Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
erstarrte.
Sasonow hatte den Revolver in der Hand. Und der Lauf des Revolvers zielte auf Iwan.
»Wirf dein Gewehr weg«, sagte Sasonow leise. »Du weißt, wie schnell ich schieße.«
Allerdings, das wusste Iwan. Langsam zog er den Tragriemen seines »Bastards« von der Schulter und ließ die Waffe aufs Gleis fallen. Das Scheppern des Metalls hallte durch den Tunnel.
Iwan richtete sich auf.
»Was soll das werden?«, fragte er.
»Du hast den General belogen, nicht wahr?« Sasonow lächelte. »Und der General hat dich belogen. Alles ganz einfach.«
Iwan schwieg.
Ich Idiot, dachte er. Ich hätte schneller handeln müssen. Aber dass ausgerechnet Sasonow …?
In diesen Sekunden wurden ihm die Zusammenhänge klar.
»Dann hast du also Jefiminjuk getötet?«, fragte Iwan und sah seinen ehemaligen Freund hasserfüllt an.
Deshalb war Sasonow auch nicht am Kontrollposten gewesen, wo er zusammen mit Jefiminjuk hätte Wache schieben sollen! Stattdessen half er zu jenem Zeitpunkt dem Kommando der Admiralzen, zum Maschinenraum vorzudringen. Danach kam er zurück und tötete Jefiminjuk. Aber wozu?
Logisch, die Admiralzen brauchten den Generator ja überhaupt nicht. Wieso hätten sie ihn durch sämtliche Stationen der Allianz schleppen sollen? Sie hatten ihn irgendwo in der Nähe der Wassileostrowskaja versteckt, vielleicht sogar an der Primorskaja . Und dabei war ihnen Jefiminjuk im Weg gewesen.
Schon damals hatte Sasonow ein doppeltes Spiel gespielt. Das »gelungene« Verhör des Admiralzen, der dann mit dem Finger auf die Moskowiter zeigte.
Und wir Idioten sind darauf reingefallen, dachte Iwan, und blindlings in den Krieg gestürmt.
Iwan presste die Zähne zusammen. Er kochte innerlich vor Wut. Und vor Scham.
Verdammt, wie konnte ich mich nur so ablinken lassen! Ach, Wadim, Wadim …
»Jefiminjuk war ein Trottel«, entgegnete Sasonow. »Du mochtest ihn doch auch nicht, habe ich recht? Ich weiß, dass du ihn nicht mochtest.«
Iwan antwortete nichts.
»Tja, Iwan. Kein Pascha in der Nähe. Und Gladyschew ist auch nicht da. Ei-ei-ei.« Sasonow schüttelte den Kopf. »Pech für dich, Dummwan. Sieht ganz so aus, als würdest du die Waska nie wiedersehen.«
Iwan schwieg beharrlich. Der »Dummwan« berührte ihn nicht weiter, doch das herablassend familiäre »Waska« ging ihm gegen den Strich.
»Wanka kommt nicht mehr zur Waska zurück.«
Sasonow faselte. Ein kläglicher Versuch, seine Nervosität zu überspielen.
»Weißt du, was das Bemerkenswerte ist?«, sagte Iwan leise. Sasonow fing seinen Blick auf und verstummte. »Du bist eigentlich kein schlechter Mensch, Wadim. Nur verblendet. In diesem Augenblick bist du dir selbst zuwider. Das sehe ich doch.«
»Red du nur«, erwiderte Sasonow und lächelte, aber so gezwungen, dass Iwan beinahe Mitleid empfand.
»Aus Menschen, die ein Gewissen haben, werden die besten Henker, nicht wahr?« Iwan fixierte Sasonow mit einem hypnotischen Blick, streng und starr, ohne mit den Augen zu blinzeln. Sein Gesicht wurde zu einer harten Maske. Als könnte er dieses Gesicht abnehmen wie eine Gasmaske und alles wäre vorbei.
Nein, nein, dachte Iwan, Schluss mit dem Wunschkonzert. Das koste ich jetzt aus bis zum Ende. Bis zur letzten Sekunde.
»Dein Gewissen quält dich, Wadim. Du fühlst dich schlecht und bist völlig konfus im Kopf. Tut mir leid, dass ich dir solche Pein bereite. Du solltest vielleicht schießen, dann hättest du es hinter dir.«
»Weißt du was?« Sasonow trat plötzlich einen Schritt vor und zielte mit dem Revolver auf Iwans Stirn. »Genau das werde ich jetzt auch tun. Mach dich bereit, Wanja.«
Die Laufmündung befand sich in etwa einem Meter Entfernung von Iwans Kopf. Er sah sogar die gestutzten Geschossköpfe in der Revolvertrommel. Stopp. Iwan legte den Kopf schief. Das war doch nicht …
»Wo hast du denn deinen Nagant gelassen?«, fragte Iwan.
Das war nicht Sasonows alter Revolver. Sondern ein neuer aus brüniertem Stahl. Ein blitzblank funkelndes Ungetüm.
»Eine süße kleine Kugel aus ’ner hübschen blauen Knarre …«
Hallo, Tom Waits.
Du kommst wieder mal genau richtig.
»Verstehe«, sagte Iwan. »Das habe ich mir schon gedacht. Was meinst du, Wadim, ob ich mir, bevor ich sterbe, noch ein wenig Pathos erlauben kann? In deinem Nagant hast du deine Ehre getragen, Digger. Du hast deine Waffe verloren und deine Seele besudelt.«
»Ich war noch nie auf irgendjemanden neidisch«, entgegnete Sasonow kryptisch.
»So ist das also.« Iwan nagelte
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