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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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unten stürmte, sah Bent­ner in ihr Gesicht und dachte: Sensationsfresse.
    »Was ist los?« Seine Frage blieb unerhört. Die Frau war längst unten, riss die Tür auf, rannte zu ihrem Auto. Bentner erinnerte sich, dass sie alleinerziehend war und ihre kleine Tochter aus der Schule abholen musste. Vielleicht war das aber auch die andere aus der Auswertung.
    Hinter Alinas Tür wurde telefoniert. Jemand anderes, ein Mann, räusperte sich dazu lautstark, wahrscheinlich Sarkovy. Bentner blieb stehen, wollte anklopfen, unterließ es aber und ging weiter.
    Lisas Zimmer war nicht abgeschlossen, Lisa noch nicht da. Am Haken neben dem kleinen Aktenschrank hing akkurat ein schwarzes Kostüm auf Bügeln, enger, knielanger Rock, eine Jacke mit mattgrauen Perlmuttknöpfen. Chaos auf dem Schreibtisch, eine Flasche Wasser und ein halb gefülltes Glas neben dem Rechner. Bentner betrachtete sich das Stillleben eine Weile und verließ den Raum.
    Es war ein Uhr fünf, der Himmel satt blau, der Schnee ein gleißender Spiegel der Sonne. Zum ersten Mal an diesem Tag kochte Bentner Kaffee, fuhr den Rechner hoch, warf die Jacke über einen Stuhl in der Ecke und setzte sich vor das getreulich zum Leben erwachende Betriebssystem. Mails checken. Er hatte eine Nachricht in Janas Pixity-Postfach, loggte sich ein und las:
    »Hallo Schatzi. Hat dich deine Freundin gestern Abend mitgenommen? Hast gesehen, wie ich’s mir gemacht hab? Bin ganz geil auf dich. Beschreib mal wie du aussiehst. Hast du Cam? Komm doch heute Abend zu mir vor die Kamera, Link ist derselbe. Willst du? Wenn du es dir nackig vor der Cam machst, kannst 100 PD verdienen! Freu mich auf dich. Bist ne ganz Süsse. chillerkiller.«
    Diesmal trug Lisa keine Highheels, jedenfalls nicht an den Füßen, vielleicht in ihrer großen Handtasche.
    »Wolltest du zu mir? Was ist denn hier eigentlich los? Vorhin diese Tusse aus der Auswertung, irgendwas mit Herrn Weidenfeld?«
    Einige Fragen entschieden zu viel.
    »Erste Frage: nein, ich wollte aufs Klo. Zweite: keine Ahnung. Dritte: Der Kollege Weidenfeld ist irgendwie abgängig oder was auch immer und eine Tür soll aufgebrochen werden.«
    »Na, komm rein.«
    »Dreh dich mal um«, sagte Lisa und zog dabei den Mantel aus. Bentner drehte seinen Stuhl zur Wand, hinter ihm knitterte Stoff.
    »Rickboy_16: Was hast du grad an?«
    Lisa kicherte.
    »Lisa_22: Grad ’ne Thermojeans, Strickpulli, BH und – äh – Hösi. Und Socken und so dicke Winterschuhe, trotzdem kalte Füße.«
    »Rickboy_16: Und jetzt?«
    »Keine Schuhe mehr. Lass grad die Hose runter.«
    »Rickboy_16: Oki.«
    »Lisa_22: Nur noch BH und Hösi.«
    »Rickboy_16: Bitte genaue Beschreibungen.«
    »Lisa_22: Nein, du böser Junge.«
    »Rickboy_16: *schäm* *heul*.«
    »Lisa_22: Na oki. Beides schwarz mit Spitze.«
    »Rickboy_16: *lechz*.«
    »Lisa_22: Jetzt schwarzen Rock.«
    »Rickboy_16: Knielang.«
    »Lisa_22: Knielang. Woher weißt?«
    »Rickboy_16: Kann hellsehen.«
    »Lisa_22: cool. Rock und weiße Bluse.«
    »Rickboy_16: Die Bluse hat aber nicht auf dem Bügel gehangen.«
    »Lisa_22: Hellsehen kannste vielleicht. Aber nicht, dass unter der Jacke noch ein Bügel hing. Der mit der Bluse.«
    »Rickboy_16: Und jetzt?«
    »Lisa_22: Kannst dich wieder umdrehen. Wie ’ne Frau in Highs schlüpft, wirst in deiner Pubertät wohl aushalten.«
    Jemand kam mit schnellen Schritten über den Flur, an Lisas Tür vorbei, zu der von Bentners Büro. Es wurde angeklopft, geöffnet, geflucht. Die Schritte kehrten um, verschwanden.
    »Da sucht dich jemand.«
    »Scheint so.«
    »Und was ist jetzt passiert, wenn etwas passiert ist? Interessiert dich gar nicht?«
    »Hm. Nein.«
    Sie saßen sich eine Zeitlang schweigend gegenüber, Lisa mit diversen Operationen an ihrem Computer beschäftigt, Bentner mit dem Gedankenspiel, für wen sich Lisa immer so aufbrezelte. Claus oder Alina, beide auf Praktikantinnen fixiert, ein kindisches Spielchen, auf das inzwischen Wetten abgeschlossen wurden. Wer hat bisher die meisten Mädels ins Bett oder auf den Konferenztisch gequatscht?
    Nein, er konnte sich das nicht vorstellen. Nicht bei Lisa. Und stellte es sich vor. Sag etwas, damit ich auf einen anderen Gedanken komme, Lisa.
    »Pass auf dich auf, hörst du?«
    Seltsame Worte aus dem Mund einer Zweiundzwanzigjährigen, an einen Mann in seinen Dreißigern gerichtet.
    »Aufpassen?«
    Dumme Frage. Er wusste, worauf Lisa anspielte.
    »Pixity ist gefährlich. Für alle. Ich blende alles aus, weißt du. Suche nur die

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