Pitch Black
Menge zu reden habt.«
Ethan schaffte es, einen ersten Satz zu formulieren, und seine Stimme klang auch nur leicht zittrig. Sie lächelte ihm ermutigend zu und verließ das Zimmer.
Ein paar Minuten blieb sie im Flur stehen und überlegte, ob sie wirklich losgehen und sich einen Kaffee holen sollte. Doch dann beschloss sie, lieber in der Nähe zu bleiben, falls Ethan sie brauchen sollte.
Sie lehnte sich neben der Tür an die Wand und lauschte dem gedämpften Ton des Fernsehers, zu dem sich gelegentlich Ethans Stimme gesellte, die sie nur als Murmeln wahrnehmen konnte. Sie schickte ein stilles Gebet gen Himmel, dass diese Zeit, welche die beiden Jungs in dem sicheren Gefühl ihrer Freundschaft allein miteinander verbrachten, Jordan helfen würde, sich wieder mitteilen zu wollen.
Plötzlich stieg Ethans Stimme an. Nervös hörte sie ihn sagen: »Was? Was ist los?«
Madison stieß die Tür auf, trat rasch ein und zog sie hinter sich zu. Falls Jordan redete, wollte sie nicht, dass eine Krankenschwester hereinplatzte und ihn unterbrach.
Jordans entsetzter Blick war auf den Fernseher gerichtet. Die Sendung widmete sich inzwischen dem Überleben der Eisbären. Auf dem Bildschirm wurde gerade gezeigt, wie einer von ihnen getötet wurde und sich auf dem unbefleckten weißen Schnee ein großer roter Fleck ausbreitete.
Tief unten aus Jordans Kehle kam ein ersticktes Schluchzen.
Dann sah er Ethan an und fing an zu schreien: »Er hat es nicht absichtlich getan!«
Ethan hatte seinen Sessel nach hinten geschoben, weg von Jordan. Er sah fast genauso entsetzt aus wie Jordan.
Maddie starrte erst auf den Fernseher, dann auf Jordan.
»Er hat es nicht absichtlich getan«, schrie Jordan jetzt nicht mehr ganz so laut. »Es war ein Unfall…ein Unfall.«
Madison schien keine Angst zu haben. Sie lehnte sich zu Jordan und fragte: »Wer hat es nicht absichtlich getan, Jordan? Redest du von deinem Stiefvater? Redest du von Steve?«
Jordan zog die Beine auf den Sessel hoch und presste die Knie gegen die Brust. »Es war ein Unfall…ohhh…nein!«, schrie er. »Neiiiiiin!« Sein Gesicht war angstverzerrt.
Vanessa stürzte zur Tür herein. »Was ist passiert?« Sie ging zu Jordan, der das Gesicht auf den Knien verbarg.
Ethan brachte keinen Ton heraus.
Maddie sagte: »Wir haben im Fernsehen eine Dokumentation gesehen. Dann wurde plötzlich etwas anderes gezeigt, und ich bin nicht schnell genug an die Fernbedienung gekommen.« Sie deutete mit dem Kopf auf den Fernseher, wo das Schlachten weiterging.
Ethan traute seinen Ohren nicht. M log. Sie hatte nicht mal versucht, nach der Fernbedienung zu greifen.
Vanessa stellte sich direkt vor Jordan. »Mach den Fernseher aus«, sagte sie zu Ethan, dann sprach sie sanft auf Jordan ein.
»Hat er irgendetwas gesagt oder nur geschrien?«, wandte sie sich schließlich an Maddie.
Ethan beobachtete M genau, als sie antwortete. »Er hat einfach angefangen zu schreien.« Er hätte ihr nicht ansehen können, dass sie log. Und dabei waren ihr Ehrlichkeit und Vertrauen immer so wichtig gewesen. Er konnte es schier nicht glauben.
Jordan war jetzt wieder etwas ruhiger und hatte aufgehört zu schreien. Immer noch verbarg er das Gesicht und weinte leise vor sich hin.
Vanessa drehte sich zu Madison und sagte: »Ich fürchte, ich muss Sie bitten zu gehen. Das hier sieht nach einem Durchbruch aus. Ich rufe sofort seinen Arzt.«
»Natürlich.« Madison bedeutete Ethan, ihr nach draußen zu folgen.
Ethan warf Jordan einen letzten Blick zu. Er hätte gern etwas gesagt, damit Jordan sich besser fühlte, irgendetwas, damit er sich nicht so fürchtete.
Wenn er nur gewusst hätte, was.
Als sie auf den Flur traten, kamen ihnen Todd und Mrs McPherson entgegen.
Mrs McPherson sah sie wütend an. »Was wollt ihr denn hier?«
»Wir haben Jordan besucht«, entgegnete Madison.
Kate McPherson warf einen besorgten Blick in Richtung Jordans Zimmer. Sein gedämpftes Weinen war bis in den Flur zu hören. »Was habt ihr mit ihm gemacht? Es ging ihm so viel besser!«
Sie starrte Ethan so anklagend an, dass es sich anfühlte, als würde ihm jemand ein Messer in den Bauch jagen. »Nichts…wir…«, stammelte er.
»Du…« Sie tippte ihm mit dem Finger auf die Brust, sodass er einen Schritt zurückwich. »Du solltest gar nicht hier sein!«
Todd nahm Kate am Ellbogen. »Ganz ruhig, Kate. Ich bin sicher, sie haben nichts getan.«
Sie entriss ihm den Ellbogen.
»Todd hat recht. Wir haben nur mit ihm ferngesehen.«
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