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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Militäreinsätzen – Friedensmissionen im ehemaligen Jugoslawien, in Liberia, Ruanda, Bosnien, Haiti, Somalia, im Irak und in Ost-Timor – allein unter Präsident Clinton. Dazu kommen noch die vielen Fälle, in denen wir Rebellen oder Alliierten Geld und Waffen zugesteckt oder die CIA bzw. andere Organisationen sich heimlich eingeschaltet haben.
    Es scheint fast, dass Amerika nichts anderes will, als sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen – und das am liebsten mit gezogener Waffe. Man könnte meinen, wir mögen das einfach. Man könnte glauben, wir lieben den Krieg.
    Möglich wäre es: Krieg war immer gut zu uns.
    Sicher, es gab genug Kriege, die Katastrophen waren, wie in Vietnam oder im Irak oder auf den Philippinen. Das waren aber nicht die entscheidenden. Diese nämlich waren in der Tat gut für uns – so gut, dass ein Krieg für uns vielleicht zwar grausam, unberechenbar und unmenschlich ist, aber letztendlich einen Versuch wert.
    Der Ausgang unseres ersten Krieges, des Unabhängigkeitskrieges gegen England, hing lange Zeit am seidenen Faden. Wir hätten ihn nie gewonnen, wenn die Franzosen uns nicht zur Hilfe gekommen wären; und auch nicht, wenn England seine Kolonien nur ein klein wenig wichtiger gewesen wären. Dass wir aber tatsächlich siegten, ermöglichte uns die Unabhängigkeit und verhalf uns zu einem eigenen Staat, der heute der mächtigste der Welt ist. Es hat sich gelohnt!
    Als der Süden sich vom Norden lossagte, begann der verheerendste Krieg unserer Geschichte. Wenn wir am Anfang des Krieges gewusst hätten, welchen Preis wir zahlen würden, hätten wir es vermutlich nie getan. Heute gäbe es eben zwei Staaten, wo es jetzt einen gibt, vielleicht sogar mehr, und es wären wahrscheinlich kleine, strukturschwache Staaten, eine Art Balkan auf dem nordamerikanischen Kontinent. Dass Amerika heute stark, erfolgreich und geeint ist, verdanken wir der halben Million Opfer des Krieges. Heute glauben die meisten Amerikaner deshalb: Es hat sich gelohnt.
    Der Zweite Weltkrieg war für uns ein Zweifrontenkrieg: in Europa und im Pazifik. Wir wollten keinen Krieg, und wir bekamen zwei. Heute gibt es die Nazis nicht mehr, Deutschland und Japan sind demokratisch und starke Wirtschaftspartner, und wir sind eine Supermacht. Es hat sich gelohnt.
    Einige unserer stolzesten Momente sind mit Krieg verbunden. Die Generation meines Vaters, die im Zweiten Weltkrieg gedient hat, nennen wir »The Great Generation«. Niemand weiß heute mehr, warum George Washington im Unabhängigkeitskrieg den Fluss Delaware überquerte und zu was das geführt hat, aber jeder kennt das heroische Gemälde, in dem er stolz und aufrecht im Boot steht, und der Spruch »crossing the Delaware« hat für uns den gleichen epischen, schicksalsschwangeren Klang wie der Ausdruck »den Rubikon überqueren«.
    Deshalb wird in den USA immer wieder Krieg aufs Neue in Betracht gezogen und erwogen, egal, wie der letzte ausgegangen ist. Heute, nach der Irak-Erfahrung, gibt es in Amerika vermutlich mehr Pazifisten als Kriegstreiber, doch das kann sich jederzeit ändern, denn tief im Herzen wissen wir: Krieg kann sich auch lohnen. Deshalb erschrecken meine deutschen Freunde so, wenn ich über das Für und Wider eines Krieges diskutieren will: »Wie kannst du einen Krieg überhaupt in Betracht ziehen?«, höre ich immer wieder. »Ihr redet ja, als ob das eine Option wäre. Habt ihr nichts aus der Vergangenheit gelernt? Wisst ihr denn nicht, was Krieg bedeutet?«
    Doch, doch, wir wissen, was Krieg bedeutet, aber für uns bedeutet er etwas anderes als für euch.
    Warum die Europäer uns Amerikaner öfter für bizarre, irrationale Hampelmänner halten, habe ich erst begriffen, als ich im Fernsehen die Amtseinführung von Angela Merkel sah.
    Frau Merkel ging im Bundestag auf das Podium, aber nicht ganz bis zum Pult, sondern in eine Art Ecke zwischen den ganzen langweiligen blauen Bürostühlen. Irgendein Typ hielt ihr den Text vor die Nase, sie las den Eid ab, und schon war es vorbei.
    Wo blieb das Gebet eines bekannten, beliebten Pastors, das den Segen Gottes für das Land erbat? Das Gedicht von Deutschlands beliebtestem Nationaldichter, der eine friedliche Welt angesichts deutscher Gerechtigkeit und Ideale besingt? Wo blieb die Big Band, wo waren die Paraden, das Konfetti? Die Zeremonie fand nicht einmal vor einer jubelnden, fähnchenschwenkenden Menge statt. Es war … so normal. Eine ganz normale Amtshandlung.
    In dem Moment habe ich

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