Pizza House Crash
lebte, um mich vor meiner eigenen törichten Schwäche zu schützen. Liebe stand nicht länger auf der Tagesordnung; wenn ich die gute nicht von der schlechten unterscheiden konnte, wollte ich überhaupt nichts mehr damit zu tun haben. Die Freiheit der Wahl war wichtiger, dachte ich: Techtelmechtel, kleine Verhältnisse ohne innere Beteiligung, unbeeinträchtigt von Skrupeln - oder Hoffnungen. Warren war mein Freund, ein guter Freund, und ich wollte eine so kostbare Beziehung nicht durch Liebe oder Sex verderben.
»Ich denke nicht, Anne. Warren ist nur ein Freund; also, denke ich, wird er auf dem Sofa schlafen - das heißt, wenn er überhaupt hier übernachten will«, antwortete ich, als Warren mit einem Arm voll rotglänzender Äpfel in der Tür erschien und auf uns herabschaute.
Es war dunkel, als wir mit dem Essen fertig waren. Warren hatte Anne gelobt und sie zum Lachen gebracht. Ich fand, daß er sich ein bißchen schmeichlerisch aufführte, aber sie schien seine Gesellschaft zu genießen. Als wir abgeräumt hatten, ging Warren nach oben, um den Computer einzurichten, und ich erbot mich, Anne bei der Inventur von Julians Eigentum zu helfen. Das meiste war für Wohltätigkeitszwecke oder für die Versteigerung gekennzeichnet; die Familie hatte sich ihre Erinnerungsstücke bereits ausgesucht. Ich suchte mir Computerprogramme aus, von denen ein paar ganz brauchbar waren, aber was ich wirklich gern gehabt hätte, war sein Schweizer Armeemesser, und Anne sagte, ich könnte es haben, wenn wir es fänden.
Nach ungefähr anderthalb Stunden gingen wir mit einem Kaffee hinauf zu Warren, der eben dabei war, den Anschluß für das Modemkabel an der Rückseite des Computers zurechtzuzwicken.
Ein endemisches Eigeninteresse innerhalb der Computerindustrie sorgt dafür, daß Standardisierung die Ausnahme und nicht die Regel ist. So etwas wie »einfach einstöpseln« gibt es bei einem Computer nicht. Während Warren versuchte, seine mitgebrachten Sachen an Julians Maschine anzupassen, machten Anne und ich uns auf die Suche nach Julians Paßwort und der Nummer seines Computers in der alten Firma. Warren war gut vorbereitet erschienen: Er hatte ein Selbstwählmodem mitgebracht, eine elektronische Schachtel, die automatisch Nummern wählte und Computerdaten in eine Form übersetzt, die sich zur Übermittlung per Telefonleitung eignet. Er hatte außerdem daran gedacht, ein kleines Hilfsprogramm mitzubringen, das er geschrieben hatte; es konnte eine ganze Serie von Nummern durchsuchen und das Selbstwählmodem veranlassen, sie anzuwählen, und dann überprüfte es, ob die Meldung am anderen Ende der Leitung von einem Menschen oder einer Maschine kam. Er verfügte über raffinierte Kommunikationssoftware; unter anderem gehörte ein Programm dazu, das Julians PC dazu brachte, eine Reihe populärer Rechner zu imitieren, die man normalerweise im Netz mit größeren Minicomputern und Mainframes verwendete.
Es konnte sein, daß Julian die Telefonnummer seines Firmencomputers irgendwo in seinem Arbeitszimmer hinterlassen hatte. Auf jeden Fall dürfte er sie in seinem Computer gespeichert haben, aber das half uns jetzt nichts mehr. Während wir suchten, bestätigte sich unser Verdacht, daß der mysteriöse Eindringling auch diese Sicherungskopie mitgenommen hatte. Aber nicht alles war weg: Ich hatte die Nummer der Firmenzentrale, und unser Eindringling hatte das Telefonverzeichnis dagelassen. Zusammen würden sie uns eine Reihe von Nummern liefern, die Warrens kleines Programm benutzen konnte, um Julians Computer Hunderte von Zahlenvariationen wählen zu lassen, bis wir ein paar potentielle Sieger hätten. Ich ging davon aus, daß Julians Firma als Franchise-Unternehmen mit einer Reihe von Filialbetrieben überall im Lande ihre Computer so installiert hatte, daß sie über das Telefonnetz mit diesen Betrieben kommunizieren und Informationen austauschen konnte. Wenn es dieses telefonische Netzwerk nicht gab, waren wir erledigt.
Die Nummer mit Hilfe des Programms und des Selbstwählmodems zu ermitteln würde Zeit in Anspruch nehmen; aber wenn es nicht funktionierte, würde Warren sich wahrscheinlich geschlagen geben und einen seiner Kumpel bei British Telecom um einen kleinen Gefallen bitten müssen - obwohl er das nur ungern tun würde. Er sparte sich den Kredit, den er bei ihnen hatte, gern für wirklich große Raubzüge auf.
Wenn wir die Nummer hätten, wählten und den Begrüßungspfiff des Zielcomputers hörten, würden unsere
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