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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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der Watts’ war dieser Bereich verschwunden, in das Schlafzimmer einverleibt worden, das Joyce nun verließ. Das Licht über dem Ofen brannte noch, ergoss sich auf den Flur heraus, warf ihren Schatten verschwommen auf den Läufer.
    Joyce schlich zu Becs Schlafzimmer. Die Tür stand offen. Ihre Tochter, sechs Jahre jünger als kurz zuvor in der Kirche, vierzehn, fast fünfzehn, starrte aus der Düsternis zu ihr auf, das Gesicht nass vor Tränen, die das ferne Licht reflektierten. Joyce – die Joyce dieses Moments – blinzelte, versuchte zu enträtseln, weshalb ihre Tochter, schon damals eine junge Frau, betreten auf ihrem Bett saß und ihr Pyjamaoberteil erst wieder anziehen wollte, ehe sie sich damit begnügte, es an sich zu drücken. Sie wandte den Blick von ihrer Mutter ab, die – damals wie jetzt – nur in der Tür stand, verwirrt und verloren, während die letzten Fetzen ihres Lebens vor ihren Augen verweht wurden.
    Gem Davidson schlug die Augen auf und sah nicht die verängstigten Gesichter der Watts’, die über sie hinweg auf etwas im Hintergrund Lauerndes starrten, sondern die roten, leicht gesprungenen Essteller, auf denen im Haus ihrer Familie so viele Mahlzeiten eingenommen worden waren. Im Porzellanschrank im Wohnzimmer hatten sie schöneres Geschirr, aber das war laut ihrer Mutter nur ›für besondere Anlässe‹. Gem konnte sich an keinen Anlass erinnern, der besonders genug gewesen war, um es aus der Staubschutzhülle zu holen. Es wurden immer die älteren, spülmaschinentauglichen Teller verwendet.
    Der Esszimmertisch der Davidsons war klein, dennoch bot er bei den seltenen Gelegenheiten, wenn sie beschlossen gemeinsam zu essen, genug Platz für die vier Familienmitglieder. Anscheinend war dies eine dieser Gelegenheiten. Ihre Mutter saß ihr gegenüber, spießte ein dampfendes Stück Brokkoli mit der Gabel auf und redete mit ihrem Vater, der rechts von Gem über seinem Teller kauerte. Obwohl ihre Mutter sprach, konnte Gem nicht verstehen, was sie sagte. Ihre Ohren wirkten verstopft, wodurch sich alles anhörte wie unter Wasser. Links von Gem schien Eliot von der Welt rings um sich nichts mitzubekommen. Ihr Bruder legte klirrend die Gabel auf dem Teller ab und ergriff ein Glas Milch. Das Geräusch der Gabel auf dem Teller ertönte laut und deutlich. Nur die Stimme ihrer Mutter und dann ein abwesendes Grunzen ihres Vaters zur Erwiderung klangen verschwommen. Eliot trank die Hälfte der Milch in einem ausgiebigen Zug, stellte hörbar das Glas ab und aß weiter. Hühnchenbrust, Kartoffelbrei und hellgrüne Brokkoli. Eine gute Mahlzeit.
    Gem schaute zur Küchentür hinüber. Aus diesem Winkel konnte sie gerade noch den Kalender erkennen, der an der Wand neben dem Telefon hing. November . Unabhängig davon, dass dieselbe Seite manchmal monatelang aufgeschlagen blieb, bis jemand daran dachte, sie umzublättern, vermutete Gem, dass es diesmal die richtige war. Ihre Mutter hatte groß aufgekocht, wenngleich das Hauptgericht aus Hühnchen statt aus Truthahn bestand, folglich war wahrscheinlich Thanksgiving. Zwei Tage im Jahr rechtfertigten ein formelles gemeinsames Essen, zumindest nach Ansicht ihrer Mutter – Thanksgiving und der achtzehnte Februar, der Geburtstag ihres Vaters. An diesen Tagen wurde der Ofen angeworfen, und die Familie aß, was immer daraus hervorkam, gemeinsam am Tisch. Der Tisch stellte einen entscheidenden Bestandteil der Routine dar – sie saßen an vielen Abenden beim Essen beisammen, allerdings sonst immer mit den Tellern auf dem Schoß vor dem Fernseher.
    »Eliot«, flüsterte sie, »kannst du mich hören?«
    Er schaute auf. An seiner Unterlippe hing ein kleiner Kartoffelbreiklumpen. »Entschuldige, was?«, fragte er nach.
    »Ob du mich hören kannst.«
    Er grinste. Der Kartoffelbreiklumpen löste sich, landete jedoch nicht auf dem Teller. Vermutlich hing er nun von seinem Hosenbein. Sie hatte nicht vor, ihn darauf aufmerksam zu machen. »Nein«, erwiderte er, schnaubte und spießte einen Brokkoli auf.
    »Ich mein’s ernst.« Sie flüsterte immer noch, dennoch unterbrachen ihre Eltern ihre unverständliche Plauderei und konzentrierten sich auf ihre Kinder. Eliot wischte sich abwesend mit dem Handrücken über den Mund. »Was ist hier los?«, fragte Gem.
    Plötzlich ertönte die Stimme ihrer Mutter klar und deutlich. »Ich fürchte, ich kann dir nicht folgen, Gem. Was meinst du?«
    Gem musterte die fragenden Mienen ringsum und seufzte. »Nichts. Ich bin bloß mit einem Haufen

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