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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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die Mörder vom Müggelsee eine Erfahrung fürs Leben: Man weiß vorher nie, wie es ausgeht, man weiß nur eins, es endet mit Sicherheit nicht so, wie man dachte, das Schicksal ist eine fettleibige Wahrsagerin auf der Cottbuser Kirmes, eine esoterische Matrone, die nicht mal Macht über ihre eigene Verdauung hat, die Vorsehung ist ihr kleinwüchsiger Bruder, ein mongoloider Hanswurst, der unter Meskalineinfluss Horoskope zusammenkontempliert, die Strategie und der Plan sind zwei morsche Krücken, in denen der Holzwurm schon Wiederbelebung gefeiert hat, und Gott ist ein überforderter Fleischwolf, der seit der Erfindung der Angst mit den Träumen und Hoffnungen der Schwachen gemästet wird, also, Freunde, huldigt Kaiser Zufall, dem unberechenbaren Gebieter, dem launischsten, willkürlichsten, folglich gerechtesten aller Monarchen, in seinem Hirnkasten organisiert ein unsterblicher Würfel rauschende Feste und des Zufalls Zunge dreht diesem Würfel zur Sicherheit noch mal jedes Wort im Mund herum. Das Leben ist das einzig legale Glücksspiel der DDR und das Morden in der DDR ist ein Glücksspiel, bei dem jeder Teilnehmer zusätzlich eine Roulettepistole trägt, also zügelt eure Erwartungen, nur wer mit nichts rechnet, kann auch gewinnen.
    Die Schuhe, sagt Wegener. Hoffmann trug niemals Schnürsenkel. Immer nur Slipper.
    Schlecht, wenn man dem Opfer die Schuhbänder zusammenbinden will, damit es im Hirn des Hauptmanns einen Knoten gibt.
    Sie mussten die Stasispur legen, also brauchten sie Schuhe zum Schnüren, sagt Wegener, denn die Finte funktionierte nur mit zusammengebundenen Schnürsenkeln, der schöne Plan durfte nicht platzen, die Senkel sind doch der Höhepunkt,
    die Mordspointe, sagt Früchtl, das riecht nach Ärger, wieso hat sich eigentlich niemand gefragt, was für Schuhe Hoffmann an seinem Todestag tragen wird? Warum hat niemand daran gedacht, dass er Slipper tragen könnte? Was sind das für lausige Hinrichtungsvorbereitungen, welche Stümper bilden sich hier ein, den Hauptmann an der Nase durch den Ring zu führen, die ganze schlaue Sündenbockstrategie droht zu scheitern wegen dieser Schluderei!
    Woher jetzt Schuhe mit Schnürsenkeln kriegen, mitten im Wald, sagt Wegener,
    das hieß Improvisieren, sagt Früchtl, nur so konnte noch ein Schuh draus werden, anders ging es nicht,
    also, sagt Wegener, der einzige Ausweg, einer der Mörder tauscht mit Hoffmann die Latschen,
    einer der Täter tritt seine Treter ab, sagt Früchtl, und kriegt dafür echtes Pferdeleder an die Füße, zum ersten Mal in seinem Henkersleben zwei richtig noble Gurken, von Blühdorn in Heidelberg organisiert, für Unsummen,
    und jetzt können sie Hoffmann die Schnürsenkel zusammen binden, sagt Wegener, um dem Mord jemand anderem in die Schuhe zu schieben,
    das war knapp, sagt Früchtl, aber was tut man nicht alles für eine gelungene Lüge.
    Danke, Josef.
    Bitte. Und was wird jetzt aus deinem Urlaub?
    *
    »Martin. Morgen.«
    »Du klingst wie ich mich fühle.« Wegener sackte auf den Küchenstuhl mit der angeknacksten Rückenlehne. Die Rückenlehne knackte.
    Frankenstein gähnte in den Hörer. »Wie viel Uhr?«
    »Gleich drei.«
    »Wie viel Uhr war es?« Frankenstein gähnte noch mal.
    »Fast sechs.«
    »Mein Gott. Wie bin ich nach Hause gekommen?«
    »Taxi.« Jetzt gähnte Wegener auch. »Wir haben noch vier Stunden.«
    »Also?«
    »1 7 Uhr im ›Jelzin‹«, sagte Wegener, »Hacksteakzeit.«
    »Was ist mit Brendel?«
    »Ich ruf ihn an.«
    »Gut. Bis gleich.«
    Wegener stand auf, schleppte sich zum Spülbecken, kippte zwei Gläser Kranwasser auf ex, dann noch ein halbes in kleinen Schlucken. Der übliche Kotzreiz stieg in ihm auf, sein Schädel war der Bautzener Steinbruch, in dem die politischen Gefangenen mit ihren Vorschlaghämmern einen Jahresrekord aufstellen wollten.
    Sex, dachte Wegener im fliesengrünen Dämmerlicht der Dusche und drehte das heiße Wasser auf, Sex könntest du mal wieder haben und gucken, wie du darauf reagierst, ob du das noch hinkriegst, wer unter dir landet, wenn du’s drauf anlegst. Wer immer es sein wird, auf jeden Fall ist es niemand, an den du jetzt denkst oder den du dir wünschst. Auf jeden Fall ist es jemand, den du nicht kennst oder den du dir jetzt nicht vorstellen kannst. Also, wen kannst du dir am wenigsten von allen vorstellen? Christa Gerdes. Wegener schüttelte sich, seifte sich ein, hatte einen Moment lang Lust, an den Kacheln herabzurutschen, in der viereckigen Wanne zu hocken und das

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