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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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die etwas völlig anderes sahen als dieses Zimmer hier. Es war die Art, wie sie alle aussahen.
    Er beobachtete Seyha, wollte ihre Reaktion abschätzen. Seine Frau bot ihm lediglich ein vages Nicken, aber das war immerhin etwas.
    »Wo sind wir?«, wollte er wissen. Die Antwort war offensichtlich: in seinem Wohnzimmer. Draußen war es dunkel, doch hier drinnen waren die Lichter angeschaltet. Niemand jedoch befand seine Frage für seltsam. Seyha, Gem und Joyce blickten sich in dem Raum um.
    Etwas stimmte mit dem Haus nicht. Als Bill endlich begriff, was es war, stand er auf und starrte zu den Fenstern. Sie waren dunkel, was ihn zu der ersten Annahme geführt hatte, die Nacht wäre bereits hereingebrochen. Allerdings ... irgendetwas war grundsätzlich falsch. Er räusperte sich. »Hatten ... war es nicht Mittag? Bevor ...« Bevor wir alle verrückt geworden sind , dachte er, sprach es allerdings nicht laut aus.
    Das Mädchen nickte. »Vielleicht wurden wir bewusstlos geschlagen oder so. Ich meine ...« Gem führte den Gedanken nicht zu Ende. Ihre Unterlippe zitterte, ihre Miene verzog sich, sie schlug die Hände vor das Gesicht und glitt hinab auf die Sofakissen. Joyce bewegte sich vorsichtig, geradezu steifbeinig auf Gem zu und setzte sich neben sie. Das Mädchen sprang fast in die Arme der Pastorin und weinte jämmerlich an deren Schulter.
    Seyha putzte sich die Nase mit einem Papiertaschentuch, das sie noch irgendwo in ihren Hosentaschen gefunden hatte. Sie ließ noch ein letztes stotterndes Schluchzen hören und war dann still. Bill wusste von den seltenen Gelegenheiten, bei denen er seine Frau hatte weinen sehen, dass sie nun fertig war.
    Was auch immer er vor eine Minute erlebt, was auch immer er geträumt hatte, er war sich sicher, dass seine Ehefrau etwas ungleich Schlimmeres hatte sehen müssen. Er versuchte ihrem Blick zu folgen und bemerkte die dünne Kerze, die sie während der Zeremonie gehalten hatte. Sie lag an der Kante des weißen Teppichs, nahe dem Esstisch – wo sie alle vorhin gestanden hatten. Der verbrannte Docht ruhte in einer kleinen, geschmolzenen Vertiefung der Teppichfasern. Die Flamme musste ausgegangen sein, als die Kerze hinuntergesegelt war. Gott sei Dank , dachte er. Wenn in dem Raum Feuer ausgebrochen wäre, während alle blind oder bewusstlos ... was auch immer hier passiert war; Gott, was ist geschehen? ... hätten sie in gewaltigen Schwierigkeiten gesteckt.
    Bill sah abermals aus dem Fenster; draußen war es pechschwarz. Er warf einen prüfenden Blick auf seine Uhr. Zwanzig vor eins. Sein Magen zog sich zusammen. Waren sie wirklich zwölf Stunden lang fort gewesen?
    Er glaubte nicht daran. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit war es noch immer zwanzig vor eins desselben Mittags. Aber die Fenster ...
    Bill schob sich an der Couch vorbei und ging zum nächsten Fensterflügel. Finster. Es sah nicht richtig aus, eher wie mit Farbe – gestrichen. Als er nach dem Riegel griff, bemerkte Bill, dass es keine Spiegelung von ihm gab; wenn es draußen dunkel und hier drinnen die Lichter eingeschaltet waren, müsste er sich eigentlich im Glas sehen. Der ganze Raum sollte reflektiert werden. Doch da war nichts außer schwarzem, undurchsichtigem Glas.
    Als er zu dem kleinen Beistelltisch, der neben der Couch stand, blickte, bemerkte er: Das Licht ist noch nicht einmal angeschaltet . Das alles war viel zu viel, um es akzeptieren zu können. Bill konzentrierte sich erneut auf das Fenster und griff nach dessen Riegel.
    Was befand sich auf der anderen Seite?
    Nichts , erschien als Antwort in seinen Gedanken. Seine Fantasie spielte ihm Bilder eines nuklearen Holocaust vor, bei dem sie irgendwie die letzten vier Überlebenden darstellten. Vielleicht war außerhalb dieses Hauses die Welt erfroren, nachdem die Sonne erloschen war. Oder ein gewaltiges Raumschiff schwebte über ihnen und ließ kein Licht durch. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    Bill umfasste den Riegel energisch und versuchte, ihn zu drehen. Der Fenstergriff rührte sich nicht. Er wollte ihn zur anderen Seite schieben. Nichts bewegte sich. Drücken half genauso wenig, wie auf den Riegel einschlagen, und auch den Arm gegen die Scheibe stoßen brachte keinen Erfolg. Er stieß immer und immer wieder dagegen ...
    »Bill!« Das war die Stimme von Joyce. Das Zimmer kippte. Er packte den Fenstergriff und sah hinter sich zu Joyce und dem Mädchen, die wiederum ihn anstarrten. Das Zimmer kippte in eine andere Richtung. Bills Arm pochte

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