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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Geheimnisse sind menschlicher als jedes beschissene disco, discis , und du, Hauptmann IM Karolinabespitzler, willst jetzt zur Stasi rennen und um ein Abhörprotokoll weinen, dabei ist Fehler machen menschlicher als pathologische Vertrauenssucht, nur wer Fehler macht, dem kann überhaupt vertraut werden, denn nur dem ist doch noch bewusst, wogegen, wofür er votiert, nur wer Fehler macht, ist doch Mensch geblieben, errare humanissimum est, jetzt bitt ich dich regelrecht, formelhaft, kurz und bündig und alliterativ: Vertrauen statt Versauen! Didicero, didiceris, didicerit.
    Martin!
    Es fiept vor der Tür, Josef, es nagt in der Jacke.
    Und es klingelt in der Tasche.
    Wegener rollte sich auf die Seite, zog sein Minsk aus der Hose und las die TNT von Borgs’ Mobil, die durchs Display lief, wieder und wieder, ein redundanter Newsticker: Ronny Gruber wurde heute Abend liquidiert, Täter unerkannt entkommen. W . B.

Freitag, 28. Oktober 2011

33
    V erstanden.« Borgs lauschte in den violetten Hörer wie in ein auberginenförmiges Telefonorakel und blinzelte. Die Nachmittagssonne leuchtete ihm als gnadenlose Verhörlampe in seine Doggenvisage und präsentierte die ungeschminkte, dreitagebärtige Wahrheit: einen alten, übermüdeten, zerknitterten, verfetteten Polizeihund, der auf viel zu viele Hundejahre zurückblickte, der längst seine magere Staatsrente herbeisehnte, endlich ein Leben ohne Mörder, Bürokraten und Telefonate mit der Staatssicherheit.
    »Sag ich ja. Gut. Ihnen auch.« Borgs legte den Hörer auf und sah Wegener an. »Na, dann rat mal.«
    »Es gibt keine Zugriffskommandos in schwarzen Datschas, es gab gestern überhaupt keinen Einsatz im Prenzlauer Berg, Gabriel Opitz wurde nie in Gewahrsam genommen.«
    »Eine Kleinigkeit hast du vergessen.«
    »So.«
    »Wer Gegenteiliges behauptet, kann sich auf eine Anklage wegen Verleumdung von Staatsorganen vorbereiten, et cetera.« Borgs blinzelte. »Würdest du mal bitt e …?«
    Wegener stand auf und zog die dunkelbraune Gardine vors Fenster.
    »Tacheles, Martin.« Borgs saß jetzt im Schatten und sah noch genauso unzufrieden aus wie vorher. »Wir können froh sein, wenn sie dir nicht noch richtig ans Bein pissen, für das, was da gestern gelaufen ist. Ihr ward aus der Sache so was von raus, schön, wenn euch da noch tolle Einfälle kommen, aber ihr hättet die Sicherheit verständigen müssen, sofort, das wissen die, und das weißt du.«
    Wegener lachte. »Die mussten doch gar nicht verständigt werden, die waren doch vor uns da!«
    »Man kommt noch auf dich zu, wegen Bürger.«
    » Man kommt auf mich zu«, sagte Wegener, »und wenn man dann angekommen ist, dann kann man mich mal.«
    »Du machst jetzt eine Woche Pause. Ausnahme das Gespräch mit der Sicherheit, wenn die sich melden.« Borgs nahm das Phantombild vom Schreibtisch und starrte es an, als hätte der Zeichner ein nacktes, kugelrundes, doggengesichtiges Männchen gemalt, das vor lauter Wampe den eigenen Schwanz nicht mehr sehen kann. »Martin, du quatschst ne Stunde mit diesem Milchgesicht, und es kommt nichts dabei rum außer einer ideologischen Debatte?«
    Wegener lehnte sich gegen die Fensterbank. »Ich war nicht im Plänterwald, weil der ein Interview geben wollte.«
    »Stimmt, du warst ja da, weil ein Terrorist die Polizei um Informationen bittet! Wenn ich nicht schon so ewig dein dicker Chef wäre, ich würde sagen, das ist der irrste Schwachsinn, den ich je gehört habe.«
    »Schwachsinn fällt direkt in meinen Verantwortungsbereich.«
    »Warum warst du unbewaffnet?«
    »Walter, wenn ich bewaffnet gewesen wäre, hätte ich ihnen mein Eisen auf einem Samtkissen übergeben, die waren mindestens zu viert, vielleicht zu vierzigst, was weiß denn ich.«
    »Und über Gruber kein Wort?«
    »Ich servier denen doch nicht unseren Informanten.«
    Borgs stützte den Kopf auf die fetten Händchen. »Sie können es auch sonst wie rausgekriegt haben.«
    »Oder die Stasi hat ihn selbst erledigt.«
    »Das ist doch Schwachsinn, Martin! Kranker Schwachsinn! Der Mann war einer der wertvollsten V-Leute der Stasi und dann wird er dem K5 unter den Händen abgeknallt. Die ganze Chose macht mich wild. Die größte Katastrophe ist die Geschichte mit Kayser. Und jetzt noch dieser Dreck! Wo sind wir denn?«
    »In einem Land, in dem man Raufutter verzehrende Großvieheinheit zu einer Kuh sagt.«
    »Du schreibst jetzt einen endgültigen, abschließenden, finalen, allerletzten Bericht.« Borgs drückte sich aus seinem

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