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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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seiner Stimme einen unbeschwerten Tonfall zu verleihen, stattdessen hörte sie sich stumpf und emotionslos an.
    Seyha entfernte sich einige Zentimeter von ihm. Sie hatte angefangen, sich zu entspannen, versteifte sich aber wieder. Kopfschüttelnd schaute sie gerade genug auf, um den Blick auf sein Kinn zu richten. »Nein«, stieß sie hervor. »Nein. Wir ... wir sollten zusammenbleiben. Ich will bloß nicht reden.«
    »Ich setze mich im Schlafzimmer zu –«
    »Nein.« Sie legte ihm eine Hand flach auf das feuchte Hemd und sah ihm ins Gesicht. »Nein. Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe.«
    Nun betastete er mit den Fingern die Wange. Sie fühlte sich zwar besser an, doch der verschwommene Fleck prangte nach wie vor darauf. »Mir auch.«
    Er behielt eine Hand an ihrem Rücken, als sie zur Couch zurückkehrten. Joyce kauerte nicht mehr auf dem Boden neben Gem, sondern saß auf der Armlehne des Sessels. Sie hatte das Haupt geneigt, um sich leise mit dem Mädchen zu unterhalten. Als sich Bill und Seyha näherten, setzte sie sich auf.
    Bill spielte mit dem Gedanken, sich ein Lächeln abzuringen, befand jedoch, dass es die Mühe nicht wert sei. »Verrückte Geschichte«, meinte er. »Lasst uns vorerst weitermachen. Wenn Sey bereit ist zu reden, kommen wir auf ihre Vision zurück.«
    »Damit habe ich kein Problem«, erwiderte Joyce. »Gem?«
    Das Mädchen schien überrascht über die Frage zu sein. Sie verzog das Gesicht und murmelte: »Mich geht das nichts an.«
    Es fühlte sich gut an, zurück auf die Kissen zu sinken, während sich Seyha an ihn schmiegte. Ihm fiel auf, dass sie halb von den anderen abgewandt Platz nahm. Was um alles in der Welt hatte sie gesehen? Vermutlich etwas aus ihrer Vergangenheit. So wie er. Vielleicht aus sehr ferner Vergangenheit ...
    »O Sey«, flüsterte er, wenngleich sie vermutlich keine Ahnung hatte, warum er es sagte. Doch er wusste auf einmal mit gefasster, aber grauenhafter Gewissheit, wohin sie gereist war. Es war die einzige Erklärung. Die genauen Umstände kannte er nicht, allerdings konnte es an der Zeit sein, dies zu ändern. Bald. Wenn sie es schon ihren beiden Gästen nicht preisgeben wollte, würde sie zumindest ihm vertrauen müssen.
    Als Joyce sie durch ein weiteres Gebet führte, fiel es Seyha schwer, darin mit einzustimmen oder den Segen entgegenzunehmen, den die Priesterin sowohl für sie als auch für das Haus selbst aussprach. Joyce verstand die Situation genauso wenig wie der Rest von ihnen, aber sie wollte offenkundig verzweifelt irgendetwas versuchen. Nachdem sie ihre Bibel vom Esszimmertisch geholt hatte, las sie einen kurzen Abschnitt aus dem zweiten Buch Mose. Die Vorstellung, dass die Lage, in der sie steckten, der Plage der Finsternis ähneln könnte, die Gott den Ägyptern gesandt hatte, eine spürbare Finsternis , wie es in der Bibel hieß, sorgte für eine angeregte Diskussion. So entsetzlich ihre Plage anmutete, der Gedanke, dass sie irgendwie das Werk Gottes statt einer anderen, dunkleren Macht sein könnte, zeigte Wirkung auf den Rest der Gruppe. Denn wenn dies Gottes Werk war, wie konnte es dann schlecht sein?
    Aber es war schlecht. Es war dunkel und beängstigend, und ganz gleich, wie oft sie über die Ursache debattierten, die Fenster blieben schwarz, und das Haus war nach wie vor versiegelt wie eine Gruft. Außerdem gab es da noch diese Stimme . Davon wandte sich die Unterhaltung mehr und mehr ab. Seyha war klar, dass die Stimme den furchterregendsten, zugleich jedoch den wichtigsten Aspekt darstellte. Sie setzte sich aufrechter hin und begegnete den Blicken der anderen, bis zwischen der Fülle an Ideen und Theorien eine kurze Pause entstand.
    Seyha nützte die Gelegenheit. »All das erklärt nicht die Stimme.« Das leichte Zucken an Gems Augenwinkeln und das schwere Seufzen von Reverend Lindu verrieten ihr, dass es richtig gewesen war, die Gruppe darauf zurückzubringen. »Wir haben sie alle gehört. Sogar während dieser Träume. Und nein, ich will immer noch nicht über meinen reden. Aber die Stimme kam darin vor. Und es war keine freundliche Stimme. Jedenfalls klang sie für mich nicht nach der Gottes oder eines Engels.«
    Joyce war inzwischen zu dem Sessel gegenüber Gem zurückgekehrt. Das Mädchen lehnte sich zurück und nickte. »Sie hat Recht. Ich habe euch ja gesagt, dass ich das Ding gesehen habe. Ich bin nicht sicher, ob ich an Dämonen glaube, außer vielleicht in Filmen, aber müsste ich zwischen Dämon oder Engel wählen,

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