Pitch (German Edition)
ich sage Ihnen, Doktor, das wäre ein echter
Knaller geworden, und warum ist es kein Knaller geworden, fragt
Dörik, weil die Idee von mir stammt, sie hätten die mal
hören sollen, wie die aufgestöhnt haben, bisschen platt,
das geht ja völlig an der Sache vorbei, nein, das geht g-a-a-r
nicht, so etwas musste ich mir anhören, verstehen Sie, Doktor,
egal, womit ich komme, ich kann damit nicht landen, ich verstehe,
sagt Dörik, da haben wir wieder das Problem mit der Stablampe,
hier scheint die Stablampe für eine Art Geistesblitz zu stehen,
für eine Erleuchtung, mit der Sie in die Grube Ihrer Karriere
hinabsteigen, um sie erneut in Schwung zu bringen, aber womit Sie
auch kommen, Sie finden den richtigen Ansatzpunkt nicht, meinen Sie,
ja, das meine ich, sagt der Doktor, Dörik hat jetzt genug von
diesen Geschichten, höchste Zeit, das Gespräch in andere
Bahnen zu lenken, es ist das Problem des Nichtkönnens, und damit
möchte ich noch einmal auf die Variation in Ihrem Traum
zurückkommen, die Hand, die aus dem dunklen Loch nach Ihnen zu
greifen scheint, das Grauen, das Sie beim Anblick dieser Hand
empfanden, warum, Herr Doktor, was hat sie denn mit meiner Arbeit zu
tun, nun, sagt der Analytiker, mir scheint sie der Ursprung und
gordische Knoten Ihres Unvermögens zu sein, jetzt ist es Anselm
Hoffmann, der mhm sagt, haben Sie nicht von dem Gefühl des Sogs gesprochen, von
der Angst, in die Tiefe gezogen zu
werden, in die Grube zu fahren, fragt der Psychologe, ist es nicht
eine Form der Todesangst, Anselm bestätigt es durch ein weiteres
nachdenkliches Mhm ,
er windet sich unangenehm berührt auf der für ihn zu kurzen
Liege, der Arzt fährt fort, und die Hand, war es eine zarte,
weiße Frauenhand, oder, er macht eine Pause, eine Männerhand,
die Hand eines alten, kalten Mannes, ja, sagt Anselm, die Frage offen
lassend, ob es nun eine männliche oder weibliche Hand war, doch
dem Psychologen, der drängend, fragend, behauptend und erzählend
fortfährt, scheint dies auch einerlei zu sein, und Sie, Sie
sehen sie vor sich, diese Hand, die nach Ihnen zu greifen versucht,
löst sie nicht Fluchtgedanken in Ihnen aus, ja, sagt Anselm,
jajaja, ist, fragt Dörik, die Hand nicht die Ihres Vaters, der
in der Grube Ihren Wagen repariert, Anselms Augen weiten sich, sind
Sie nicht das Kind, das nicht erwachsen werden will, das stets den
Vater braucht, der es richtet für Sie, Anselm antwortet nicht,
aber Schweißtröpfchen bilden sich auf seiner Stirn, sehen
Sie, fragt Dörik, in dieser Hand nicht beides, die Hand, die Sie
zur Verantwortung zieht, wie auch die Hand, die Sie in die Grube, ins
Grab, zieht, dorthin, wo Sie Ihren Vater hingebracht haben, meinen
Sie, Herr Doktor, fragt Anselm zweifelnd, er denkt an seine Kindheit,
an Sätze seiner Eltern, die seine Hilfe bei Hausarbeiten oder
Reparaturen immer mit einem verscheuchenden geh
spielen abgelehnt
hatten , irgendwie,
sagt er, glaube ich nicht so ganz an diese ödipale
Vatermordgeschichte, soso, sagt Dörik, und wie erklären Sie
sich dann diese Hand aus dem Grab, diese aus der Tiefe nach oben
drängende, an die Oberfläche zurückkehrende Hand, die
gegen Sie zeugt, die Sie zu einer Verantwortung zieht, die Sie sich
zu übernehmen scheuen, denken Sie darüber nach, ist es
nicht genau das Problem, das Sie auch an Ihrer Arbeit hindert, etwas,
das jeden Ihrer Beiträge in die Beliebigkeit abgleiten lässt,
der dann von Ihren Kollegen intuitiv abgetan wird, Sandkastenspiele,
Räuberpistolen, einfach nur, nehmen Sie es mir nicht übel, Pengpeng ,
viel Rauch um nichts, wollen Sie das abstreiten, wollen Sie das
bezweifeln, fragt der Analytiker, nein, will ich nicht, sagt Anselm
und gibt sich geschlagen, weniger deshalb, weil er sich Döriks
Deutung anschließt, eher, weil er sich immer geschlagen gibt,
verstimmt denkt er, dass
das kaum noch die Assoziativmethode des Analysierens, sondern eher
schon die reine Suggestion ist, der er sich bei Dörik
unterziehen muss, er schweigt und hört seinen Vater gib
mir mal die Stablampe sagen und seine Mutter, geh
spielen , sagt sie, geh spielen .
70
Dem
Pater ist nicht wohl, ...
… das
merkt Agnes Bellmann sofort, seit mehr als fünfzehn Jahren ist
sie jetzt Abbonds Haushälterin, sie wohnt sogar im Pfarrhaus, in
einer kleinen Einliegerwohnung, Tag und, wie das Sprichwort es will,
Nacht ist sie um ihn herum, sie spürt, wenn ihn irgendwo der
Schuh drückt, früh hat er begonnen, sich ihr zu offenbaren,
ihr seine Zweifel zu gestehen, ja,
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