Planeten 03 - Venus
langsam die Arme aus und legte sie auf den Tisch. »Mr. Humphries, Sie leben doch in Connecticut, nicht wahr?«
»Nicht mehr«, sagte ich und fragte mich, wo der Bezug zu unsrem Thema lag.
»Gibt es in diesem Winter dort Schnee?«
»Nein, das glaube ich nicht. Es hat schon seit ein paar Jahren nicht mehr geschneit.«
»Ähem. Haben Sie mal einen Blick auf die Kirschbäume hier in Washington geworfen?
Sie stehen in voller Blüte. Im Februar. Am Groundhog Day.«
»Heute ist Groundhog Day, das ist schon richtig«, pflichtete Greenbaum ihm bei.
Für einen Moment glaubte ich im falschen Film zu sein. »Ich verstehe nicht, was ...«
»Ich wurde in New Orleans geboren, Mr. Humphries«, sagte Abdullah. Seine tiefe Stimme klang wie das Grollen eines entfernten Donners. »Oder was nach der Überflutung davon noch übrig ist.«
»Aber ...«
»Globale Erwärmung, Mr. Humphries«, knurrte er. »Haben Sie schon mal davon gehört?«
»Die begrenzten Ressourcen der Weltraumbehörde sind ausschließlich den Studien der irdischen Umwelt gewidmet. Wir verfügen weder über die finanziellen Mittel noch die Genehmigung für Missionen wie die Erforschung des Planeten Venus.«
»Aber die Marsexpeditionen...«
»Werden privat finanziert.«
»Ach ja, natürlich.« Das hatte ich gewusst; es war mir nur nicht in den Sinn gekommen, dass die Weltraumbehörde der Regierung sich nicht an der Erforschung des Mars und der anderen Planeten beteiligen konnte.
»Alle Studien der anderen Himmelskörper im Sonnensystem sind privat finanziert«, führte Greenbaum aus.
»Selbst die Projekte im tiefen Weltraum, an denen die Astronomen und Kosmologen arbeiten, müssen durch private Spender finanziert werden«, ergänzte Mickey.
»Männer wie Trumball und Yamagata«, sagte Greenbaum.
»Oder von Organisationen wie der Gates-Stiftung und Spielberg«, sagte Mickey.
Ich wusste natürlich schon, dass die großen Unternehmen die außerirdischen Bergbau- und Fabrikoperationen unterstützten. Die Konkurrenz um Rohstoffe im Asteroidengürtel war ein Thema, das Vater oft und leidenschaftlich erörtert hatte.
»Ihr Vater finanziert doch die Mission zur Venus«, sagte Abdullah. »Wir haben ...«
»Ich bringe das Geld für diese Mission selbst auf«, sagte ich unwirsch. »Das Preisgeld
meines Vaters werde ich nur bekommen, wenn – und falls – ich sicher zurückkehre.«
Abdullah schloss für einen Moment die Augen und dachte darüber nach, was ich gesagt hatte. Dann korrigierte er sich: »Letztlich spielt es auch keine Rolle, um welche
finanzielle Quelle es sich handelt. Wir ersuchen Sie nur um Ihre Zustimmung, diese private Unternehmung um eine wissenschaftliche Komponente zu ergänzen.«
»Zum Nutzen der menschlichen Rasse«, sagte Greenbaum, wobei in seiner raspelnden Stimme tatsächlich Emotionen mitschwangen.
»Bedenken Sie welche Entdeckungen wir unter den Wolken vielleicht machen«, legte Mickey nach.
Ich war ihrer Bitte durchaus nicht abgeneigt, aber beim Gedanken an die Diskussionen
mit diesen Entwicklern und Ingenieuren schüttelte ich den Kopf.
Greenbaum interpretierte die Geste falsch. »Ich will Ihnen mal etwas erklären, junger Mann.«
Meine Augenbrauen mussten sich gewölbt haben. Mickey versuchte ihn zurückzuhalten; sie zupfte ihn
buchstäblich am Ärmel seines Pullovers, aber er schüttelte sie ab. Erstaunlich energisch für einen gebrechlichen alten Mann, sagte ich mir.
»Verstehen Sie etwas von Plattentektonik?«, fragte er fast aggressiv.
»Sicherlich«, sagte ich. »Von Mickey habe ich einiges darüber gelernt. Die Erdkruste ist
aus großen Platten mit der Größe von Kontinenten zusammengesetzt, und sie gleiten auf dem heißen und dichteren Gestein unter der Kruste.«
Greenbaum nickte. Offensichtlich war er zufrieden mit meinem Kenntnisstand.
»Auf der Venus gibt es auch Plattentektonik«, ergänzte ich.
»Gab es mal«, sagte Greenbaum. »Vor einer halben Milliarde Jahren.«
»Jetzt nicht mehr?«
»Die Platten der Venus sind blockiert«, sagte Mickey. »Wie die San Andreas-Spalte?«
»Viel schlimmer.«
»Die Venus steht vor dem Ausbruch«, sagte Greenbaum, und sein Blick senkte sich in meinen. »Seit etwa fünfhundert Millionen Jahren sind die Platten des Planeten ineinander verkeilt. Über die gesamte Planetenoberfläche. Und seit dem findet im Innern ein Hitzestau statt. In absehbarer Zeit wird die Hitze
sich ein Ventil suchen und die Oberfläche des Planeten wegsprengen.«
»In absehbarer Zeit?«,
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