Pitch Black
und ging. Die Tür fiel ins Schloss, und der Klang hatte etwas von Endgültigkeit.
Als Gabe weg war, blieb Madison einige Minuten mit geschlossenen Augen stehen und versuchte, ihre Wut zu bezähmen.
Tränen standen ihr in den Augen, aber sie würde sie nicht fließen lassen–weil sie ihr alle aus dem falschen Grund kamen.
Sobald sie das Zittern, das der Verrat in ihr ausgelöst hatte, und ihre Scham wieder unter Kontrolle hatte, ging sie in Ethans Zimmer hinauf. Sie klopfte gar nicht erst an.
»Also gut, Ethan. Ich weiß, dass du etwas vor mir geheim hältst. Nach dem, was sich gerade unten abgespielt hat, weihst du mich wohl besser ein.«
Ethan lag mit dem Rücken zu ihr auf dem Bett. Ruckartig rollte er sich herum und sprang auf. »Du glaubst, ich habe gestern Nacht was angestellt! Du glaubst ihm mehr als mir!« Er schlug sich mit der Faust gegen die Brust.
Sosehr ihr auch danach war, genauso laut wie er zu schreien, hielt sie doch lange genug inne, um ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Nein, ich glaube nicht, dass du letzte Nacht unterwegs warst. Und ich werde niemals jemand anders mehr Glauben schenken als dir, solange ich darauf vertrauen kann, dass du dich an unsere Abmachung hältst. Wir haben uns versprochen, uns nicht anzulügen, selbst wenn wir den anderen mit der Wahrheit verletzen. Aber in letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass du dich nicht mehr an diese Abmachung hältst. Ich glaube nicht, dass du mich direkt angelogen hast, aber Auslassungen sind auch Lügen, und die müssen aufhören.«
Sie wartete und sah zu, wie seine Schultern sich hoben und senkten, während er wütend ein- und ausatmete. Seine Kiefer spannten sich an und sperrten alles ein, was er vielleicht von sich gegeben hätte.
»Ethan, die Sache sieht wirklich nicht gut aus. Wenn du bloß neulich nachts nicht mein Auto genommen hättest.«
»Ich bin gestern Nacht nicht damit gefahren!«
Sie hob beschwichtigend die Hand. »Das weiß ich. Aber überleg dir, wie es auf jemanden wirkt, der dich nicht kennt. Du bist neulich mit meinem Wagen erwischt worden. Deine Mütze lag auf der Brücke. Da du aus der Stadt kommst, glauben die Leute, du kannst alles beschaffen, an das Kinder eigentlich nicht rankommen sollten. Wir kämpfen im Moment nicht gegen das, was ist, sondern gegen die Wahrnehmung dessen, was sein könnte.«
»Colin muss meine Mütze gehabt haben. Ich schwöre, dass sie nicht bei meinen Sachen war, als ich sie zurückbekommen habe.«
Sie packte ihn bei den Schultern und schob ihn nach hinten, bis er mit den Kniekehlen gegen den Bettpfosten stieß und sich setzen musste. »Mich musst du nicht überzeugen. Ich glaube dir. Aber ich bin sicher, dass auf diesem Berg mehr passiert ist, als du mir erzählst.«
Er wandte den Blick ab.
»Ethan! Du musst es mir erzählen, egal, was es ist. Du machst es für dich und alle anderen nur immer noch schlimmer. Lass mich dir doch helfen!«
Sie setzte sich neben ihn und versuchte, zu ihm durchzudringen. »Es hat etwas mit Jordan zu tun.«
Sie wartete. Sie würde so lange warten, wie es nötig war.
Ethan ließ seine Knöchel knacken und starrte auf den Boden.
Lange Zeit war nur sein jagender Atem und das nervige Knacken der Gelenke zu hören.
Die Minuten vergingen. Madison zwang sich, ihn nicht weiter mit bittenden Worten zu bedrängen.
Schließlich stand Ethan auf und ging zum Fenster. Mit dem Rücken zu ihr sagte er: »Er hat es nicht mit Absicht getan.«
13
Kate saß in dem abgedunkelten Zimmer und dachte daran, wie die Samstage früher verlaufen waren. Steve und sie hatten so hart daran gearbeitet, Jordan aus seinem Schneckenhaus herauszuholen und dafür zu sorgen, dass er mehr Anschluss an Gleichaltrige fand. Bis zu ihrer Beziehung mit Steve war ihr vor lauter Trauer über die Scheidung von Bobby völlig entgangen, in welchem Maß Jordan zum Außenseiter geworden war.
Steve hatte das Gott sei Dank sofort erkannt.
Egal, wie beschäftigt Steve gewesen war, er hatte an den Samstagen immer Zeit gefunden, mit Jordan etwas zu unternehmen. Er hatte nie gewollt, dass sie mitkam, hatte immer gesagt, das sei Männersache und diene dazu, die Beziehung zwischen ihm und Jordan zu vertiefen. Er hatte gewollt, dass diese Stunden etwas Besonderes waren und nur ihnen beiden gehörten.
Manchmal hatten sie Bergtouren gemacht. Manchmal, wenn Steve als Trainer gearbeitet hatte, hatte er Jordan mitgenommen, um ihm die Grundlagen beizubringen und ihm das Gefühl zu geben, er gehöre
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