Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)
Natur an den Tag legen konnte, wenn sie beschloss, mit der Schönheit gemeinsame Sache zu machen. Das makellose Stück wurde mehr als unzureichend von einem winzigen schwarzen Tanga bedeckt, der mit Rüschen verziert war und meine Körpertemperatur augenblicklich hochschnellen ließ. Plötzlich verstand ich, weshalb jahrzehntelange Männerfreundschaften einer Frau wegen zerbrachen und selbst Blutsbrüder anfingen, bewaffnet aufeinander loszugehen. Es war absolut albern, aber mein erster Impuls war, auf die Knie zu fallen und Dianas Schönheit zu preisen. Ein winzigkleiner Rest von Selbstachtung bewahrte mich glücklicherweise davor, es wirklich zu tun. Ich betrat ihre Wohnung, dankbar und gerührt, und mit einem IQ, der plötzlich kleiner als zehn war.
Der Sänger mit der gequälten Stimme greinte noch immer eine düstere Weise über seine große Sehnsucht, dem Tod zu begegnen, aber inzwischen war er höflich genug, es leise zu tun. Die Wände des Wohnzimmers waren nachtschwarz gestrichen. Auch alles andere in der Wohnung war schwarz: die Möbel, die Vorhänge an den Fenstern, die Kerzen in ihren Haltern, das Geschirr in der Küche, selbst der exotische Fisch, der einsam in seinem Aquarium schwamm. Sogar für einen verzauberten Deppen wie mich war es unübersehbar, dass meine schöne Nachbarin eine Gothic-Lady war.
Ich schenkte mir eine Tasse Tee ein und nahm Platz in einem schwarzen Sessel am Fenster, aus dem man hinab auf den Innenhof sah. Mein Geist ging etwas vorschnell auf eine lüsterne Reise, das Schwellkissen schwoll. Peinlich berührt zog ich mein T-Shirt nach unten, weil ich nicht wollte, dass Diana, wenn sie aus dem Badezimmer kam, meinen Ständer bemerkte. Ich bemühte mich, an sachlichere Themen zu denken, an die bundesdeutsche Außenhandelsbilanz und die Probleme, die die Wirtschaft hatte, neue Märkte zu finden. Als Diana aus dem Badezimmer kam, hatte ich mich einigermaßen unter Kontrolle.
„Sorry, dass ich dich ein wenig vernachlässigen muss”, perlte es wie süßester Nektar von ihren Lippen, „aber morgens ist bei mir immer die totale Hetze angesagt. Ich hoffe, die Musik war nicht zu laut. Oder hat sie dich etwa gestört?”
„Nein, gar nicht”, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. „Ich war sowieso auf den Beinen.”
„Hast noch jede Menge zu tun, was? Kenn’ ich. Umzüge können echt anstrengend sein.”
Immer noch war sie nur mit BH und Tanga bekleidet, und wie um mein junges, neues Glück perfekt zu machen, drehte sie mir erneut den Rücken zu und bückte sich, um ein Kleid aus einer schwarzen Kiste zu nehmen.
„Wie findest du Monty?”, fragte sie mich und schlüpfte in das Kleid, das kürzer war, als ich erhoffen konnte. „ Ich finde, er ist ein ziemlich seltsamer Kerl. Aber irgendwie ist er auch nett.”
„Ich weiß nicht, wie ich ihn finde. Ich hab’ ihn noch gar nicht kennen gelernt.”
„Oh!”, machte sie. „Dann mach dich besser auf eine Überraschung gefasst. Ich kenn’ ihn ziemlich gut, weil ich bis vor kurzen drüben bei ihm gewohnt hab’. Er ist ...”
„Ja?”
„Er ist anders als jeder Mensch, den ich sonst kenn’.”
„Was meinst du mit anders?”
„Anders halt. Du wirst es schon merken.”
Ich bekam es mit der Angst zu tun. Wer war dieser Monty? Ein Schizo, bei dem ich Acht geben musste, nicht ums Leben zu kommen? Derlei Überlegungen wurden jedoch dadurch zunichte gemacht, dass Diana vis-a-vis Platz nahm, um schwarze, halterlose Strümpfe anzuziehen. Scheinbar war sie sich der Wirkung, die es auf mich hatte, nicht bewusst. Es war offenbar natürlich für sie, und wenn ich mit diesem Anblick Schwierigkeiten hatte, dann lag es an mir, mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden.
Schwarz lackierte Fußnägel lugten, wilde Phantasien erzeugend, durch die dunkle Transparenz der seidigen Strümpfe, die von Dianas langen und beringten Fingern behutsam glatt gestrichen wurden. Für einen Augenblick glaubte ich, sie habe vergessen, dass ich anwesend war. Staunend und überwältigt hielt ich die Luft an, als wäre ich der Zeuge eines gigantischen Wunders: ein Vierjähriger beim Anblick des geschmückten Weihnachtsbaumes, der seine Geschenke entdeckt und damit den definitiven Beweis in Händen hält, dass die Geschichten über das Christkind der Wahrheit entsprechen.
Ein wenig widerwillig entschied ich, dass ich mich von diesem Anblick losreißen musste. Dass es besser für mich war, Diana jetzt zu verlassen, wenn ich nicht Gefahr laufen
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