Planeten 05 - Saturn
wusste, dass jeder sie für einen kleinen, ungepflegten und übergewichtigen Trampel hielt.
Niemand fühlt sich durch mich bedroht. Wenn die wüssten!
»Früher oder später werden wir uns mit Wilmot anlegen müssen«, sagte Eberly, wobei er noch immer Ausschau nach Lauschern hielt. »Vyborg löchert mich ständig mit der Forderung, Berkowitz zu entfernen und ihn als Leiter der Kommunikationsabteilung einzusetzen. Ich habe entschieden, dass der Weg zu Berkowitz über Wilmot führt.«
»Über Wilmot?«
»Berkowitz ist ein unauffälliger ehemaliger Netzwerk-Manager. Er scheint keine offensichtlichen Laster zu haben.
Jedoch führt er die Kommunikationsabteilung an einer so langen Leine, dass Vyborg der eigentliche Leiter der ganzen Abteilung ist.«
»Sammi will aber die Verantwortung und den Titel«, sagte Morgenthau. »Ich kenne ihn. Er will den Respekt und die Macht.«
»Ja. Und er ist sehr ungeduldig. Wenn das, was er mit dem alten Romero gemacht hat, jemals aufgedeckt wird…«
»Es würde nicht auf Sie zurückfallen«, versicherte sie ihm.
»Das ist ausgeschlossen.«
»Vielleicht. Trotzdem sollte Berkowitz entfernt werden.«
»Und zu diesem Zweck wollen Sie über Wilmot gehen?«, fragte Morgenthau.
»Das ist natürlich nicht der einzige Grund«, fuhr Eberly fort.
»Wilmot glaubt, dass er das Habitat im Griff hätte. Es wird der Tag kommen, wo ich ihn eines Besseren belehren muss.«
»Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Menschen von einem gottlosen Säkularisten regiert werden«, echauffierte Morgenthau sich.
»Ich brauche Munition, ein Pfund, mit dem ich Wilmot gegenüber zu wuchern vermag.«
»Ein Zuckerbrot oder eine Peitsche?«, fragte Morgenthau.
»Entweder oder. Nach Möglichkeit beides.«
»Wir brauchen jemanden, der seine persönlichen Dateien und Telefongespräche kontrolliert.«
Eberly nickte. »Das muss unter völliger Geheimhaltung stattfinden. Nicht einmal Vyborg darf wissen, dass wir in Wilmots Dateien stöbern.«
»Wer soll das sonst übernehmen?«
»Sie«, sagte Eberly so dezidiert, dass kein Spielraum für Widerspruch blieb. Morgenthau sank das Herz; sie sah lange, öde Nächte vor sich, in denen sie die Telefongespräche und Unterhaltungsvideos des Professors sondierte.
Sie schwieg und dachte angestrengt nach, während sie langsam den Weg entlanggingen.
»Nun?«, fragte Eberly.
»Das dürfte sehr langweilig werden. Er ist doch nur ein ältlicher Akademiker. Ich bezweifle, dass sich bei ihm etwas Brauchbares finden wird.«
Eberly zögerte keinen Sekundenbruchteil. »Dann werden wir eben etwas nachhelfen müssen. Obwohl ich es vorziehen würde, eine Schwäche von ihm zu finden, die er wirklich hat.
Falsche Anschuldigungen in die Welt zu setzen könnte sich als Bumerang erweisen.«
»Lassen Sie mich mit Vyborg darüber sprechen.«
»Nein«, sagte Eberly schroff. »Das bleibt unter uns. Es darf niemand sonst eingeweiht werden. Jedenfalls nicht im Moment.«
»Ja«, sagte sie zögerlich. »Ich verstehe.«
Die ganze lange Zeit auf dem Rückweg zu ihren Büros in Athen fragte Morgenthau sich, wie es um Eberlys Engagement für ihre Sache bestellt war. Es geht ihm lediglich um die Erfüllung seines persönlichen Machtstrebens, sagte sie sich.
Aber er hat das Charisma, um sich zum Führer dieser zehntausend Leute aufzuschwingen. Ich werde mich mit ihm arrangieren müssen. Wilmot ist durch und durch ein gottloser Säkularist: ein Atheist oder bestenfalls ein Agnostiker. Es wird doch etwas geben, womit man ihn drankriegen kann. Ich muss etwas finden, das ihm das Genick bricht.
287 Tage bis zur Ankunft
»Ich habe nicht mit ihm geschlafen, wenn es Sie beruhigt«, sagte Kris Cardenas.
Holly schaute in ihre kornblumenblauen Augen und befand, dass Kris die Wahrheit sagte. Sie verbrachte zwar jede Menge Zeit mit Manny Gaeta, aber sie beharrte darauf, dass es rein dienstlich sei. Auf der anderen Seite hatte Manny Holly seit jenem Abend, als er Kris nach Hause begleitet hatte, sie nicht mehr um eine Verabredung gebeten oder im Büro bei ihr vorbeigeschaut, ja sie nicht einmal mehr angerufen.
Und Malcolm war so kühl und distanziert wie immer. Rein dienstlich, alles rein dienstlich. Von einem Liebesleben kann nicht die Rede sein, sagte Holly sich.
»Ich sage Ihnen die Wahrheit, Holly«, versicherte Cardenas in einer Fehldeutung von Hollys Schweigen.
»Ich weiß, Kris«, sagte sie, wobei sie eher verwirrt als unglücklich war. »Im Grunde würde ich es Ihnen auch nicht übel
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