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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Cherokee-Häuptling Major Ridge zum Beispiel unterschrieb einen Vertrag, wonach sein Volk sich freiwillig westlich des Mississippi ansiedeln würde. Einige Cherokee waren darüber so erzürnt, dass sie Major Ridge töteten. Es war aber zu spät, den Vertrag rückgängig zu machen, und die Cherokee wurden, genau wie die anderen vier »zivilisierten Stämme«, nach Westen vertrieben.
    Den Choctaw wurde das Angebot gemacht, wer nicht wegziehen wolle, könne US -Bürger werden und vor Ort ein Stück Land bekommen. Wer jedoch lieber in einer souveränen »Nation« leben wolle, müsse weiter westwärts ziehen, dorthin, wo es damals noch Land gab, das nicht zu den USA gehörte. Rund 1.300 »zivilisierte« Choctaw wollten bleiben und wurden – als erste größere Gruppe – zu US -Bürgern.
    Allerdings bekamen von diesen nur 143 Familien das versprochene Land, und auch die hatten keine große Freude daran, denn sie waren dem Zorn und Rassismus der weißen Siedler ausgesetzt. Ein Choctaw beschrieb es so: »Unsere Häuser wurden verbrannt, unsere Zäune zerstört, ihr Vieh weidete auf unseren Feldern, und wir selbst wurden verprügelt, gefesselt und auch sonst misshandelt, bis einige der Besten unter uns ob solcher Misshandlung gestorben sind.«
    Die anderen etwa 15.000 Choctaw, die sich meist zu Fuß in einem Treck aufmachten, waren auch nicht besser dran. Man schätzt, dass rund 2.500 unterwegs umkamen. Die »Choctaw Relocation« hatte eine – bis dato existierende – Hemmschwelle überschritten und wurde nun zum Vorbild für den Umgang mit anderen Stämmen: Hintereinander wurden die Cherokee, Creek, Seminolen und Chickasaw verjagt. Bis 1837 waren insgesamt etwa 46.000 Indianer vertrieben und 100.000 Quadratkilometer Land enteignet.
    Manche Indianer zogen bereits vor den jeweils angesetzten Terminen gen Westen, die meisten warteten jedoch den letztmöglichen Tag ab, vielleicht in der Hoffnung, die USA würden ihre Drohung nicht wahrmachen. Vergeblich. Das Militär trieb die Übriggebliebenen zusammen in Camps, wo sich schnell Krankheiten ausbreiteten.
    Der französische Beobachter Alexis de Tocqueville war in Memphis, Tennessee, dabei, als eine Gruppe von Choctaw ihren Treck begann, und beschrieb es so: »Die Szene umgab eine Atmosphäre von Zerstörung und Zerfall … man konnte nicht zuschauen, ohne dass einem das Herz wehtat. Die Indianer waren ruhig, aber wortkarg und traurig. Einer sprach Englisch, und ich fragte ihn, warum die Choctaw das Land verließen. ›Um frei zu sein‹, antwortete er, und ich konnte keine andere Antwort aus ihm herausbekommen.«
    Für viele Cherokee startete der Treck im Winter 1838, ohne rechte Winterkleidung und meist zu Fuß. Aus christlicher Barmherzigkeit wurden ihnen Decken aus einem Krankenhaus gegeben. Allerdings war dort kurz zuvor eine Pocken-Epidemie ausgebrochen, und damit sie die Pocken nicht verbreiteten, durften sie nicht durch die Städte ziehen. In Illinois erreichten sie im Dezember, dem Hungertod schon nah, einen Fluss, den sie nur mit Hilfe einer Fähre – Berry’s Ferry – überqueren konnten. Die Überquerung kostete 12 Cent pro Person. Für Weiße. Für Indianer einen Dollar. Das heißt, wenn man dazu kam. Alle Weißen mussten natürlich zuerst übergesetzt werden. Die Cherokee warteten unterhalb eines Felsens. Allein während der Wartezeit starben einige. Andere wurden von Menschen aus der Stadt gejagt und erschossen.
    Heute nennt man die Routen, die die Indianer nahmen, den »Trail of Tears«.
    Ein paar Jahre später schon wurde klar, dass die Vereinigten Staaten auch das Land westlich des Mississippi brauchen würden. Man konnte die Indianer aber nicht ewig nach Westen vor sich herschieben – irgendwann würde man ihnen Land zugestehen müssen. Natürlich sollte es möglichst Land sein, das die Weißen nicht sonderlich interessierte – die Idee der Reservate war geboren.
    Schon 1851 wurden in Oklahoma die ersten Reservate geschaffen, wo Indianerstämme souverän als eigene »Nation« leben konnten. Heute gibt es über 300 in Amerika. Insgesamt gehören 225.400 Quadratkilometer den Indianernationen, das sind rund 2,3 Prozent der USA , ungefähr so viel wie ein Drittel von Deutschland. Das größte, die Navajo Nation, ist etwas größer als Bayern, doch mit wenigen Ausnahmen handelt es sich nach wie vor um entlegene Landstriche, die man nicht unbedingt brauchte: Niemand gab den Indianern ein paar Blocks mitten in Manhattan oder die Bucht von San Francisco oder

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