Pixity - Stadt der Unsichtbaren
endlich ihren Namen, dachte Bentner, doch man tat ihm den Gefallen nicht.
Die beiden Freundinnen kehrten zurück, eine Viertelstunde erst war vergangen, dezent aufgehübscht, von den Sitzengebliebenen mit »Ey, hast neuen Lipgloss?« begrüßt, von den Jungs demonstrativ ignoriert. Sie tauschten die Plätze und setzten sich, merkwürdig war das – oder auch nicht, wenn Anna in den Jungen verliebt war und sich nun im Stande sah, ihn anzuschauen, oder wenn Sarah diejenige welche sein sollte und dem Jungen zu verstehen gab, sie sei an ihm mindestens so wenig interessiert wie er an ihr.
Die Jungs gingen als erste, keines der Mädchen kümmerte sich darum, alle vier steckten, kaum war der Abgang des Trios perfekt, die Köpfe zusammen, um zu tuscheln. Warum sahen die drei anderen Sarah dabei an? Schienen sie zu necken, Sarah schüttelte entrüstet den Kopf und ein halbes Dutzend Schimpfworte (blöder Typ, ihr doofen Gänse, kauft euch mal Stück Hirn beim Metzger, der is’ doch schwul wie’n Außenminister, wer mit dem geht, kann auch gleich ’ne Banane nehmen, ihr Gifttussen seid ja nur neidisch) beendete schließlich das peinliche Spiel und sie winkte die Bedienung herbei: »Ich möchte dann zahlen, bitte.«
Viermal 4,90, vier Fünfeuroscheine, »stimmt so«, »danke«.
Es war nicht schwierig, den Mädchen in sicherem Abstand zu folgen. Sarahs knallgelber Anorak mit den roten Schulterstücken und Annas weiße Wattejacke waren ein Leuchtfeuer in der Masse. Die beiden hatten sich an der Bushaltestelle von ihren Begleiterinnen getrennt, ein kleines Bussi- und Winkewinke-Intermezzo, waren Richtung Innenstadt marschiert, das schwere Gepäck von einer Hand in die andere wechselnd, und gleich das erste Schaufenster einer Boutique wurde zur willkommenen Rast genutzt, ausgiebig bestarrt und sein Inhalt hinweisend kommentiert. Bentner blieb ebenfalls stehen, tat, als warte er auf jemanden, schaute zur Uhr, schüttelte den Kopf, sah die Straße hoch. Er schauspielerte dilettantisch.
Anna und Sarah betraten ein Schuhgeschäft, nachdem auch dessen Auslagen einer Prüfung unterzogen worden waren. Sonne brach sich im Glas des Schaufensters, dennoch war zu erkennen, wie sich die Mädchen mit Schuhpaaren versorgten, ihre eigenen plumpen Stiefel auszogen, die nur für wärmere Tage gedachten Schuhe anprobierten, herumliefen, sich gegenseitig begutachteten, die Köpfe schüttelten oder mit ihnen nickten, noch einmal – und dann wieder und wieder – Preise von den Schachteln ablasen, die Ware fein hineinlegten und zurück ins Regal stellten. Sarah kam lachend mit einem neuen Fund, schwarzen Highheels, von Anna wohl mit einem gestenreichen »omg!« quittiert, auch die Verkäuferin, die dem Ganzen tatenlos zusah, lachte, sagte etwas, wahrscheinlich, das sei nicht das Richtige für kleine Mädchen, das schade der Haltung und schlage auf die Bandscheibe, sie wisse schon, wovon sie rede.
Sarah bei ihrem Versuch, sich auf zwölf Zentimeter hohen Pfennigabsätzen zu bewegen, sie schaffte es für eine kurze Strecke, schwankte, aus der Erotik wurde Slapstick, Anna hatte ihr Fotohandy aus der Schultasche gezogen, machte Sarah ein Zeichen, beide Arme angewinkelt in die Hüften zu stemmen, Unterkörper vor, auch die Brust bitte, ein kurzer Blick und zweimal Lachen, das durch die Scheibe nach draußen drang.
Nichts wurde gekauft, das Geschäft dennoch lustig verlassen, das Shopping fortgesetzt, die Damenabteilung eines Kaufhauses, eher routiniert und der Form halber durchquert, nach einem Sonderangebot Slips, drei für acht Euro, gegriffen, dröges Weiß, desgleichen Söckchen in sämtlichen Frühlingsfarben, auf dem Weg zum Ausgang kaufte Sarah eine Zeitschrift, verstaute sie in ihrer Tasche.
Bentner spürte seine Füße nicht mehr und dann doch wieder, als zwei Eisklumpen, die unweigerlich zerbrechen mussten, splittern, wenn sie weiterhin dem Wechsel von frostig und warm ausgesetzt sein würden. Den Mädchen durfte es kaum anders gehen trotz ihrer dicken Stiefel, aber sie kümmerten sich nicht darum.
An einem Brezelstand wurde Halt gemacht, drei für einen Euro, wieder ein Sonderangebot, sie aßen je eine. Sarah, die Spendiererin, steckte die Tüte mit der dritten in die Tasche. Zwei Boutiquen, eine sehr exklusiv, eine sehr billig, kein Einblick von außen möglich, zwei enge Schläuche mit Klamotten vollgestellt, eine halbe Stunde hielten es die Mädchen im teuren Laden aus, verließen ihn ohne Plastiktüten. Dann zehn Minuten beim
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