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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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die Ölfelder von Texas.
    Ein Reservat ist ein halb-souveränes Territorium: Die Stämme machen ihre eigenen Gesetze und ihre eigene Politik, kümmern sich um Verwaltung und Infrastruktur, erheben Steuern. Sie dürfen zwar keine stehende Armee ins Leben rufen, keine eigene Währung besitzen und Kapitalverbrechen wie Mord müssen vom FBI untersucht werden, aber sie können Weißen den Zutritt verbieten und auch eigene Mitglieder verbannen. Seit 1923 erhalten Indianer – neben der Zugehörigkeit zu ihrer »Nation«, dem Stamm – automatisch die amerikanische Staatsbürgerschaft und besitzen damit eine Art doppelte Staatsbürgerschaft.
    Heute leben wieder rund 5,2 Millionen Indianer oder Halb- bzw. Teil-Indianer in den USA , inklusive der Inuit in Alaska. Das sind etwa 1,7 Prozent der Bevölkerung, und die Zahl steigt: Bis 2050 wird der Anteil der Indianer nach Prognosen auf 2 Prozent der Bevölkerung anwachsen.
    Direkt nach dem »Trail of Tears« lebten wahrscheinlich weniger als 25.000 Cherokee in Amerika; heute sind sie der größte Stamm der USA mit rund 300.000 Mitgliedern.
    Überblickt man die letzten 500 Jahre, waren die Indianer kontinuierlich einem überlegenen Gegner hilflos ausgeliefert.
    Jetzt, zum ersten Mal, sind sie das nicht mehr.
    Heute ist alles anders, obwohl viele es noch nicht gemerkt haben. Als Erstes hat sich die Einstellung ihnen gegenüber geändert.
    2003 passierte etwas Merkwürdiges in Montana:
    Little Bighorn ist ein flacher Hügel entlang eines kleinen Flusses in der Prärie. Für die Amerikaner ein Symbol der Hybris, Scham, Dummheit – und Niederlage. Für die Indianer ist es eine Quelle des Stolzes. Little Bighorn ist eines der wenigen Schlachtfelder, auf denen die Indianer ihre Feinde geschlagen haben, und zwar so vernichtend, dass es heute noch wehtut.
    George Armstrong Custer war im Bürgerkrieg – abgesehen von einem gewissen Hang zum Dandytum – stets ein respektierter Offizier gewesen. Nach dem Krieg wurde er in den Westen geschickt, um an diversen Indianerkriegen teilzunehmen, vor allem gegen eine umtriebige Gruppe von Lakota-Indianern, die ihre Reservate verlassen hatten und nun unter dem berüchtigten Häuptling und Krieger Sitting Bull die Gegend unsicher machten.
    Als Custer erfuhr, dass sich Sitting Bull mit 800 rebellierenden Indianerkriegern am Little Bighorn niedergelassen hatte, machte er sich umgehend mit einem Trupp von 700 Soldaten dorthin auf.
    Was er nicht wusste: Sitting Bull hatte sich mit Gruppen von Cheyenne- und Arapaho-Indianern verbündet. Es lagerten deshalb nicht 800, sondern bis zu 7.000 Indianer am Little Bighorn, mitunter Frauen und Kinder, aber möglicherweise eben auch bis zu 2.000 Krieger, einschließlich solcher Helden wie Iron Hawk, Kicking Bear, Crow King, Black Moon, Rain-in-the-Face, Kill Eagle, White Bull, He Dog, Hollow Horn Bear, Two Moons, American Horse und vor allem dem »Krieger des Tages«: Crazy Horse.
    Die Schlacht dauerte zwei Tage. Danach war Custer tot, rund die Hälfte seiner Soldaten auch und die siebte Kavallerie so gut wie ausgelöscht. Und die Indianer, die zwischen 30 und 300 Gefallene zählten, feierten den größten Sieg ihrer Geschichte.
    Wir sollten uns darüber im Klaren sein: Die Indianer haben diese Schlacht gewonnen – die Amerikaner haben verloren. Wenn der Verlierer also hier ein Denkmal errichtet, dann höchstens, um seiner eigenen Opfer zu gedenken.
    Genau das haben wir auch lange getan. Schon drei Jahre später wurde das Schlachtfeld mitsamt Gräbern feierlich zum Nationalfriedhof erklärt, und wir gedachten regelmäßig unserer Toten.
    Dann, irgendwann nach dem Oscar-Auftritt von Sacheen Littlefeather, fiel uns langsam auf, wie geschmacklos das im Gesamtzusammenhang eigentlich war, unserer Gefallenen im Krieg gegen die Indianer zu gedenken. Denn letztendlich waren wir ja nicht die Opfer – sondern die Täter. 2003 errichteten wir deshalb für 2,3 Millionen Dollar direkt neben dem Custer-Denkmal auch ein Denkmal für die Gefallenen des »Feindes«. Heute wird dort also der Toten beider Seiten gleichermaßen gedacht. Und dadurch hat sich die Bedeutung des Nationalparks Little Bighorn gewandelt: von einem Symbol der Niederlage zu einem Eingeständnis unserer Schuld und einem Angebot zur Versöhnung zugleich.
    Der Lakota-Sioux-Indianer Enos Poor Bear, der jedes Jahr seine gefallenen Vorfahren am Little Bighorn ehrt, sagte einem Reporter bei der Einweihung des neuen Denkmals: »Jetzt können wir alle die

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