Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Titel: Planetenwanderer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
Kreatur hatte einen kurzen, dicken Nacken; trübe, gelbe Augen schauten unter dem Vorsprung des Stirnwulstes hervor. Zwischen ihnen, genau in der Mitte des Kopfes, verzierte ein großes, dunkles, rundes Loch die dicke Schädelplatte.
    Morho schluckte. »Oh«, sagte er. »Ja. Sehr, äh, groß. Aber es sieht aus – war da ursprünglich ein drittes Horn in der Mitte? Es sieht so aus, als wäre es, äh, entfernt worden. Unser Exemplar muss intakt sein, Tuf.«
    »Der Tris Neryei von Cable«, sagte Tuf. »So wurde er von den Fyandii genannt, deren Kolonisten der Menschheit auf diesem Planeten vor mehreren Jahrtausenden vorangegangen waren. Der Begriff bedeutet wörtlich übersetzt ›lebendes Messer‹. Es gibt kein fehlendes Horn, Sir.« Ein langer Finger machte eine kleine, bestimmte Bewegung und drückte einen Regler hinunter. Der Tris Neryei drehte den massigen Kopf in Richtung des varcourianischen Bestiendompteurs, der sein Körpergewicht ungelenk nach vorn beugte, um die Gestalt zu betrachten.
    Als er mit der Hand nach dem Phantom griff, strafften sich Sehnen im dicken Nacken der Kreatur, und ein angespitzter Knochenpfahl, so dick wie Tufs Unterarm und mehr als einen Meter lang, kam im Bruchteil einer Sekunde aus dem Kopf der Bestie hervorgeschossen. Morho y Varcour Otheni gab ein helles, dünnes Quieken von sich und wurde grau, als der Knochenspeer ihn aufspießte und an seinen Sitz nagelte. Ein unangenehmer Geruch erfüllte die Kammer.
    Tuf schwieg. Morho blickte schluchzend an sich herunter, wo das Horn in seinen aufgeblähten Bauch eingedrungen war, und er machte den Eindruck, als würde ihm übel werden. Er brauchte eine lange, grauenvolle Minute, bis er bemerkte, dass da kein Blut und kein Schmerz waren und das Monster nur ein Hologramm war. Sein Mund bildete ein O. Kein Ton kam heraus. Er schluckte. »Sehr, äh, dramatisch«, sagte er zu Tuf.
    Das Ende des langen farblosen Knochenspeers wurde fest von Ringen und Bändern pulsierender schwarzblauer Muskeln umspannt. Langsam zog sich der Schaft in den Kopf des Monsters zurück. »Das Bajonett, wenn wir so kühn sein wollen, es so zu nennen, ist in einer schleimgesäumten Scheide entlang des oberen Nackens und Rückens des Wesens verborgen, und die umlaufenden Ringe aus Muskulatur können ihn mit einer Geschwindigkeit von ungefähr siebzig Kilometern pro Standardstunde und der entsprechenden Kraft hervorschnellen lassen. Die ursprüngliche Umgebung dieser Spezies unterscheidet sich kaum von den Gebieten auf Lyronica, die sich unter der Kontrolle des Hauses Varcour befinden.«
    Morho beugte sich vor, sodass sein Sitz unter seinem Gewicht ächzte. Dax schnurrte laut. »Ausgezeichnet!«, sagte der Bestiendompteur, »obwohl der Name ein wenig, äh, außerirdisch klingt. Wir werden ihn, lassen Sie mich nachdenken, äh, Speerträger nennen! Ja!«
    »Nennen Sie ihn, wie Sie wollen«, sagte Tuf. »Das geht mich kaum etwas an. Diese Saurier haben viele offensichtliche Vorteile für das Haus Varcour, und sollten Sie sich entscheiden, sie zu nehmen, werde ich Ihnen ohne Aufpreis ein Brutpaar cathadaynischer Baumschnecken liefern. Sie werden feststellen, dass …«
    Tuf verfolgte eifrig die Neuigkeiten aus der Bronzenen Arena, obwohl er nie wieder einen Fuß auf den Boden von Lyronica setzte. Die Kobalkatzen fegten weiterhin alles vor ihnen hinweg; im letzten Zusammentreffen hatte eine der Norn-Bestien einen der besten Würgeaffen von Arneth und einen Fleischfrosch von der Insel Amar in einem besonderen Dreierkampf vernichtet.
    Aber auch für Varcour war das Glück im Aufschwung; die jüngst eingeführten Speerträger hatten sich mit ihren dröhnenden Schreien, dem festen Tritt und dem leichten und unnachgiebigen Tod durch den plötzlichen Stoß mit dem massiven Knochenbajonett als eine Sensation in der Bronzenen Arena herausgestellt. In bisher drei Kämpfen hatten sich ein riesiger Feridianer, ein Wasserskorpion und eine Gnethin-Spinnenkatze als dem Varcour-Saurier nicht ebenbürtig erwiesen. Morho y Varcour Otheni war in Ekstase. Nächste Woche würde zum ersten Mal eine Kobalkatze einem Speerträger im Kampf gegenüberstehen, und eine überfüllte Arena wurde vorausgesagt.
    Herold Norn rief noch einmal an, kurz nachdem die Speerträger ihren ersten Sieg davongetragen hatten. »Tuf!«, sagte er ernst. »Sie haben ein Monster an Varcour verkauft. Wir stimmen dem nicht zu.«
    »Es war mir nicht bewusst, dass Ihre Zustimmung erforderlich gewesen wäre«, entgegnete Tuf.

Weitere Kostenlose Bücher