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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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geentert zu werden bedeutete die sichere Vernichtung.
    Um es gar nicht erst zum Entern kommen zu lassen,
    mußte man über eine klar überlegene Artillerie verfü-
    gen. Da alle Schiffe aber ähnliche Tonnage und Be-
    waffnung aufwiesen, war diese Überlegenheit nur
    durch hohe Zielsicherheit zu erreichen.
    Mendana war ein Experte für Küstenartillerie. Daher ließ er seine Männer die sogenannten »Kettenschüsse«
    üben, die Seekanoniere in der Regel ablehnten. Man
    feuerte eine große Eisenkugel ab, die beim Austritt aus dem Rohr in zwei Teile zerbarst, die durch eine lange und dicke Kette miteinander verbunden blieben.
    Die wild rotierenden Kugelhälften schlugen auf dem
    feindlichen Schiff alles entzwei, was sich ihnen in den Weg stellte, oder sie wickelten sich um die Aufbauten, kappten die Masten und zerfetzten die Segel so sehr, daß der Feind binnen kurzer Zeit nahezu manövrierunfähig wurde.
    Einem rechten Seewolf, der etwas auf sich hielt, war eine so üble Finte zuwider. Der schnurrbärtige Margariteno führte dagegen – mit Recht – ins Feld, daß man sich im Leben in gewissen Augenblicken abwegige
    Sentimentalitäten nicht leisten konnte.
    »Wenn es hart auf hart kommt, sind die Kettenkugeln vielleicht unsere Rettung, und ich verspreche euch, daß ich sie nur einsetzen werde, wenn es uns wirklich an den Kragen geht«, besänftigte er aufkeimenden Widerstand. »Aber wir brauchen die Sicherheit, daß sie da sind und wir auch damit umgehen können, wenn uns
    der Feind zahlenmäßig und an Waffen überlegen ist.«
    »Das ist Schurkerei«, beschwerte sich der Erste Offizier.
    »Eine größere Schurkerei wäre es, wenn vierhundert
    Männer dein Schiff entern und dir die Kehle durch-
    schneiden«, schallte es gallig zurück.
    Aus solchen Diskussionen hielt sich Celeste tunlichst heraus. Allerdings fand auch sie, daß man die Männer ständig auf Trab halten mußte, denn Langeweile und
    eine laxe Einstellung wurden der Mannschaft auf langen Überfahrten oft zum Verhängnis.
    Daher befahl sie den Zimmerleuten, aus einem leeren Wasserfaß ein einfaches Floß mit Segel zu bauen, das man ins Meer warf. Dann schickte sie Segel- und
    Toppsgasten auf die Masten und ließ das Schiff einen weiten Kreis um das Ziel fahren, auf das sich die Kanoniere einschießen konnten.
    Außerdem bestand sie darauf, daß alle Zeitpläne auf den Schlag einer Glocke genau eingehalten wurden.
    Dabei herrschte die gleiche Strenge wie bei der britischen Kriegsflotte. So hatte jedes Besatzungsmitglied bald eine sehr klare Vorstellung von seiner Aufgabe auf einem Schiff, auf dem alles mit der Präzision eines Uhrwerks ablief. Inzwischen entfernte sich die Dama de Plata allmählich von den Küsten der Neuen Welt.
    Jeden Tag zeigte sich aufs neue, daß Celeste nicht nur ein standfestes und entschlossenes Mädchen war, das sich in den Kopf gesetzt hatte, eine so schwierige und in den Augen der Mehrheit nutzlose Mission durchzu-führen, sondern daß sie außerdem – und vielleicht in erster Linie – eine tüchtige Organisatorin war, die ganz genau wußte, und das auch noch im voraus, wie sie sich zu verhalten hatte.
    Diskret hielt sie Abstand zu den Männern, besonders zu den jüngsten. Mit Hochmut hatte das allerdings
    nichts zu tun, ganz im Gegenteil: Stets war sie für alle zugänglich, die ihre Hilfe oder ihren Rat benötigten.
    Zwar trug sie weite, schmucklose Männerkleidung,
    doch ihre lange, dunkle schöne Mähne ließ sie stets im Wind flattern. Damit machte sie wohl klar, daß sie sich zwar immer noch als Frau ansah, ihr Geschlecht jedoch nichts mit ihren Pflichten zu tun hatte und sie als Ausrüsterin eines Schiffs so erfahren war wie der schmie-rigste und übelriechendste Kaufmann aus Lissabon oder Liverpool.
    Ihr Gerechtigkeitssinn an Bord wurde erstmals in der Woche gefordert, als die Möwen vor der Küste von Guyana nicht mehr zu sehen waren. Da beschwerte sich
    ein junger Mann, der am Davit als Wachposten einge-
    teilt war, einer seiner Gefährten im Schlafsaal habe ihm während seiner letzten Wache die Golddublone gestoh-len, die jedes Besatzungsmitglied als »Vorschuß« erhalten hatte.
    »Na schön, mein Junge«, räumte Kapitän Buenarrivo
    ein, der gerade neben dem Mädchen auf dem Achter-
    kastell stand. »Man hat dich also bestohlen. Denk aber daran, daß das eine schwere Anschuldigung ist. Hast du eine Ahnung, wer der Schuldige sein könnte?«
    »Jeder im Schlafsaal, wie gesagt.« Der Angesproche-
    ne war sich

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