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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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zu Johnny Cash und Cher, haben mindestens ein paar Indianer in ihrem Stammbaum. Elvis Presley hatte Cherokee-Vorfahren; Country-Star Shania Twain ist anerkanntes Mitglied der kanadischen Ojibwa (»Shania« bedeutet »Ich mache meinen Weg«), und wir wollen hier auch den Golf-Star Tiger Woods nicht verschweigen.
    Und die Reihe berühmter »Native Americans« lässt sich fortsetzen: Es ist schwer, jemanden zu finden, der »amerikanischer« war als Will Rogers, der allseits beliebte Radiokomiker, Cowboy-Philosoph und politische Kommentator aus Oklahoma, berühmt für seinen Ausspruch: »Ich habe nie jemanden kennengelernt, den ich nicht mochte« – er war Cherokee. Der Choctaw Joseph Oklahombi bekam die französische Ehrenmedaille im Ersten Weltkrieg, nachdem er zusammen mit 23 Kameraden 171 deutsche Soldaten angriff, gefangen nahm und seine Stellung tagelang verteidigte, und John Herrington wiederum, Chickasaw, war der erste Indianer im Weltall.
    Die erstaunliche Karriere des Charles Curtis wäre ebenfalls in einem Reservat schlecht möglich gewesen: Von seinen Großeltern unter den Kaw in Kansas aufgezogen, verließ er als junger Mann das Reservat und studierte Recht. Seine lange politische Karriere gipfelte im Amt des Vizepräsidenten der USA von 1929 bis 1933. Die Zeiten, da ein Indianer in der Politik sich als »der erste Indianer in einem höheren politischen Amt« rühmen konnte, sind längst vorbei. Dennoch hat es Susan Allen geschafft, die »erste Indianerin« in einem ganz bestimmten Bereich zu sein: Als Rosebud-Sioux-Indianerin in Minnesota studierte sie Recht und spezialisierte sich auf Indianerfragen, bis sie 2012 in Minnesotas Repräsentantenhaus gewählt wurde – und zwar als erste lesbische Indianerin in einem höheren politischen Amt.
    Wer dagegen an das Leben in den Reservaten denkt, dem kommt höchstwahrscheinlich so etwas wie Wind River in den Sinn.
    Auf neun Millionen Quadratkilometern leben hier 14.000 Menschen. Alles ist schlimmer hier: Kindesmisshandlungen, Teenager-Schwangerschaften, sexuelle Übergriffe, häusliche Gewalt, Alkoholismus und Drogenmissbrauch. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 49 Jahren, 40 Prozent aller Highschool-Schüler machen keinen Abschluss, und die Arbeitslosigkeit liegt bei über 80 Prozent. Dabei mangelt es eigentlich nicht an Jobs: Die Ölförderung in Wyoming boomt geradezu, aber die Indianer bekommen keine Stellen, weil sie die Drogentests nicht bestehen (oder umgekehrt).
    Draußen vor den Städten windet sich ein blaues Flüsschen malerisch durch die Hügel, die sich bis zum Horizont ziehen; in den Straßen dagegen bietet sich ein anderes Bild: haufenweise leere Whiskey- und Wodka-Flaschen, Schmerzmittelschachteln, Graffiti an den Wänden, Häuser, die bis auf das Fundament heruntergebrannt sind. Die Hoffnungslosigkeit regiert.
    Doch so etwas wie Wind River ist heute die Ausnahme. Die meisten Reservate sind inzwischen nicht mehr das, was sie mal waren.
    In den 70ern bekamen die Chippewa-Indianer Russell und Hellen Bryan, die in einem Wohnwagen lebten, zum ersten Mal eine Rechnung vom Bundesstaat Minnesota über die zu entrichtende Grundsteuer. Dass ein Bundesstaat Steuern erhebt, auch in einem Reservat, ist nichts Außergewöhnliches, immerhin leistet er auch dort gewisse Verwaltungsdienste. Allerdings hatten die Bryans das Geld nicht, also gingen sie zum Anwalt und fragten, was man tun könne. Da fiel ihnen ein, dass ein Reservat eigentlich souveränes Territorium ist. War eine Steuerforderung von außen dann überhaupt legal? Sie legten Widerspruch ein mit der Behauptung, ein Bundesstaat könne keine Steuern bei einem souveränen Volk erheben. Das Gericht allerdings fand: doch, das ginge sehr wohl. Auch die nächsten beiden Gerichte, die die hartnäckigen Bryans anriefen, bestätigten: Minnesota darf das.
    Ein Gericht war anderer Meinung: das Oberste. Es stellte fest, dass ein Bundesstaat nicht nur kein Recht hat, von einem anerkannten souveränen Indianerstamm Steuern zu erheben, sondern dass er dem Stamm auch sonst nichts zu sagen hat: das Arbeitsrecht, ein Tempo-Limit, gar nichts kann ein Bundesstaat regeln, sondern höchstens der Kongress.
    Das brachte einige Indianer auf neue Gedanken. Es war, als ob sie zum ersten Mal erkannt hätten, was »Souveränität« überhaupt bedeuten kann. Und dass ein Casino bestimmt eine Menge Geld einbringen könnte, da Glücksspiel ja in den USA zumeist verboten ist. Auf einmal wurde ein Casino nach dem anderen

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