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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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dann ausfragen, woher sie Dieuxdonné kenne. Man würde sie zwingen, alles zu berichten, was sie in den letzten Tagen erlebt hatte. Man konnte sie der Mannschaft
    gegenüberstellen, von denen einige von der Besatzung der »Utrecht« sie kannten und gesehen hatten, als sie unter der Persenning des Rettungsbootes hervorkletterte. Nein, sie konnte ihm nicht helfen. Vielleicht erpreßte man von ihr gar den Standort des Schiffes.
    Sie wollte ihre Dummheit wieder gutmachen und sofort eine Nachtwanderung antreten, um in die Bucht zu gelangen, wo der »Schwarzrote« vor Anker lag. Pierre, der alte Oberbootsmann, würde sicher Rat wissen.
    Sie schlich sich in das Hotel zurück. In ihrem Zimmer kleidete sie sich um. Der verschlafene Nachtportier erkannte sie nicht wieder, als sie in einem gut sitzenden Herrenanzug mit breitem Sombrero auf dem Kopf durch die Pforte schritt. Nächtliche Besucher, die kamen und gingen, waren in dem geschäftigen »Adlon« keine Seltenheit.
    Das Mädchen stapfte durch die Nacht nach Osten. Als die Sonne heraufkam, sank sie todmüde neben einem Mangrovenstamm zu Boden und schlief ein.
    Aber das Unterbewußtsein blieb wach und wirkte wie ein Wecker. Sie taumelte nach einer Weile
hoch, blieb eine Sekunde stehen und fühlte sich erfrischt, obwohl sie nur etwa eine halbe Stunde
geruht hatte.
Sie ging weiter.
    Es war heiß. Und gegen Mittag widerstand auch der weiße Tropenanzug nicht mehr den unbarmherzigen Sonnenstrahlen. Sie warf die Jacke ab und ließ sie liegen. Das eng geschlossene Hemd, das sie anstelle einer Bluse trug, drückte gegen den Hals. Sie riß den Kragen auf. Sie trat in einen Wald ein. Es war kein Dschungel. Dennoch hinderte das Unterholz sie am schnellen Vorwärtskommen.
    Gegen Abend verspürte sie Durst und Hunger. Sie fand keine Quelle und auch nichts Eßbares. Um Mitternacht begann sie erbärmlich zu frieren. Die Kühle der Nacht war empfindlich und schien durch die Haut zu dringen. Sie machte sich bittere Vorwürfe, weil sie die Jacke achtlos weggeworfen hatte. »Halt«, rief plötzlich eine Stimme. »Wer ist da?«
    »Ellen-Rose«, wimmerte sie. Sie hatte die Bucht fast erreicht. Dieuxdonné hatte die Aufstellung von Wachen befohlen, um auch von der Landseite her gesichert zu sein.
    »Ah, oui, Mademoiselle«, meinte der Posten freundlich und dankte dem Schicksal, daß es das Mädchen gerade hier an der Stelle, wo er als Wache aufgezogen war, ohnmächtig werden ließ. Er hob sie mit zarten Händen auf und trug sie, nicht ohne der Bewußtlosen einen gehauchten Kuß geraubt zu haben, zum Ufer der Bucht.
    »Hol über!« brüllte er dann mit dem Aufwand seiner gesamten Lungenkraft.Bald war ein Boot zur Stelle. Ellen-Rose lag in tiefem Schlaf. Ihre Brust wogte. Feurige Blicke verschlangen ihren Körper. Die Piraten Dieuxdonnés waren allesamt Franzosen. Und mochte man sonst auf Piratenschiffen auch meistens Typen finden, die einander an Häßlichkeit übertrafen, in diesem Fall war es anders. Die Franzosen wirkten bis zum Moses hinunter alle galant und elegant. Wohl, sie waren wilde Gesellen; aber bei aller Wildheit wirkten sie nicht abstoßend. Mit einer Ausnahme allerdings: Pierre. Aber auch er war galant und höflich, ein Mann, der auf dem Montmartre genauso zu Hause war wie auf den sieben Weltmeeren.
    Hände, die gewohnt waren, Frauen in den Armen zu halten, betteten sie in das Boot. Die Ruderer legten sich in die Riemen, daß die Holmen knarrten.
    Es dauerte nicht lange, so hatten sie den »Schwarzroten« erreicht. Von oben wurde die Gangway hinuntergelassen. Das Mädchen wurde an Bord getragen.
    Pierre benachrichtigte sofort den Kapitän. René ging zu ihr in die Kajüte, zog sich einen Schemel heran, setzte sich dicht neben ihr Bett und beobachtete die Frau, deren Vorhandensein ihm nun schon seit Tagen die Ruhe raubte.
    Ein Lächeln lag auf seinem schönen Gesicht. Nach einer kleinen Weile fuhr er mit der Hand sacht streichelnd über das blonde Haar der Chansonette.
    So sanft die Berührung auch war, Ellen-Rose schlug die Augen auf und sah auf René.
    Plötzlich fuhr sie auf. Ungläubiges Erstaunen lag in ihrem Blick.
»Ihr seid hier? — Seid nicht gefangen?«
Das Erstaunen war jetzt auf Renés Seite.
»Gefangen? Wovon sprecht Ihr?«
    Sie fuhr sich mit beiden Händen nach dem Kopf und preßte sie vor die Stirn.
    »Und ich — — ich habe den ganzen Weg, diesen Höllenweg von Batavia bis hierher umsonst
gemacht, weil ich fest daran glaubte, daß Ihr gefangen seid, nachdem ich

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