Pitch (German Edition)
Eintretenden, die
mehr oder minder bedeutenden Gäste und die Mitarbeiter, denen
man ansieht, ob sie hopp oder topp sind, Rulo wippt mit den Füßen,
schnippt unmerklich mit den Fingern seiner linken Hand nach Musik,
die nur in seinem Kopf spielt, die schöne Schlanke im Schwarzen
gefällt ihm, schöne Agentur, hier spielen sie immer wieder
gerne, für Ferdi, das machen sie nur für gute Freunde,
ansonsten spielen sie in anderen Formationen, zwischen Wien und
Berlin, Warschau und Paris, er selbst war gestern noch in Zürich,
aber für Ferdi, dieses für Ferdi kann er gar nicht
oft genug sagen, er summt es förmlich für sie, für
Jana, so, als sage er im Grunde immer nur für dich , und
warum auch nicht, er ist Pianist, er weiß genau, welche Töne
er anschlagen muss, um bestimmte Stimmungen zu treffen, tall and
tan and young and lovely, sie wird so Mitte vierzig sein, schätzt
er, er ist knapp darüber, er hat nichts vor, er hat nie etwas
vor, aber am Ende solcher Abende schläft er selten in dem
Hotelbett, das für ihn gebucht wurde, und wenn doch, dann nicht
allein, Jana trinkt einen Schluck Weißwein und lehnt sich
zurück, sie ist jetzt ganz entspannt, die Vorbereitungen sind
alle erledigt, die Deko steht, die Party bei Magellan‘s Ads
beginnt, er fragt sie, wer der Lange ist, der da gerade hereinstakst
und sie sagt, ein Texter, bah, sagt Rulo, der sieht ja aus, wie
frisch von der Couch, ganz Nabelschau und Selbstzerfleischung, Jana
lacht, der kommt tatsächlich von seinem Psychologen, Rulo schaut
der Spiegel tief in die Augen und Jana Frank, sie sagt, er glaubt,
dass das keiner von uns weiß, aber das ist hier eine kleine
Stadt und er ist gesehen worden, wie er sich in die Praxis
geschlichen hat, Rulo nickt, wie in einen Sexshop, heh, fragt er,
genauso, sagt Jana, und wer sind die da, fragt er, Künstler,
sagt sie, Galeristen, Ärzte, Freunde von Ferdi, ich glaube, sagt
Jana, Ihr Typ wird verlangt, sie deutet mit ihrem Glas hinüber
zu dem Kontrabassisten und dem Schlagzeuger, die Stimmung und Aufbau
abgeschlossen haben, tja, sagt Rulo, dann will ich mal, er nickt ihr
zu, geht zu seinem Keyboard und greift in die Tasten, er schaut sie
an und sie ihn, und der Bass setzt ein, mit verkniffenem Gesicht und
hochgezogener Oberlippe, als betrachte er etwas Widerliches, sacht
wischt der Schlagzeuger über die Drums, W hen autumn leaves ,
den O ne note Samba und T ake five , gut verteilt zwischen
weniger bekannten Stücken, die Leute scheinen gar nicht
zuzuhören, aber Rulo weiß, dass sie sich gar nicht
unterhalten könnten ohne diese Musik, deren Klänge sich wie
Schlingen um sie legen und sie zu Gruppen zusammenbinden, sanft und
unmerklich zwingen die Takte zum Small Talk und Mitswingen, dann
gehen die ersten zum Buffet, haben kleine Spießchen in der
Hand, Sushi, Lachspastetchen und gefüllte Weinblätter auf
ihren Tellern, kleine Schweinereien in pikanter Sauce, sie wiegen
sich in den Hüften, so wie Rulo es eben noch getan hat, sie sind
cool oder versuchen es zu sein, und alles spielt sich ab in dem
gleichen, leicht gedämpften Tonfall, den er anschlägt, bis
dann plötzlich der Geräuschpegel anschwillt, als Ferdinand
von Lachmann-Zeil mit seinem Gefolge von der großen Ausfahrt
ins Reich der Global Player zurückkehrt, Rulo findet es ein
wenig schade, dass sie gerade jetzt kommen, denn sie zerreißen
den Blickkontakt, den er bis zu diesem Moment mit Jana gehalten hat,
sie wendet sich den Heimkehrern zu, die hier einlaufen, alle, bis auf
den einen, den sie unterwegs verloren haben.
75
Die
stummen Diener des Baan Cali …
… stehen
regungslos neben der Tür des Separees als Jürgen Fontaine
eintritt, mit ihrem bronzefarbenen Teint gleichen sie Statuen, trotz
ihrer schwarzen Hosen und weißen Hemden haben sie etwas
Exotisches, wie Wächter eines Dschungeltempels wirken sie auf
ihn, Mellendorf sitzt bereits dem Eingang gegenüber, hinter ihm
steht sein Referent, schwarz gekleidet, die undurchdringliche
Sonnenbrille hat er selbst hier bei rötlich gedämpftem
Licht nicht abgenommen, Fontaine wird mit dem Rücken zur Tür
sitzen müssen, kein guter Platz, denkt er, schön, dass Sie
da sind, Jürgen, sagt Mellendorf und setzt nach, ich darf Sie
doch Jürgen nennen, Fontaine registriert die
Grenzüberschreitung, sicher, sagt er, und schiebt ein betontes Rüdiger hinterher,
er sitzt kaum, da werden ihnen bereits mit Zängchen heiß
dampfende Tücher gereicht, sie reiben sich die Hände damit
ab und legen sie
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