ab geworfen. Dann stellte er sie unsanft auf die Füße. Ein Umhang wurde ihr über die Schultern gelegt. Er stopfte ihr einen Knebel in den Mund und hob sie auf einen mächtigen, unruhig tänzelnden, grauen Hengst. Eine Sekunde später schwang er sich hinter sie in den Sattel, legte den Arm um sie wie ein stählernes Band und galoppierte los.
»Ich habe dir versprochen«, raunte er heiser in ihr Ohr, »ich hole dich, wenn die Zeit reif ist.«
Katherine blickte starr vor sich hin, ihre Augen schwammen in Tränen. Wilde, verzweifelte Wut kochte in ihr.
II - Die Braut
20
Katherine hielt sich krampfhaft am Sattelknauf fest, als Liam in halsbrecherischem Galopp durch die Nacht jagte. Sein Arm umklammerte sie mit eisernem Griff. So donnerten sie die dunkle Straße entlang, dem Meer zu, gefolgt von seinen Männern. Die Nacht war schwarz, kalt und mondlos. Das mächtige Pferd raste dennoch in gestrecktem Galopp dahin, den Kopf vorgereckt, die Ohren angelegt, wild schnaubend. Liam trieb den Hengst zu noch größerer Eile an. Katherine versuchte in dem schwarzen Nichts etwas zu sehen, nahm aber nur dunkle Schatten wahr, die an ihr vorbeihuschten.
Die Lähmung des Schocks fiel allmählich von ihr ab. Wut kochte in ihren Adern wie brodelnde Lava,
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