Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
überfallen und das Schiff an den Strand geschmissen, so dass er mit seiner Mannschaft das Schiff verlassen und an Land flüchten mußte, ohne etwas mitnehmen zu können als das Gewehr und etwas Pulver und Blei. Der Ort, wo sie gestrandet, war zwischen Campeche und Triste. Sie nahmen nun stracks ihren Weg nach dem Golf von Triste, wo die Räuber ihre Schiffe auszubessern pflegen. Nach drei oder vier Tagen waren sie durch Hunger, Durst und die Beschwerlichkeit des Weges so abgemattet, dass sie kaum mehr weiter konnten, das Schlimmste aber war, daß sie von hundert spanischen Reitern wahrgenommen wurden, die ihnen entgegengeritten kamen. Kapitän Rock feuerte seine Kameraden tapfer an und sagte, daß er für seinen Teil nicht gesinnt wäre sich zu ergeben, sondern lieber sterben als sich den Spaniern gefangen geben wollte. Sie waren dreißig Mann stark, allesamt wohl gewaffnet, und weil sie sahen, daß sie einen Kapitän hatten, der ihnen guten Mut gab, resolvierten sie, lieber mit ihm zu sterben als sich zu ergeben. Unterdessen stürmten die Spanier gewaltig heran, doch die Räuber ließen sie so nahe kommen, daß sie nicht fehlen konnten, so daß jeder Schuss ein Mann war. Nachdem dieses Gefecht ungefähr eine Stunde gewährt hatte, ergriffen die übriggebliebenen Spanier die Flucht. Die Räuber plünderten nun einige Packpferde, schlugen die verwundeten Spanier vollends tot, nahmen auch von den Pferden und dem Mundvorrat, den die Spanier bei sich gehabt, also daß sie ihren Weg bequem fortsetzen konnten, ohne mehr als zwei ihrer Gesellen verloren und zwei verwundet zu haben. Sie zogen nun zu Pferde der Küste entlang und noch ehe sie an den Golf gekommen waren, sahen sie eine spanische Barke, die unweit vom Gestade lag, um Holz zu holen. Sie ritten nicht weiter und schickten sechs Mann voraus, um die dazugehörigen Kanoes auszukundschaften. Des Morgens, als die Leute an Land kamen, eroberten sie diese Kanoes und bald darauf auch die Barke, weil aber wenig Proviant darin war, schlachteten sie einige von ihren Pferden und salzten das Fleisch mit dem in der Barke gefundenen Salze ein, um solange davon zu leben, bis sie es besser bekommen würden.
Kurze Zeit darauf nahm dieser Räuber ein Schiff, das von Neuspanien nach Maracaibo ging, um Kakao zu kaufen, es war mit Mehl und viel Geld geladen. Er kam mit seiner Prise nach Jamaika und dominierte da mit seinen Kameraden solange bis alles dahin war; denn es ist die Manier dieser Räuber, daß wenn sie etwas aufgebracht haben, sie dessen nicht lange Meister bleiben, sondern sie spielen, huren und saufen, solange sie was haben. Einige von ihnen haben in einem Tag wohl zwei bis dreitausend Stück von Achten durchgebracht, daß sie am nächsten Morgen kein Hemd am Leibe behalten. Ich habe einen auf Jamaika gekannt, der einer Hure fünfhundert Stück von Achten gegeben, allein um ihre Heimlichkeit zu sehen. Ja, sie tun noch viele andere Gottlosigkeiten. Mein eigener Herr hat des öfteren ein Faß Wein gekauft, es mitten auf die Straße gesetzt, den Spund eingeschlagen, stellte sich dann dazu und alle, die vorübergingen, mußten mit ihm trinken, andernfalls er sie mit einem Rohre, das er zu diesem Ende bei sich hatte, totgeschossen haben würde. Er hatte auch eine Tonne Butter gekauft, nahm die Butter heraus und schmierte sie jedem, der vorbeiging, auf seine Kleider oder auf den Kopf, wohin er gerade traf.
Untereinander sind diese Räuber barmherzig, denn wenn einer nichts hat, wird er von den anderen unterstützt. Sie haben auch guten Kredit bei den Schankwirten, aber in Jamaika darf man diesen nicht viel trauen, weil sie Euch leichtlich wegen Schulden verkaufen, wie ich des öftern gesehen, selbst an dem, von welchem ich oben erzählt, daß er, eine Hure ihre Heimlichkeit zu sehen, so viel Geld gegeben. Er hatte wohl damals dreitausend Stück von Achten, und drei Monate hernach ward er um seiner Schulden willen verkauft, und zwar von eben dem Mann, in dessen Hause er das meiste seines Geldes verpraßt hatte.
Aber um wieder auf unsere Erzählung zu kommen. Dieser Räuber hatte binnen kurzem all sein Geld aufgezehrt und mußte mit seinen Kameraden wiederum in See. Er ging also nach der Küste von Campeche (denn dies war sein gewöhnlicher Raubplatz), war kaum vierzehn Tage da und fuhr in einem Kanoe die Reede von Campeche auszukundschaften, ob er nicht einige Schiffe daraus wegnehmen könnte. Da fügte es aber sein Unglück, daß er selbst von den Spaniern weggenommen
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