Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
antwortete.
»Illjusa.«
»Du bist eine wunderschöne Frau, Illjusa«, sagte Iwan und ging.
Ramil streckte ihm die Makarow entgegen – mit dem Griff nach vorn. Das Magazin steckte. Aber vermutlich ohne Patronen. Schade.
»Sein Vater war ein echter Herrscher«, sagte der Leibwächter. »Stark, unnachgiebig, klug – und gerecht. Er dagegen ist schwach.«
Iwan nahm die Pistole. Im nächsten Moment wurde er von einem gewaltigen Faustschlag niedergestreckt. Ihm wurde schwarz vor Augen.
»Trotzdem ist er mein Gebieter«, räsonierte Ramil zerstreut.
Iwan stöhnte. Die Schmerzen waren abartig. So groß wie die Newamündung, ach was – so groß wie der Finnische Meerbusen. Größer als die ganze verdammte Metro. Größer als das ganze verdammte Sankt Petersburg.
»Mach’s gut, Merkulow. Es wäre besser, wenn wir uns in Zukunft nicht mehr über den Weg laufen. Beim nächsten Mal bringe ich dich um.«
»Aah …« Iwan rang nach Luft und wälzte sich auf den Rücken. »Leck mich …«
Ramil grinste.
»In der Makarow sind übrigens Patronen. Falls du dich also erschießen möchtest – bitte sehr.«
Vor seinen Augen hing ein roter Schleier.
Iwan erinnerte sich nicht, wie er zur Ploschtschad Wosstanija zurückgekommen war. Hatte er die Kontrollposten passiert und die Parole genannt? Es musste wohl so sein.
Der Schmerz ließ erst nach, als er sich zu seinen Sachen geschleppt und vier Tabletten Benalgin auf einmal eingeworfen hatte. Der bittere Geschmack des Schmerzmittels klebte immer noch in seinem Mund.
Mist, eigentlich hatte ich die Pillen für den Notfall gebunkert, dachte Iwan. Andererseits, ist das hier etwa der Normalfall? Nicht wirklich.
Die ganze Seite war taub und sein Rücken fühlte sich an, als hätte man ihm eine Eisenstange in die Wirbelsäule getrieben.
Im Tunnel schallten abermals Schüsse und Hurra-Geschrei. Die Sieger. Die ganze Station stank nach Blut und Alkohol.
Iwan blickte sich um.
Pascha war nicht da. Nur Solocha hockte mit seinem unvermeidlichen Buch auf dem Boden und sah Iwan durch die Brille an. Völlig losgelöst, der Mann. Die allgemeinen Festivitäten interessierten ihn nicht die Bohne.
Iwan deutete mit dem Kopf auf einen Haufen gleichmäßig gebogener Metallplatten. Zwanzig Stück, wenn nicht mehr.
»Was ist das?«
Solocha winkte ab. »Ach, das waren diese Hohlköpfe von Reservisten. Sie hatten doch schusssichere Westen bekommen. Und damit sie nicht so schwer sind, haben sie die Platten rausgenommen. Vollidioten.«
»Kann man wohl sagen«, erwiderte Iwan. Er knöpfte seine Jacke auf, warf sie auf den Bahnsteig und wickelte seinen Verband ab. Jetzt musste er die Dinger noch anständig fixieren. Er schaute zu Solocha. »Kannst du mir kurz helfen?«
Memow musterte Iwan – völlig unbeeindruckt. Dabei war Iwan sich sicher gewesen, dass seine schwerwiegenden Vorwürfe den General treffen würden. Dass seine Worte diese undurchdringliche Maske des Anführers und Gönners aufbrechen würden.
Weit gefehlt, Iwan. Darauf kannst du lange warten.
»Du weißt also über alles Bescheid …« Der General nickte. »Das macht es sogar noch einfacher.«
»Was macht es einfacher?«
Pause. Memows Miene mutierte zum Röntgenblick.
»Du musst dich entscheiden, Iwan«, sagte der General und rückte ihm auf die Pelle. »Entweder du vergisst alles, was du weißt, dann bleibt alles, wie es ist. Du kehrst zur Wassileostrowskaja zurück, heiratest eine wunderbare Frau und ziehst ein paar Kinder mit ihr groß. Oder du vergisst es nicht. Dann musst du dich mir anschließen. Ich brauche Männer wie dich.«
Was ist dir wichtiger, Iwan, die Zukunft oder die Vergangenheit?
»Sie haben Jefiminjuk getötet.«
»Ich?« Memow zog die Augenbrauen hoch. »Wozu?«
»Wer dann?«
Der General legte die Stirn in Falten.
»Wir verzetteln uns in Nebensächlichkeiten, Iwan. Das ist Zeitverschwendung. Entscheide dich rasch. Bist du für uns oder gegen uns?«
»Ich halte mich lieber an mich selbst.«
»Das ist Onanie und keine Lebenseinstellung.« Das souveräne Lächeln war aus Memows Gesicht verschwunden. Seine Eiswürfelaugen mit den Stecknadelpupillen funkelten bedrohlich. »Aus Respekt frage ich dich zum letzten Mal, Iwan. Bist du auf meiner Seite?«
Frage.
Pause.
Antwort.
»Nein«, sagte Iwan. »Ich bin konservativ, General, und schlage mich lieber auf die Seite meiner zukünftigen Frau. Tut mir leid.«
Endlich zerriss Memows undurchdringliche Maske.
»Komm zur Besinnung, Iwan! Wir machen hier
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