Planeten-Flieger
zu fallen, mußte keine Annehmlichkeit sein. „Dann mußt du mich auch loslassen", sagte Rudi.
„Nee", sagte Otto.
Wupp, bückte Rudi sich, schmiß seinen Freund überkopf hin und stürzte sich auf ihn, um ihn mit beiden Schultern auf den Boden festzuhalten. In diesem Augenblick betrat Onkel Karl die Halle. „Na, nun macht mal Schluß, ihr beiden! Worüber streitet ihr denn?" Der Knäuel am Boden löste sich. Die Jungen sprangen auf die Füße. Ihre Gesichter waren erhitzt, rot und erstaunt. „Wir streiten doch nicht, Onkel Karl; wir kämpfen doch bloß."
„Das dürft ihr hier aber nicht tun, Jungs. Jeden Augenblick kann der Pfiff kommen; dann heißt's: fix auf dem Posten sein! Ringkampf im Himmel bei den Sternen! Ihr seid wohl nicht bei Trost?"
„Ha, Onkel Karl, das ist uns nun egal, ob wir uns auf der Erde hauen oder im Himmel beim Mars. Was sind denn die Sterne viel? Auch nix anderes als die Erde. Da soll man nun Respekt vor haben?"
„Ja", fiel Rudi ein, „als wir noch glaubten, die Sterne wären Lichter, die der liebe Gott im Himmel für die Engel angesteckt hat, da hatten wir wohl so'n feierliches Gefühl für den Sternenhimmel. Aber nun wissen wir schon lange, daß die Gestirne keine Lichtchen sind. Und jetzt sind wir ja ganz nahebei. Das ist doch alles so natürlich. Davor braucht man keinen Respekt zu haben." „Halloh", rief Onkel Karl dem Professor zu, der in die Halle getreten und an der Türe stehengeblieben war. „Haben Sie diesen jungen Heiden reden hören? - Geht mal hin, Jungs, und laßt euch das erklären mit den Sternen, und was man für'n Respekt davor haben muß! Der kann euch das besser sagen als ich. Denn ich bin man bloß ein gewöhnlicher Ingenieur, aber er ist Professor."
Der Professor setzte sich auf eine Kiste und sagte erst mal, daß Rudi ein ganz dummer Hund wäre. Ob er wüßte, warum? „Nee", sagte Rudi. Und dann legte der Professor los. Und weil er sah, wie die Augen der Jungen bei seiner Rede immer größer und andächtiger wurden, machte sie ihm viel mehr Freude, als wenn er auf der Erde in seinem Hörsaal ein Kolleg vor fünfzig Studenten hielt. „Die Erde ist ja nun ziemlich groß. Es ist auch noch gar nicht lange her, daß die Menschen überhaupt ganz herumgekommen sind. Magalhaes hieß der erste und war ein großer Held. Er selbst wurde unterwegs totgeschlagen, aber sein Schiff kam nach Hause, über zwei Jahre haben sie gebraucht, die Erde zu umsegeln. Ihr müßt's schon zugeben: die Erde ist ziemlich groß.
Aber die Sonne ist viel größer. Eine Million Erden könnten eine Hohlkugel von Sonnengröße nicht füllen. Könnt ihr euch vorstellen, ihr Schafsnasen, wieviel eine Million ist? Nein, ihr könnt es nicht. Wir alle können uns die Million nicht vorstellen; wir können sie uns bloß ausrechnen. Nun denkt euch die ganze riesengroße Erde millionenmal aufeinanderge-packt; das gibt noch nicht so viel wie eine einzige Sonne. Groß ist die Sonne, nicht wahr? Aber das ist noch gar nichts. Das ist ja bloß unsere eine Sonne. Sie gehört wahrscheinlich zum System der Milchstraße. Und in der Milchstraße gibt's eine Menge Sonnen. Ratet mal, wie viele! - Tausend? Haha! - Eine Million? Ei, ei, jetzt seid ihr mit der Million ja schnell bei der Hand. Es sind aber noch mehr, es sind dreißigtausend Millionen Sonnen. Wir wollen uns das noch mal vorhalten: Eine Sonne ist mehr als millionenmal so groß als die Erde, nicht wahr? Und nun noch solch eine unvorstellbar große Sonne dazu. Und noch eine. Und noch eine. Tausend solcher Sonnen. Und tausendmal tausend solcher Sonnen. Und das ist immer noch lange nicht genug. Das ist erst ein kleiner Teil von der Milchstraße. Da bleibt euch die Spucke weg, was? Da kommt ihr euch wohl klein vor, winzig klein? Aber ihr irrt euch sehr. Ihr seid ja noch viel kleiner. Ihr seid überhaupt garnix.
Und diese Milchstraße, die uns so unausdenkbar riesengroß, so unendlich erscheint, was ist die? Vielleicht ein Haar, vielleicht eine winzige Faser einer Pflanze in einem Weltenbau, der im Verhältnis zu dem Tier, zu der Pflanze ebenso ungeheuer groß ist wie die dreißigtausend Millionen Sonnen der Milchstraße im Verhältnis zu den Tieren und Pflanzen unserer Erde.
Und dieser größere Weltenbau ist wieder nur ein Stäubchen in einem anderen, noch größeren. So geht es ohne Ende weiter, immer weiter, immer größer, ohne Ende, ohne Aufhören.
Alles, alles aber, diese ganze unendliche, wimmelnde Fülle riesenhafter Massen, wirbelt und
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