Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
die englischen Räuber wären nach Puerto de Naos gekommen, wo sie die Garnison von S. Catalina an Land gesetzt hätten, unter ihnen den Gouverneur Don Esteban de Campo, dem sie die Insel abgewonnen, nebst zweihundert Mann verschiedener Nation. Auf diese Nachricht erteilte der Herr Feldmarschall Don Juan Perez de Gusman, Gouverneur und Generalkapitän dieser Landschaft, Weisung, die Gefangenen in die Stadt Puerto Belo hineinzuholen, wo sie Sr. Edlen genauen Bericht darüber erstatteten, wie die Räuber am 27. Mai gegen Mitternacht, ohne von der Insel aus bemerkt zu werden, an Land gekommen; am nächsten Tage des Morgens gegen sechs Uhr hätten sie sich ohne jedes vorhergegangene Gefecht zu Herren der gesamten Befestigungen gemacht und die Besatzung gefangen genommen. Für den 27. Juni hatte nun Sr. Edlen den Kriegsrat einberufen, in welchem er darauf hinwies, wie große Fortschritte die Piraten tagtäglich machten; auch würden sie noch die Herrschaft über ganz Westindien gewinnen, zu großem Schimpf und Schaden der spanischen Nation. Da sie nun gar die Insel S. Catalina in ihrer Gewalt hätten, würden sie noch mehreres unternehmen, wie sie das ja bereits bewiesen hätten durch Plünderung verschiedener Plätze an der Festlandküste. Es wäre also vonnöten, solange sie noch nicht gar zu stark wären, etliche Streitkräfte zur Wiedereinnahme dieses Eilandes auszusenden. Einige in dem Kriegsrat stimmten ihm nicht bei: es sei – sagten sie – nicht der Mühe wert, und die Räuber würden dort ja ohnedies keine Subsitenzmittel finden, so daß sie von selbst würden abziehen müssen. Andere fanden hingegen, der Plan des Gouverneurs sein hochnötig für die Krone Spanien und den Ruf selbiger Nation. Sr. Edlen gab als tapferer und weiser Anführer sogleich Befehl, Lebensmittel für die Soldaten nach Puerto Belo zu senden; da er aber diese Sache niemandem anvertrauen mochte, begab er sich selber dahin, nicht achtend der Mühsal des Weges, sämtliche Ströme, die auf dem Wege lagen, durchschwimmend, nicht ohne große Gefahr seines Lebens, sondern selbiges als ein treuer Untertan für seinen König in die Schanze schlagend. Am 7. Juli langte er an, und, da er im Hafen ein mit Kriegsmunition wohl versehenes Schiff der Compa ia de los Negros, genannt St. Vinzenz, vorfand, ließ er dieses voll laden und setzte darüber als Kommandanten den Hauptmann José Sanchez Ximenez, Major der Stadt Puerto Belo, der ein mutiger Soldat war. Zweihundertsiebenundzwanzig Mann gab er diesem mit: siebenundvierzig von den auf selbigem Eilande gefangengenommenen, die, um zu erweisen, dass sie tapfere Kriegsleute wären, wie die Löwen auszogen, ihre Ehre wieder zu erlangen; vierunddreißig von den an Ort und Stelle in Garnison liegenden Spaniern, neunundzwanzig Mischlinge oder Mulatos aus Panama, zwölf Indianer, gar geschickte Bogenschützen, sieben in ihrer Kunst sehr erfahrene Kanoniere, zwei Adjutanten, zwei Lotsen, einen Barbier und einen Mönch vom seraphischen Orden, ihnen die Beichte abzuhören. Erteilte darauf dem Oberkommandierenden Instruktion, wie sein Befehl durchzuführen sei, und daß er, sofern der Gouverneur von Cartagena ihm nicht, wie er es von ihm verlange, mit Kriegsvolk und Fahrzeugen beistünde, ihm eine Anforderung im Namen Seiner Majestät zugehen lassen solle, seine Schiffe mit so viel Volks, als für ihn vonnöten wäre, zu bemannen. Befahl ihm auch nochmals den Zug nach der Insel in die Wege zu leiten und deren Wiedereinnahme zu bewerkstelligen, wozu er ja eine ausreichende Anzahl tapferer Soldaten zur Verfügung hätte. Gab ihm schließlich noch Kreditbriefe an die reichsten Kaufleute von Cartagena und ließ das Schiff, mit noch weiterer Kriegmunition ausgerüstet fahrtbereit stellen. Darauf musterte er das Kriegsvolk und ließ es an Bord gehen. Am 14. Juli morgens ging Sr. Edlen selbst an Bord, um das Schiff aus dem Hafen zu geleiten; wie er sah, daß der Wind günstig war, versammelte er die Besatzung und fachte deren Mut an, indem er ihr vorstellte, es sei ihre Pflicht, den heiligen katholischen Glauben zu verteidigen und die Vermessenheit zu bestrafen, mit welcher die Ketzer Gotteshäuser geschändet hätten: es sähe aus, als fürchteten jene die Waffen Sr. Majestät gar nicht, dieweil sie die Kühnheit besäßen, dero Lande wegzunehmen, was er aber, so lange er im Amte sei, nicht dulden würde. Auch würde er, wenn sie mit einem schönen Siege wiederkehrten, alle wohl belohnen, die ihre Pflicht und
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