Piratenblut
Einige von diesen konnten fliehen und siedelten sich auf den Kai-Inseln an. Die meisten aber fielen dem Konquistadorenwahnsinn der damaligen holländischen Eindringlinge zum Opfer. 1657 gab es praktisch keine Eingeborenen mehr. Die Niederländer, denen es nunmehr an Arbeitskräften mangelte, führten Sklaven ein, um ihre Muskatnußplantagen pflegen und bestellen zu können. Am 1. Januar 1860 erst wurde die Sklaverei aufgehoben.
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Die Sklaven auf der Muskatnußplantage von Mynheer Jan van Groot arbeiteten singend und tauchten die braunen, dünnbeschalten Muskatnüsse im Takt in eine große Kalkwanne. Vier, fünf weitere Takte lang ließen sie die begehrten Früchte in der dünnflüssigen, weißen Masse. Dann kam das Kommando eines Vorarbeiters: »Fertig! — Genug!«
Eifrig fischten die braunen, schwarzen oder gelbenMänner nach den gekalkten Nüssen und legten sie auf einen Rost zum Trocknen in der Sonne. Die nächste Ladung kam. Der Vorgang wiederholte sich.
Es war an sich keine schwere Arbeit. Aber die südliche Sonne brannte, und eine ganz bestimmte Menge von Nüssen mußte gekalkt werden.
Die Früchte, deren Kern die Muskatnüsse bilden, wachsen auf dem etwa zehn bis zwölf Meter Höhe erreichenden Muskatnußbaum. Der Baum hat lederartige, sechzehn bis achtzehn Zentimeter lange ganzrandige Blätter, kleine, unansehnliche Blüten und trägt zur Zeit der Reife fleischige, birnenförmige Früchte in der Größe von Pfirsichen. Diese Früchte springen, ähnlich wie Kastanien, zur Reifezeit auf. In der Mitte des herben Fleisches, das man nur unter Verwendung von sehr viel Zucker eingekocht genießen kann, liegt der nußartige Samen, der von dem sogenannten Arillus umgeben ist. Wenn man diesen orangefarbenen Samenmantel abschält, stößt man erst zum eigentlichen Kern durch, einer dünnen, harten Schale, die ein aromatisches, braun-weiß gefärbtes Nährgewebe umschließt. Das Gewebe mit der Schale ist die als Muskatnuß in den Handel kommende Ware. So ein Baum trägt im fünfzehnten Jahr seines Lebens am besten, etwa tausendfünfhundert bis zweitausend Früchte. Er kann sechzig bis achtzig Jahre alt werden. — »Schluß!« rief der Aufseher jetzt.
Die Sonne neigte sich schon weit nach Westen. Wenn sie untergegangen war, ging die Trocknung der Kalkhülle nur langsam vonstatten. Man ließ die Nüsse niemals über Nacht draußen liegen; denn mit dem Kalken war noch nicht alles getan. Die nunmehr weißen Muskatnüsse mußten vor allen Dingen noch mit einer besonderen Leimlösung bestrichen werden. Die Kalkung diente nur dazu, Insekten und Schädlinge abzuhalten. Die endgültige Leimhülle aber tötete den Keim ab, so daß die Nußbaumsamen niemals mehr ausschlagen konnten. Es war also unmöglich, auf diese Weise behandelte Muskatnüsse zum Säen in anderen Teilen der Erde zu benutzen.
Auf dieser Leimschicht beruhte der Reichtum der holländischen Pflanzer. Durch sie hatten sie sich ein Monopol geschaffen. Jedes Land, das Muskatnüsse als Speisegewürz haben wollte, war gezwungen, die Nüsse von der Niederländischen Ostindien-Kompanie zu kaufen. Die Holländer verstanden ihr Geschäft.
Die Sonne ging unter. Die Sklaven sammelten die gekalkten Nüsse in große Körbe und schafften sie zur Lagerbaracke.
Dort gab es eine Waage. Ein anderer Aufseher wog den Inhalt eines jeden Korbes aufs Gramm genau. Man konnte das Mehrgewicht später, wenn die Nüsse geleimt waren, genau berechnen. Dadurch war es für die Arbeiter nicht einfach, ungeleimte Nüsse zu stehlen.
Jeder einzelne erhielt einen Leimtopf und einen breiten Pinsel. Er hockte sich nieder und begann die mühselige Arbeit. Die Nüsse mußten, Stück für Stück, mit Leim bestrichen werden. Stunde um Stunde verrann. Wer fertig war, durfte seine Palmblätterhütte aufsuchen.
Zuletzt saß nur noch ein Mann vor seinem Korb. Der Boden war noch vollständig mit weißen Nüssen bedeckt.
»Verdammt, du Faulpelz, beeil dich«, schimpfte der Aufseher. »Meinst du, ich will mir deinetwegen die ganze Nacht um die Ohren schlagen?«
»Ja, Mynheer«, sagte der Sklave, ein kräftiger Malaie von etwa vierzig Jahren, gelassen und arbeitete mit der gleichen Ruhe weiter.
»Braunes Lumpenpack«, sagte der Aufseher wütend, »faule Bande.« »Ja, Mynheer«, war die gleichgültige Antwort.
»Ja, Mynheer — — ja, Mynheer«, äffte ihn der Aufseher, der zugleich Inspektor der Plantage
war, nach. »Jeden Abend bist du der letzte. Wenn du so weitermachst, werde ich dir
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