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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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ging anderen Europäern gar nicht in den Kopf. Nein, Léon würde nie eine Dame bloßstellen.
    Die Wachsoldaten nahmen Léon de Musset in ihre Mitte. Sie brachten ihn in ihr Wachlokal. Und es dauerte keine zehn Minuten, so war auch Benjamin van Groot zur Stelle.
    Er bebte vor Wut. Es fiel den Soldaten nicht leicht, den schlanken Franzosen vor dem Reeder zu schützen.
    »Du Schwein!« schrie van Groot. »Dir also habe ich mein Unglück zu verdanken! Du bist der Hund, der meine Schiffe in den Grund gebohrt hat ! Du hast dich bei uns angebiedert, hast uns ausgehorcht und dann das Wissen gegen uns verwendet. Hängen wirst du! Am Hals aufgehängt, wie es mit allen Piraten geschieht!«
    Léon blieb ruhig. Nicht eine Muskel seines feingeschnittenen Gesichtes zuckte.
    »Monsieur«, sagte er, »es ist mir zu dumm, Euch zu geben eine Antwort darauf. Ihr wart auf eine von Eure Schiffe, als uns der richtige Pirat 'at angegriffen und zwei 'at versenkt. Ick bin gefahren als eine Köder für die Pirat. Meine Schiff war fast die ganze Zeit zusammen mit Ihre Schiff. Sie 'aben gese'en, wie Pirat kammit seine schwarzrote Segler hinter die Vulkan vor. Und ick stand mit meine Schiff auf die gleiche Zeit vor die Vulkan. Non, Monsieur, es ist mir zu dumm.« Die Wahrheit dieser Worte war nicht anzuzweifeln. »Stimmt«, sagte Termeulen verlegen. »Hm«, machte der Reeder und stand unschlüssig.
    Aber der Zweite Offizier der »Utrecht« wußte, was er gehört hatte. Er wollte sich von keinen noch so klaren Indizien ins Bockshorn jagen, lassen.
    »Weshalb gebt Ihr nicht zu, daß Euch nachts auf der Straße jene Dame, die uns leider entkommen ist, als Dieuxdonné bezeichnete?« fragte er.
    Auf Leons Gesicht trat erneut das Lächeln, etwas spöttisch und überlegen. Er zuckte die Schultern und blieb stumm.
    »Gebt es doch zu«, sagte Termeulen. »Diese Lüge belastet Euch unnötig!«
    »Es geben Dinge im Leben, die eine Kavalier niemals zugeben«, sagte Léon de Musset. »Und wenn Ihr mir hängen wollen. Ick 'abe nix gese'en Dame auf die Straße.«
    Der Pfeifer hatte Teile der in holländischer, mit französischen Brocken durchsetzten Sprache verstanden. Er stand im Hintergrund und betrachtete den eleganten Franzosen. Der Mann war ihm ausgesprochen sympathisch, viel sympathischer jedenfalls als die Holländer, die jetzt unbegründet wütend wurden. Van Groots Züge verzerrten sich. Termeulen wurde puterrot im Gesicht. Und obwohl es ihnen nach dem Gesagten hätte vollkommen klar sein müssen, daß Léon nicht auf ihre Schiffe geschossen hatte, vergaben sie ihm sein Leugnen in diesem einen Punkt nicht. Mochte dieser auch noch so belanglos sein. Sie fühlten sich eben gekränkt. Van Groot machte seinem Unmut Luft. »Abführen!« schrie er aufgebracht. Und der Sergeant führte ihn ab.
    Der Pfeifer drehte sich angewidert zur Seite. Und für diesen Burschen sollte er kämpfen? Er hatte auf einmal keine Lust mehr. Wer sich so ungerecht gegen andere Menschen benahm, brauchte nicht selbst auf seine Rechte zu pochen.
    Er wandte sich zum Gehen. Aber Termeulens Stimme hielt ihn zurück.
    »Was machen wir nun, da wir das vierte Schiff zum Kampf gegen Dieuxdonné nicht haben?«
»Kampf gegen Dieuxdonné? Ich denke, Sie haben ihn soeben verhaftet! Gegen einen
Verhafteten braucht man nicht zu kämpfen!«
»Unsinn«, sagte Termeulen. »Er ist doch nicht Dieuxdonné.«
»Weshalb sperren Sie ihn dann ein?«
»Weil er die Begegnung mit der Frau leugnet.«
»Hören Sie«, sagte Michel scharf, »wer gibt Ihnen das Recht, einen Menschen so zu behandeln,
weil er etwas nicht zugeben will, was Sie gar nichts angeht?«
»Das ist unsere Sache, Herr, hier entscheiden wir.«
»Nun, dann entscheiden Sie ohne mich. Guten Abend.«
Michel ging.

    61

    Ellen-Rose hatte, in einer Mauernische verborgen, die Verhaftung miterlebt. Sie machte sich die bittersten Vorwürfe. In ihren Augen war der Mann wirklich Dieuxdonné. Es konnte nicht anders sein. Sie kannte ihn zu gut, als daß eine Verwechslung möglich gewesen wäre.
    Was sollte sie tun? Dieuxdonné war durch ihre Schuld in diese Situation geraten. Irgend jemand hatte gehört, wie sie ihn mit seinem Piratennamen angesprochen hatte.
    Sie folgte in sicherem Abstand der Wachabteilung. In das Wachlokal konnte sie freilich nicht. Sie zögerte. Sollte sie vielleicht doch hineingehen und einfach zugeben, daß sie diejenige war, die »Dieuxdonné« mit Dieuxdonné verwechselt hatte. Sie verwarf diesen Gedanken wieder. Man würde sie

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