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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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in einem der ärmsten Reservate der USA , Pine Ridge in South Dakota, eine Klage gegen Amerikas größte Brauereien sowie gegen vier Alkoholläden angestrengt. Diese »liquor shops« befinden sich direkt neben dem Reservat in einem winzigen Kaff mit vielleicht einem Dutzend weißer Einwohner. Dafür ist der Absatz der vier Läden aber enorm: fünf Millionen Bierdosen im Jahr. Ihre Kunden sind Indianer, die das Bier ins Reservat schmuggeln. »Schmuggeln« ist das richtige Wort, weil Alkohol im Reservat verboten ist. In Pine Rigde gibt es nämlich eine immens hohe Alkoholismus-Rate, mit all den schrecklichen Folgen, die dies mit sich bringt. Im Rahmen der Klage wird nun behauptet, Brauereien und Läden wüssten ganz genau, wer ihre Kunden seien, und beförderten daher wissentlich den Schmuggel, ähnlich wie ein Drogenboss in Kolumbien den Schmuggel von Drogen in die USA befördere. Pine Ridge verlangt demzufolge Kompensation für erhöhte Kosten im Polizei-, Sozial- und Gesundheitswesen in Höhe von 500 Millionen Dollar.
    Und das ist erst der Anfang …
    Als damals die ersten vereinzelten Pilger amerikanischen Boden betraten, Typen, die besser beten als jagen und fischen konnten und offensichtlich nicht lange durchhalten würden, hatten die Indianer keine Ahnung, was da auf sie zukam, und waren weder technisch noch politisch dafür gerüstet. Ich kann nicht umhin, mich zu fragen, was passiert wäre, wenn sich nicht nur die Irokesen, sondern all die zahlreichen Stämme irgendwann im 18. Jahrhundert zu einer einzigen großen Nation zusammengeschlossen hätten. Es war die Einigung, die den Indianern ihren größten Sieg am Little Bighorn beschert hatte. Rein von ihrer Zahl her hätten sie gemeinsam schon vorher gegen die Kavallerie einiges ausrichten können, mindestens genug, um auf die Einhaltung der gebrochenen Verträge zu pochen.
    Die Idee ist gar nicht so abwegig.
    Wir stellen uns Indianer gern als Einzelkämpfer in kleinen familiären Stämmen in der Prärie vor. Das war aber für sie nur eine Art zu leben, die sie teilweise auch erst relativ spät wählten. Neben Jägern und Kriegern gab es jede Menge Händler, die auf einem Netz von Flüssen Amerika durchquerten und Waren aus diversen Regionen und von unterschiedlichsten Stämmen tauschten. Manche Stämme besaßen bereits eine Währung, zum Beispiel das »wampum« im Nordosten – ein sicheres Zeichen für eine bereits ausdifferenzierte Wirtschaft.
    Und dann gab es Cahokia.
    Je besser französische Pelzhändler den Mississippi kennenlernten, desto häufiger fiel ihnen ein seltsames Phänomen auf: Hügel, mitten auf dem platten Land. Sie lagen verstreut entlang des Mississippi, mit Gras und Bäumen überwuchert, und wirkten seltsam symmetrisch – wie von Menschenhand gemacht. 1831 kaufte T. Amos Hill das Land um einen dieser Hügel herum und grub nach einer Quelle. Dabei stieß er auf menschliche Knochen. Bald interessierten sich Archäologen dafür und stellten fest: Es handelte sich um eine Pyramide – mitten in Nordamerika. Nicht aus Stein, sondern aus Erde: ein »Mound«. Sie wies eine Höhe von 30 Metern auf, und obendrauf hatte sich einst ein Gebäude befunden, das nochmals 15 Meter hoch war.
    Ganz langsam kristallisierte sich das Bild einer untergegangenen Indianerkultur des Südens heraus: Sie lebten nicht in Tipis, sondern in riesigen Städten, deren Mittelpunkt eine oder mehrere Erdpyramiden waren. Die größte Stadt dieser Art lag im heutigen Illinois, und man nennt sie Cahokia. Ihr Stadtkern war 15 Quadratkilometer groß, eingefasst von einer Stadtmauer aus massiven Holzpfählen, wies sage und schreibe 120 Pyramiden auf und zählte zu seinen Glanzzeiten bis zu 40.000 Einwohner – eine Großstadt, vergleichbar mit London und Paris zu jener Zeit. Auch vom Baustil her vergleichbar übrigens: London und Paris bestanden um 1200 herum ebenfalls vorwiegend aus Holz.
    Cahokia hatte genau wie die Indianermetropolen Mittel- und Südamerikas eine politische Elite, die starken Einfluss auf die Stämme und Städte der Umgebung nahm und die öffentliche Dienste wie Straßenbau und Bewässerung koordinierte. Man vermutet, dass die Stadt – besser gesagt: das Reich – eine Polizei besaß sowie Läden und Märkte, eine geregelte Landwirtschaft und Feiertage mit aufwendigen überregionalen Sportveranstaltungen (wozu übrigens höchstwahrscheinlich Popcorn angeboten wurde). Schmiede bearbeiteten Kupfer und exportierten es zu weit entfernten Stämmen.
    Keiner weiß,

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