Planeten-Flieger
Europa. Wie ein schmaler weißer Fleck leuchtete der Schnee der Alpen nördlich des italienischen Stiefels. Und zwischen diesem gleißenden Strich und den dunklen Gebieten der Nord- und Ostsee lag das deutsche Vaterland, unbewölkt in den Strahlen der Sonne.
Aber anders als auf dem Atlas oder Globus sah das hier aus. Es fehlten die farbigen Grenzlinien, die auf dem Papier die Länder voneinander trennen. Hier gab es kein Frankreich, kein Polen, kein Dänemark, keine Tschechei. Wie ein einziges einiges Gebiet lag der ganze Erdteil da. Nur die Britischen Inseln sonderten sich von dem Ganzen ein wenig ab. Und hoch im Norden, schon perspektivisch stark verzerrt, sah man die Skandinavische Halbinsel zwischen dunklem Meer und glänzendem Eis.
Sechs Stunden später hatte dieses Bild sich vorbeigedreht, und auf dem Rund der Erde war lang von Nord nach Süd gestreckt der Erdteil Amerika zu erblicken mit seiner Einschnürung in der Mitte. An der Ostküste des nördlichen Kontinents glänzte ein breites Wolkenband, unter welchem, wie Onkel Karl ihnen erzählte, wütende Gewitterstürme die warme Strömung des Golfstroms peitschten. Dann drehte sich im Laufe der Stunden die gewaltige Fläche des Stillen Ozeans vorüber. Und als Australien, die Sundainseln, China und Japan in Sicht kamen, war es Zeit, zu Bette zu gehen.
Am nächsten Morgen ganz in der Frühe klopfte jemand an die Tür der Kammer, in der Onkel Karl und seine Pfleglinge noch fest schlummerten. „Uah", rief der Ingenieur, „welcher Dussel will etwas zu so früher Stunde? HereinI" „Der Dussel bin ich, mein lieber Beck", sagte grinsend Meisenheim, der Astronom, und trat ein. „Aber bleiben Sie ruhig liegen. Ich will mir nur die beiden Jungen holen. Die haben nämlich so was noch nicht gesehen." „Was gibt's denn zu eräugen", fragte der Ingenieur und dehnte sich wohlig in seinem warmen Bette, während die Jungen schon eilig in ihre Kleider fuhren.
„Nichts Besonderes", versetzte der Astronom. „Wir wollen uns bloß mal ansehn, wie unsere Mitmenschen auf der Erde jefzt eine Sonnenfinsternis bekommen."
„Donnerwetter, das sagen Sie so ruhig", schalt Onkel Karl und sprang aus den Federn. „Das will ich mir doch auch begucken." Bald hockten alle vier, mit Ferngläsern bewaffnet, an der gläsernen Torklappe und schauten auf den seltsamen Vorgang, dessen Anblick sich vordem noch nie einem Menschen geboten hatte.
Der Mond war auf seiner Monatsbahn schon so weit herumgekommen, daß er als sonnenbeschienene Riesenkugel vor dem herannahenden Flugschiff stand, während die Erde wie eine große runde Scheibe weit hinter ihm erglänzte. Nun wollte es das Glück, daß der Mond sich heute, wie die Astronomen es im voraus berechnet hatten, genau zwischen die Sonne und die Erde schob. Dabei konnte man sehen, daß die Erde größer ist als ihr Trabant. Ganz allmählich schob sich der Schatten des Mondes über den Rand der Erde und zog als schwarzes Rund über die viermal so breite leuchtende Erdscheibe hinweg. „Die Neger haben jetzt Sonnenfinsternis", sagte Rudi, „aber die Europäer nicht." „Wir werden sie ihnen im Film zeigen. Unsere Apparate nehmen dieses Schauspiel natürlich auf.."
„Onkel Karl, warum sehen wir eigentlich den Mondschatten mit unseren guten Gläsern gar nicht recht scharf", fragte Otto. „Denk mal nach mein Sohn! Es ist dir vielleicht auch aufgefallen, daß die Grenzen zwischen den Meeren und den Ländergebieten nicht ganz klar zu sehen und daß die Schatten der hohen Gebirge — zum Beispiel der Schatten des Kaukasus da in der Mitte — nicht scharf umrissen sind. Woher mag das kommen?" „Von der Lufthülle der Erde?" „ Gewiß, mein Herr, und von dem Wasserdampf." „Jetzt ist der Mondschatten am Erdrande angekommen", rief Rudi.
Langsam rutschte der runde Schatten von der leuchtenden Scheibe herunter. Ein Restchen schien am äußersten Rande noch eine Weile klebenzubleiben. Dann war er mit einem Male verschwunden.
Auf dem Monde
„Rudi! Rudi, wo steckst du denn?" „Menschenskind, wir wollen auf den Mond 'runter. Ist das nicht tadellos! „Mm."
„Ich war dabei, wie der Käpt'n mit den anderen Rat gehalten hat. Wir haben noch für zwei Tage Sauerstoff. Und weil der Mond gerade so günstig steht, wollen wir ihn mal besuchen." „Dicke Sachen werden wir dabei wohl nicht erleben." „Warum nicht?"
„Na, auf dem Mond gibt's keine Atmosphäre oder doch bloß ein bißchen Gas von V2000 Dichte der Erdatmosphäre."
„Wer hat dir das mit
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