Planeten 03 - Venus
mir einen stummen Empfang, als ich in die Mannschaftsunterkunft zurückkehrte. Sie sahen nicht einmal in meine Richtung. Nicht einmal Sanja, der dienstfrei hatte, als ich dort erschien.
Amarjagal, der Erste Maat, musste oben auf der Brücke gewesen sein. Fuchs war in seinem Quartier. Meines Wissens mit Marguerite. Die beiden zusammen.
Ich versuchte, diese Vorstellung zu verdrängen.
Trotz allem schlief ich ein. Vielleicht hatte Marguerite mir mit der Transfusion ein Sedativ oder einen Tranquilizer verabreicht. Ich schlief tief und traumlos. Als ich wieder aufwachte, fühlte ich mich frisch und kräftig.
Ich schwang mich aus der Koje und stapfte barfuß zur Toilette. Zwei Besatzungsmitglieder wuschen sich gerade. Als ich hereinkam, beendeten sie die Körperpflege hastig und verschwanden.
Ein Paria.
Sie behandelten mich wie einen Aussätzigen. Wenigstens sicherte ich mir dadurch die alleinige Nutzung der Toilette und Dusche.
Ich wickelte mir immer ein Handtuch um die Hüften, wenn ich von der Dusche zur Koje zurückging. Die anderen waren nicht so schamhaft. Selbst die Frauen waren ziemlich freizügig, obwohl ich sagen muss, dass keine von ihnen mein Interesse weckte. Das war kein Rassismus; ein paar der aufregendsten und erotischsten Frauen, die ich jemals kennengelernt hatte, waren Asiatinnen. Aber die Frauen an Bord der Lucifer waren entweder muffig und korpulent oder muffig und so spindeldürr, dass man die Rippen zu zählen vermochte.
Wirklich nicht mein Typ.
Wie dem auch sei, als ich mit nassem Haar und um die Hüfte geknotetem Handtuch aus der Dusche kam und zu meiner Koje ging, sah ich, dass ein paar Besatzungsmitglieder sich um eine andere Koje versammelt hatten. Sie schienen nichts besonderes zu tun, sondern einfach nur dazustehen.
Ich dachte mir nichts weiter dabei, machte die Trennwand zu und zog mir einen frischen Overall an. Es war die letzte saubere Garnitur in der Schublade unter der Koje.
Ich würde entweder im Vorratsschrank nachsehen oder fragen müssen, ob es eine Wäscherei an Bord gab.
Die Leute standen noch immer an derselben Stelle wie ein paar Minuten zuvor, mit dem Rücken zu mir. Ich erkannte Bahadur an der großen Statur und dem Glatzkopf.
Ich war neugierig, doch offensichtlich versuchten sie mich auf Distanz zu halten. Ich hatte aber den Eindruck, dass sie um Sanjas Koje herumstanden.
Zumindest glaubte ich, dass es sich um seine Koje handelte.
Was geht da vor?, fragte ich mich. Aber ich befürchtete, dass ich in Schwierigkeiten geraten würde, wenn ich fragte oder mich zwischen sie zu drängen versuchte, um zu sehen, was dort los war.
Aber das brauchte ich auch gar nicht. Sie zogen sich nämlich von der Koje zurück, wobei jeder von ihnen in eine andere Richtung zu gehen schien.
Bahadur ging langsam zum Interkom, das neben der Luke in die Wand integriert war und murmelte sich etwas in den Bart.
Ich hatte nun freie Sicht auf Sanjas Koje. Die Trennwand war zurückgeschoben. Er lag auf dem Rücken und starrte ins Leere. Die Kehle war durchgeschnitten und mit Blut verkrustet.
Ich übergab mich.
BESTRAFUNG
Fuchs schaute auf Sanjas Leiche hinab. Niemand hatte sie berührt.
Bahadur hatte den Kapitän gerufen. Eine der Frauen hatte mir ein Tuch gegeben, um mir das Gesicht zu säubern. Eine andere reichte mir einen Wischlappen, um das Erbrochene auf dem Boden zu beseitigen.
Fuchs untersuchte Sanjas Leiche und bewegte die Hand- und Fußgelenke.
»Er ist schon seit ein paar Stunden tot«, murmelte er, mehr zu sich als an uns gewandt.
Er drehte sich um und sah, wie ich den Boden wischte. Mit einer herrischen Geste ratterte er in der asiatischen Sprache, in der er sich mit der Besatzung verständigte, ein paar Befehle herunter. Einer der Männer nahm mir mit säuerlicher Miene den Wischlappen aus der Hand.
»Kommen Sie her, Humphries«, rief Fuchs.
Zögernd trat ich an die Koje heran. Der Magen drehte sich mir um, und ich spürte ätzende Galle in der Kehle aufsteigen.
»Reißen Sie sich zusammen!«, herrschte Fuchs mich an. »Was war hier los?«
»Ich ... ich habe geschlafen.«
Fuchs schien sich mehr über mich aufzuregen als über die Ermordung Sanjas. Ich war jedenfalls davon überzeugt, dass es Mord war.
Er ließ den Blick durch die Abteilung schweifen. Die anderen Besatzungsmitglieder saßen auf den Kojen und am Tisch in der Mitte der Unterkunft. Ein paar hatten sich in der Nähe der Luke um Bahadur geschart.
Fuchs winkte Bahadur. Der kam langsam auf ihn zu,
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