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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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Tollwut.«
    »Eine solche Tollwut gibt es nicht«, urteilte Sakhau Ndu. Er drehte sich wieder um und betrachtete das da-vonrudernde Kanu. Schon brachen die Schatten der
    Nacht über den Fluß herein. »Es hat sie nie gegeben.«
    »Was soll das heißen, es hat sie nie gegeben?« fragte die Frau erstaunt. »Die Leute sagen…«
    »Was die Leute sagen, pflegt wenig mit der Realität gemein zu haben«, unterbrach sie der Schamane. »Und wenn die Götter versichern, daß eine solche Epidemie nicht existiert, dann ziehe ich es vor, ihnen zu glauben.«
    Zeud Sekature, Prinzessin vom Stamm der Calabar,
    hatte keinen Augenblick gezögert, die Bequemlichkeiten ihres heimatlichen Herds und den Schutz ihrer
    mächtigen und einflußreichen Familie aufzugeben, um blind dem rätselhaften Weisen des Feuers vom Stamm
    der Bamileke zu folgen, der ihr Herz mit einem einzigen Blick erobert hatte. Niemals hatte sie an den außer-ordentlichen Kräften ihres Ehemanns gezweifelt, aber jetzt schauderte ihr doch ein wenig, wenn sie daran dachte, was passieren würde, sollte er nicht recht behalten und sie der schlimmsten aller Seuchen direkt in die Arme laufen.
    »Und wenn die Götter sich irren?« fragte sie schließ-
    lich fast tonlos. »Was wird dann aus uns?«
    »Die Götter irren sieh niemals«, tadelte er sie und blickte sie wieder an. »Wenn sich jemand irren sollte, dann bin ich es, und wenn das so ist, verdiene ich, dafür zu zahlen.«
    »Und die Kinder?« jammerte sie. »Was können die
    Kinder dafür?«
    Der Schamane streichelte mit großer Zärtlichkeit die geliebte Haut, die so schwarz war wie die finsterste Nacht, aber so schimmernd wie der herrlichste Sonnenaufgang. Schließlich legte er die Kuppe seines Zeigefingers auf ihre erregenden Lippen.
    »Vertraue mir!« bat er. »Vertraue den Göttern, die
    dort unten im Süden herrliche Dinge ankündigen.« Ein ums andere Mal nickte er, als wollte er sich selbst von seinen Worten überzeugen lassen. »Die Welt wird sich ändern«, fügte er hinzu. »Ich weiß nicht, wie, warum oder wie lange, aber ich fühle, daß sich Jahre voller märchenhafter Wunder nähern, derentwegen alles sehr anders werden wird.«
    »Oft machst du mir angst«, bedauerte sie. »Manchmal habe ich den Eindruck, daß du alles über die Pläne der Götter weißt, aber in anderen Augenblicken oft so rat-los bist wie der unwissendste Ziegenhirte.«
    Der Bamileke nahm auf einer Zinne des Turms Platz,
    streichelte sie zärtlich, damit sie sich auf seine Knie setzte, umfaßte ihre Taille und küßte sie leicht auf den Hals.
    »Ich kann weder jemals alles wissen noch völlig un-
    wissend sein«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Unzählige Male habe ich dir schon erklärt, wie sich die Götter darin gefallen, uns auf einen Weg zu bringen, der sich ständig gabelt, bis aus ihm ein riesiges Labyrinth wird. Sie wissen, wohin jeder einzelne Weg führt, und sie gestatten es uns, den unsrigen frei auszuwählen. Sie sorgen sogar dafür, daß sich diese Wege ab und zu wieder kreuzen, damit wir unsere Irrtümer korrigieren können.« Er gab ihr noch einen Kuß. »Mir haben sie die Macht verlie-hen, im Rauch und Feuer zu lesen, welche dieser Wege gut und welche schlecht sind, aber nichts weiter«,
    schüttelte er den Kopf. »Wenn ich absolut ehrlich sein soll: Oft habe ich den Eindruck, daß nicht einmal die Götter wissen, was das wahre Ziel jedes Menschen ist«, lächelte er bitter. »Sie verlieren sich in ihrem eigenen Labyrinth.«
    »Das heißt, sie täuschen sich, und gerade eben hast du versichert, daß sich die Götter niemals irren.«
    »Sich verlieren und sich täuschen sind zwei sehr unterschiedliche Dinge«, argumentierte er. »Du kannst dich verirren, weil der Weg schlecht beschildert ist, was dann nicht deine Schuld ist.« Er gab ihr einen liebevol-len Klaps auf den Po, damit sie aufstand. »Vielleicht passiert das gerade mit den Göttern, obwohl ich nicht glaube, daß wir darüber jetzt diskutieren sollten.«
    Es war finstere Nacht, als sie zusammen mit ihren vier Kindern und sechs Dienern auf ihr Boot gingen, ein
    langes Kanu, auf dem sie allen Besitz verstaut hatten, der ihnen wirklich etwas galt. Als sie zum letzten Mal über die Schwelle ihres Hauses gingen, mußte der
    Schamane seine kummervolle Familie trösten.
    »Weint nicht«, bat er. »Wir kommen zurück.«
    »Wann?«
    »Bald«, versprach er. »Sehr bald.«
    »Aber vielleicht gibt es dann das Haus nicht mehr«, beklagte sich Zeud Sekature bitter. »Mulay-Ali

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