Pizza House Crash
hochgeklappt.«
»Was ist denn damit?« fragte Anne rasch und deutete auf den Aktenschrank. »Wenn es keine elektronischen Aufzeichnungen gibt, vielleicht findet sich ja etwas Interessantes in den Papierakten.«
Ich ging hin, um ihr zu helfen. Viel war nicht da - ein paar Namen und Adressen von Höhlenkletterclubs, Listen von Clubmitgliedern, zwei Kataloge für zweifelhafte Produkte und diverse Haushaltsakten mit Rechnungen.
Die Akten waren alphabetisch geordnet. Als wir sie durchblätterten, merkten wir, daß eine fehlte - die nämlich, die mit »K/L« etikettiert gewesen wäre. Der Buchstabe K sagte mir nicht viel, wohl aber das L. Es wäre der Ordner für alles gewesen, was Lifestyle Software Inc. beträfe.
»Anne, hast du dir Julians Koffer angesehen?« fragte ich. »Nein, aber sie sind noch in seinem Schlafzimmer.« Anne deutete in die entsprechende Richtung.
Die Segeltuchtaschen waren ordentlich gepackt und bereit für den Flug, aber wir fanden weder Anhänger mit der Zieladresse noch ein Flugticket. Wir durchsuchten das ganze Haus gründlich nach irgendeinem Hinweis auf die Verbindung zwischen Julian und Lifestyle in Kalifornien oder wenigstens auf die Headhunterfirma Hitec, aber vergebens. Wer immer hier gewesen war, hatte jede Spur einer Verbindung zu Lifestyle beseitigt, und zwar sehr wirkungsvoll und mit einem Minimum an sichtbarem Durcheinander.
Die mysteriöse Firma oder jemand, der mit ihr zu tun hatte, versuchte offensichtlich, jeden Zusammenhang zwischen sich und Julian und vermutlich auch Julians Tod zu vertuschen. »Meinst du, wir sollten die Polizei rufen?« fragte Anne, als wir wieder im Arbeitszimmer standen.
»Es ist alles ein bißchen komisch, da stimme ich zu, aber ich finde, wir haben noch nicht genug, was wir ihnen sagen könnten«, meinte Warren, aber ich hatte den Verdacht, daß er die Einbeziehung der Polizei bloß möglichst lange hinauszögern wollte, solange es hier etwas zu hacken gab. Ich versuchte, Anne die Situation zu erklären.
»Weißt du, erst möchten wir herausfinden, woran Julian gearbeitet hat. Ich habe versucht, Lifestyle aufzustöbern, und Warren ebenfalls, aber der Telefonanschluß ist gesperrt. Hier finden wir keinerlei Aufzeichnungen über eine Verbindung zu Lifestyle, obwohl Julian nächste Woche dort anfangen sollte. Seine alte Firma meint, Julian habe stinknormale Routinearbeit gemacht; also wollen wir wissen, weshalb Lifestyle ihn überhaupt interessant fand. Vielleicht findet sich ein Hinweis im Computer in Julians alter Firma, aber ich glaube nicht, daß wir die Genehmigung bekommen, in ihrem System herumzuschnüffeln.«
»Und was gedenkst du zu tun, George?« fragte sie müde und bemühte sich, diese neuen Unstimmigkeiten im Leben ihres Bruders zu verdauen.
»Na, wir werden versuchen, uns in ihr System hineinzuhacken - das heißt, Warren wird es versuchen.«
»Hacken?« erkundigte sie sich mit der würdevollen Verwunderung eines Richters in Old Bailey, der soeben einen Blick auf eine alternative Lebensweise hat werfen können, die von seinem etablierten Leben ebenso weit entfernt war wie ein paralleles Universum.
Ich erklärte ihr, daß wir Julians Computer benutzen würden, um in den Computer seiner alten Firma einzudringen.
»Ist das legal?« fragte sie.
»Na ja, das nicht gerade, aber illegal ist es auch nicht. Nicht unbedingt. Es ist... nun, es wird nur nicht gern gesehen.«
»Klare Worte, Georgie Baby«, sagte Warren und schaute hinter den Computer und dann unter den Tisch. Dann erklärte er, daß auch Julians Modem entfernt worden sei; nur das Kabel sei noch da. Er schaute auf die Regale.
»Ja, die Komm-Software ist auch weg«, sagte er mehr zu sich selbst. Dann sah er uns an und grinste; dabei entblößte er die sauberen Schneiden seiner perfekten weißen Zähne.
»Macht aber nichts, nicht? Zufällig habe ich ein ziemlich cleveres kleines Modem dabei sowie meine eigene Kommunikationssoftware. Besteht Aussicht auf was zu beißen?« Er rieb sich die Hände.
Es war halb fünf, und wir hatten seit dem Frühstück nichts mehr gegessen; also polterten wir hinter Anne her die Treppe hinunter in die kleine, helle Küche des Häuschens. Warren machte die Hintertür auf und trat hinaus in den verblassenden Sonnenschein, der sich allmählich aus dem ziemlich großen, schlichten, aber gut gepflegten Garten zurückzog. Er atmete in der Herbstluft tief durch und ging hinüber zu ein paar kleinen Apfelbäumen, die an der Grenze zwischen dem Garten und
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