Planet am Scheideweg
Donnerkeile raste diese Form, angefüllt mit Ladung und Menschen, auf den Ball Chirianas zu.
»Ich hätte gern eine wichtige Frage an dich gerichtet«, begann Yahai Paik behutsam. Sein scharfes Gesicht wurde von der vielfarbigen Beleuchtung der Uhren, Skalen und Anzeigen in ein geheimnisvolles Licht getaucht. Jetzt hatten seine Züge etwas unverwechselbar Dämonisches.
»Ja, bitte«, entgegnete Toshi Eostor. Sie war auf dem heutigen Flug die Kopilotin des Schiffes. In wenigen Stunden würden sie auf Chiriana landen.
»Du hast die Fernsehkommentare über die sechs Zehnjahrespläne gehört?«
Toshi nickte. Auch ihr Gesicht lag im ungewissen Dämmerlicht der Skalen. Sie saß links neben Yahai in der scharfen, bugförmigen Spitze des Schiffes und betrachtete den Raum vor dem Schiff.
»Ich habe die grundsätzlichen Ausführungen gehört!« bestätigte sie.
Paik griff nach einem schweren Schieberegler und nahm eine Korrektur an der Leistung der Triebwerke vor.
»Du kennst vermutlich auch die jüngsten Indiskretionen?« fragte er weiter.
»Ich lese die liberale Presse«, gab die junge Frau zu. Sie ahnte noch nicht, worauf der Chefpilot hinauswollte. Paik war einer von etwa zwei Dutzend hochqualifizierter Männer, denen man die besten Schiffe und die schwierigsten Routen anvertraute. Wenn er Fragen solcher Art stellte, war mehr dahinter als eine normale Kommunikation zwischen Kollegen.
»Hast du über die Folgerungen nachgedacht?«
Toshi hob die Schultern und sagte leise:
»Eigentlich nur über die, die uns Raumfahrer angehen. Ich sehe nichts Niederschmetterndes im Vorhaben unseres allerhöchsten Chefs.«
»Ich auch nicht«, sagte Yahai. »Ich sehe nur eine Serie sich steigernder Auseinandersetzungen zwischen Chiriana und Dshina kommen.«
»Das verstehe ich nicht, Yahai!« meinte Toshi und drehte ihren schweren Sessel halb herum.
Toshi Eostor gehörte zu den Piloten der Klasse Eins. Sie war sechsundzwanzig Jahre alt, von gutem Aussehen und schneller Auffassungsgabe. Auf der Suche nach einer Arbeit, die ihr entsprach, hatte sie ein Dutzend verschiedener Stellungen innegehabt. Die Raumfahrt saß ihr im Blut, ohne daß sie es gewußt hatte. Als sie es merkte, schrieb sie sich in der Akademie ein und gewann ihre Qualifikationen in derselben Geschwindigkeit, wie sie früher andere Pluspunkte gesammelt hatte.
»Ich spreche von Ousmane Diacks Planung«, erklärte der Pilot.
»Ich verstehe«, gab sie zurück. »Der Zehnjahresplan, der sich auf die Erzeugung sauberer Energie stützt und somit auf die Ausbeutung der Planetenkruste unter dem Raumhafen, auf dem wir in Kürze landen.«
Yahai hatte sämtliche Unterlagen mitgenommen und die betreffenden Fernsehsendungen mitgeschnitten. Er würde Yebell Le Monte ausreichend informieren.
»So ist es. Was denkst du darüber?«
Sie entgegnete:
»Ich glaube, daß Ousmane weiß, was er will. Ich glaube nicht, daß seine Vorschläge seinem persönlichen Machtstreben entspringen. Obwohl ich überzeugt bin, daß er jetzt genau die Position hat, die er sein Leben lang gesucht hat.«
Yahai antwortete lakonisch:
»Der Umstand, daß viele der Blacklanders meine Freunde sind, läßt mich das Problem etwas anders sehen. Würdest du Ousmane zutrauen, daß er versucht, die Megamikren aus ihrem Paradies hinauszuekeln?«
Jetzt blickte ihn das Mädchen mit offener Überraschung an. Sie zündete sich eine Zigarette an und drückte auf den Rufknopf für die Nachtwache der Kombüse.
»Höre ich recht? Gibt es Beweise dafür?«
Yahai zog die Schultern hoch und meinte:
»Vorläufig nur ein nicht ganz unbegründetes Denkmodell. Wir haben den Generalvertrag, der beide Parteien verpflichtet.«
Sie schnippte mit den Fingern und schaltete das Funkgerät ein, nachdem sie sorgfältig vier verschiedene Uhren kontrolliert hatte.
»Das habe ich niemals richtig verstanden. Wozu verpflichtet eigentlich der Generalvertrag die sechstausend Blacklanders?«
»Dazu, die Maschinen sämtlicher Abbaulager und die übrige Technik funktionsfähig zu halten. Sie werden dafür nicht bezahlt, aber das, was wir hierher fliegen, garantiert ihr Leben. Sie arbeiten für ihren Lebensunterhalt und garantieren damit das wirtschaftliche Wachstum Dshinas. Alles übrige, was sie selbst ›verdienen‹, gehört ihnen. Dafür können sie kaufen, was sie wollen. Sie exportieren Felle und kostbare Pelze und in wenigen Jahren auch Planoformer aus der eigenen Universität. Und sie haben das unverbrüchliche Recht, ihren
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