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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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In-szenierung war, hatte winzige Spiegelscherben in die hohen Mauern eingefügt. Diese reflektierten die Sonnenstrahlen im Abendlicht so sehr, daß man meinen
    konnte, es handelte sich bei dem Gebäude um eine fan-tastische Feuerwerksburg.
    Die fast irreale Stille des afrikanischen Abends lag über dem Land. Sicher, wie er war, daß er niemals
    mehr den Mond würde lächeln sehen, empfand der Mu-
    latte den Drang, ins Wasser zu gleiten und sich von der Strömung forttragen zu lassen, um so zu sterben wie sein Vater und damit, wenigstens in diesem kleinen
    Detail, die Pläne der Götter zu vereiteln.
    Während ihm das Wasser die gespreizten Beine be-
    netzte, wurde ihm klar, daß einige Minuten genügt hatten, die vielfältigen Lehren des Marabuts zu vergessen.
    Auf einen Schlag hatte er seine Ursprünge zurückge-
    wonnen und akzeptierte, daß seine Haut, sein Blut und auch seine Götter schwarz waren.
    Und die schwarzen Götter hatten sich nun gegen ihn
    gestellt.
    Sakhau Ndu hatte lediglich das Innerste seiner Seele zum Vorschein gebracht, das dort schon immer ge-schlummert hatte. Von dem Augenblick an, als er gesehen hatte, wie der Rauch den kupferfarbenen Licht-
    strahl kreuzte, verstand er, daß ihn das Glück verlassen hatte, das Urteil über ihn gesprochen war und alle seine Missetaten zum Himmel schrien und nach Strafe ver-langten.
    »Wir sehen uns in der Hölle«, waren die letzten Worte seines Vaters gewesen, und die Sonne, die sich bereits verbarg, war ihm ein klares Zeichen, daß diese Begegnung unmittelbar bevorstand.
    Er ließ sich langsam treiben, plätscherte im Wasser wie ein Kind, versank in Gedanken und bemühte sich, neue Wege zu sehen, die ihn in eine weniger düstere Zukunft führen konnten als jene, die man ihm prophezeit hatte.
    Keinen Augenblick hatte er an der Aufrichtigkeit des Zauberers gezweifelt, als dieser ihm erzählte, was er im Rauch gesehen hatte, denn er wußte sehr genau, daß
    niemand lügt, wenn er durch diese Lüge den Kqpf verlieren kann, und niemand redete zu einem König so,
    wie Sakhau Ndu es getan hatte, wenn er nicht wirklich daran glaubte, was er sagte.
    Das Problem lag nicht darin, ob man dem Weisen des
    Feuers glaubte, sondern ob man akzeptierte, daß er
    recht hatte und genau das geschehen würde, was er vorausgesagt hatte, bevor der Mond wieder aufgehen wür-de.
    »Er muß sich irren«, murmelte er schließlich leise. »Er muß sich in etwas täuschen, und wenn er sich in etwas täuscht, dann täuscht er sich ganz. Die Lösung liegt darin, ihn zu töten.«
    Diese absurde Logik war typisch für Mulay-Ali: Wenn er erreichte, daß der Schamane vor ihm starb, dann hatte Sakhau Ndu bei seinen Prophezeiungen einen Irrtum begangen, und wenn er im Detail irrte, dann konnte er auch beim Wesentlichen irren.
    Mulay-Ali schwamm daher immer schneller, bis er
    fast atemlos das Kanu erreichte, das er flußabwärts an Land gezogen hatte. Er bemerkte, daß ihn der stets
    gleichmütige Weise des Feuers vom Turm seines Pa-
    lasts aus beobachtete.
    Seine Augen mit den weiten Pupillen, die einen un-
    bewegt anstarren konnten, ohne nur einmal zu blinzeln, folgten jeder Bewegung des Mulatten, bis dieser schnell davonruderte, ohne sich umzudrehen. Erst jetzt wandte sich der Schamane an die wunderschöne Frau, die hinter ihm stand, und flüsterte: »Wir müssen aufbrechen, bevor er seine Leute schickt, um mich umzubringen.«
    »Du hättest nicht so hart mit ihm umspringen dürfen«, entgegnete seine Frau fast verblüffend unbefangen.
    »Ich habe dir geraten, behutsam vorzugehen.«
    »Die Götter pflegen nicht behutsam zu sein«, bemerk-te Sakhau Ndu etwas müde und bedrückt. »Sie sagen,
    was ihnen gefällt, und meine Pflicht ist es, ihre Worte exakt wiederzugeben.« Er zuckte mit den Schultern.
    »Was kann ich dafür, wenn sie über diese üble Bestie so wütend sind?« Er lächelte ein wenig: »Weißt du, was merkwürdig ist? Ich habe den Eindruck, daß sie ihm in Wirklichkeit nicht zürnen, weil er soviel gemordet, geschändet oder versklavt hat, sondern weil er sich oh-ne echte Berufung zum Islam bekehrt hat.«
    »Der Grund ihres Zorns ist jetzt nicht wichtig«, versetzte sie. »Was zählt, ist die Tatsache, daß uns jetzt die Wut Mulay-Alis droht. Wohin wirst du gehen?«
    »Nach Süden.«
    »Nach Süden?« wiederholte die schöne Frau, deren
    makelloses Antlitz sich ansonsten niemals veränderte.
    Jetzt aber ließ sie doch einige Sorgenfalten sehen. »Aus dem Süden kommt die

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