Planlos ins Glueck
Licht. Dann erkannte sie den Umriss ihres Handys. Und dann die untere Gesichtshälfte eines Mannes, die von ihrem Handydisplay angestrahlt wurde.
Jemand war in ihrem Zimmer! Sie keuchte unterdrückt auf und beobachtete, wie im Lichtfeld eine Hand erschien und auf eine Taste drückte. Ansonsten konnte sie nichts sehen, nicht mal den Arm, der das Handy halten musste.
Es war ein Mann, aber wer? Ihr Herz pumpte unablässig und viel zu schnell Blut in ihr Gehirn, sodass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Sollte sie aufspringen und wegrennen oder ganz ruhig bleiben? Ihre Lungen schrien nach Luft, aber sie traute sich nicht, schneller zu atmen.
War es der Mörder? Schaltete er gerade ihr Handy aus, damit er sich Zeit lassen konnte, ohne Angst vor der Polizei haben zu müssen?
Sie konnte nicht einfach so hier herumliegen. Auf der anderen Seite der Wand lag das Schlafzimmer der Nachbarwohnung, aber sie war sich nicht sicher, ob der Eigentümer das Apartment ganzjährig oder nur während der Skisaison vermietete. Sie hatte keine andere Wahl, als es darauf ankommen zu lassen. Der Eindringling stand zwischen Jane und der Tür. Weglaufen war also keine Option.
Sie öffnete den Mund, holte tief Luft und beobachtete, wie der Mann langsam auf sie zukam.
„Hilfe!“, brüllte sie, so laut sie konnte. „Hilfe!“
„Oh, Scheiße!“, knurrte der Mann und sprang auf sie zu. Die Stimme kam ihr irgendwie bekannt vor, aber Jane schrie trotzdem weiter.
Dann legte sich eine Hand auf ihren Mund und erstickte ihren Schrei.
„Halt’s Maul“, befahl der Mann. „Ich hab nicht vor, dir wehzutun.“
Greg? Jane schnappte nach seiner Hand und versuchte, ihn zu beißen, aber sie verfehlte ihn.
„Jetzt beruhig dich doch!“
Sie schüttelte den Kopf und wollte seine Arme packen, aber Greg stützte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie und quetschte ihre Hände zwischen ihrem und seinem Körper ein.
Jane schrie weiter gegen seine Hand an.
„Halt’s Maul! Wenn du nicht schreist, passiert dir auch nichts. Hörst du jetzt auf?“
Jane nickte und hoffte, dass er dumm genug war, sie loszulassen. Aber sein Griff blieb unnachgiebig.
„Ich lasse nicht zu, dass du meine Karriere wegen etwas zerstörst, das nicht einmal passiert ist. Hast du verstanden? Und jetzt löschst du die Aufnahme von deinem Handy, und schon bin ich verschwunden.“
Sie nickte und wartete mit geschlossenen Augen, dass er die Hand von ihrem Mund nahm. Stattdessen drückte er seine Finger noch tiefer in ihre Wangen.
„Versuch bloß keinen Scheiß, Jane! Du weißt doch, dass dieser Killer immer noch auf freiem Fuß ist.“
Jane erstarrte.
„Du willst doch nicht als sein letztes Opfer enden, oder?“
Oh Gott, drohte er ihr gerade tatsächlich damit, sie umzubringen?
Nein, dazu war er gar nicht in der Lage. Auf der anderen Seitehätte sie ihm aber auch niemals zugetraut, dass er sie erpressen oder bei ihr einbrechen würde.
„Wir wissen jetzt, wer er ist“, erzählte Greg im Plauderton. „Ein Schlosser. Und ich habe den Ersatzschlüssel benutzt, den du unter dem Stein neben dem Eingang versteckt hast. Es gibt keine Anzeichen für gewaltsames Eindringen. Alles wird auf ihn hindeuten.“
Diesmal war Janes Nicken ernst gemeint. Greg schien zu begreifen und nahm die Hand von ihrem Mund. Ein paar Herzschläge lang zog sie in Betracht, wieder loszuschreien. Aber die Geschichte mit dem Schlosser klang ziemlich durchdacht. Vielleicht würde Greg wirklich nicht davor zurückschrecken, ihr Gewalt anzutun. Als er ihr das Handy vors Gesicht hielt, entschied sie sich für Plan B. Geschrien hatte sie sowieso schon dreimal. Wenn die Nachbarn sie bis jetzt nicht gehört hatten, würden sie es auch nicht mehr.
„Lösch die Aufnahme“, befahl Greg und streckte ihr das Handy hin.
„Das ist doch lächerlich“, sagte sie. „Bildest du dir ernsthaft ein, dass ich der Polizei nichts von der Erpressung sagen würde? Geschweige denn davon, dass du hier eingebrochen bist und mich bedroht hast?“
„Dann steht dein Wort gegen meins. Und ich muss dir leider mitteilen, dass dein Wort nicht sonderlich viel wert ist.“
Jane schnappte nach dem Handy, aber Greg verdrehte ihr das Handgelenk, ehe sie auf einen Knopf drücken konnte.
„Wenn deine Finger auch nur in die Nähe der Neun oder der Eins kommen, wirst du das bereuen.“
„Gut. Aber ich muss beim Netzbetreiber anrufen. Ich habe die Aufzeichnung nicht auf dem Handy gespeichert.“
„Ich beobachte dich“,
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