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Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Titel: Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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wollte, mein Herz und meinen Verstand zu verlieren oder Dinge zu tun, für die ich mich später würde entschuldigen müssen. Der Drang, auf die Knie zu fallen und sie anzubeten, wurde immer stärker in mir.
    „Tja, du wirst noch in Ruhe einen Tee trinken wollen, bevor du zur Arbeit gehst”, brachte ich mühsam hervor und ging in Richtung Tür. Schön, dich kennen gelernt zu haben.”
    „Dito”, erwiderte sie und schloss lächelnd die Tür hinter mir. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mich gar nicht vorgestellt hatte.
    Ich verbrachte den Tag damit, den Kleiderschrank aufzubauen, Kisten und Kartons auszupacken, meine zwei Zimmer wohnlich zu machen. Gegen Mittag beschloss ich, eine Kleinigkeit essen zu gehen, und fand ein Bistro schräg gegenüber. Von meinem Tisch aus konnte ich direkt auf das Haus sehen, in dem ich nun wohnte.
    Nach dem Essen machte ich einen kleinen Spaziergang kreuz und quer durch das Viertel, kaufte ein paar Lebensmittel in einem Supermarkt ein und trank in einem zweiten Bistro einen Kaffee. Ich blätterte die Stellenanzeigen in den Zeitungen durch, fand jedoch nichts, das interessant für mich war. Ich zahlte und marschierte nach Hause. In der Küche packte ich die Lebensmittel aus, beschloss nach kurzen Überlegen, den Kühlschrank von außen und innen zu säubern, und inspizierte Besteck und Geschirr. Man brauchte keine detektivischen Fähigkeiten, um herauszufinden, dass in dieser Küche schon lange nicht mehr gekocht worden war. Es gab nur einen einzigen Topf, und jeder Versuch, eine darin zubereitete Nahrung zu sich zu nehmen, hätte sehr wahrscheinlich einen schnellen Tod zur Folge gehabt. Ich beschloss, gründlich sauberzumachen, und warf alles, was unbrauchbar schien, in einen großen Karton, den ich in den Hof zu dem anderen Müll trug. Manchmal lauschte ich an der Wand meines Zimmers, um herauszufinden, ob Diana schon zurückgekehrt war, wurde aber jedes Mal aufs neue enttäuscht. Nebenan war es lautlos und still.
    Als der Abend kam, befiel mich das Heimweh. Ich war allein in der Wohnung und wünschte, ich hätte Gesellschaft gehabt. Stille kroch wie ein hässlicher Käfer durchs Zimmer. Ich legte Musik auf, um mich gegen die Schwermut zu wappnen, die sich allmählich ankündigte – eine ruhige Platte von Brinsley Schwarz, die ich einmal für viel Geld in einem Second-Hand-Shop erstanden hatte, nur um zu Hause festzustellen, dass sich auf dem zweiten Song der ersten Seite ein anderthalb Zentimeter langer Kratzer befand.
    Als ich es trotz Musik nicht mehr aushalten konnte, zog ich eine Jacke an und ging auf die Straße hinab.
    Die Luft war mild und roch noch immer nach Sommer. Studenten wogten in Gruppen die Bürgersteige entlang, lärmten und trugen ihre gute Laune wie funkelnde Siegespokale mit sich herum. Mädchen in kurzen Kleidern reizten die Sinne. Aus den vorbeifahrenden Autos quoll Hip-Hop-Musik oder der unbarmherzige Sound solifräsender Hardcore-Gitarren. Schrilles Lachen flog über die Zülpicher Straße wie Schwalben im Tiefflug, und die Lichter der Cafés und Kneipen, die dicht an dicht folgten, schienen ein urbanes Wetterleuchten oder Polarlicht zu sein, das diese Welt mit Magie überzog. Ich fühlte mich wie ein neuer Kolumbus, der daran glaubte, endlich Indien gefunden zu haben. Was spielte es schon für ein Rolle, wenn es sich morgen oder in einer Woche als unbedeutendes Eiland vor dem amerikanischen Festland herausstellen sollte? Aus der Kneipe vor mir schwappte ein altes Stück von den Stones. Ich ging hinein mit dem festen Entschluss, mir zur Feier des Tages die Kante zu geben. Es war gut, am Leben zu sein.
     
    ****
     
    Es war gegen vier, die Straße war mit zerschlagenen Gläsern und Dreck übersät. Vor dem irischen Pub wälzten sich zwei Männer im Schmutz und schlugen aufeinander ein.
    „Fuck you!”
    „No man, fuck you!“
    Eine Straßenbahn fuhr vorsichtig an ihnen vorüber.
    Ich schwankte, war aber dennoch nüchtern genug, um den hinter mir liegenden Abend als komplette Pleite verbuchen zu können. Stundenlang hatte ich am Tresen gehockt, auf ein geheimes Kommando hin die Anlegestelle für Heerscharen Anschluss suchender Zeitgenossen, die allesamt bekloppt, degeneriert oder wahnsinnig waren. Sie hatten Biere und Zigaretten geschnorrt, mir ein Ohr abgekaut und die Euphorie, die mich kurz zuvor noch gepackt hielt und alles mit dem Zauber des Neuen versah, in Rekordzeit in Abscheu verwandelt. Später versuchten sie, mich um Geld anzupumpen, und traten mit

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